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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 9
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Scheffler, Karl: Vergleichende Kunstanschauung in der Frühjahrsausstellung der Akademie der Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0368

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VERGLEICHENDE KUNSTANSCHAUUNG
IN DER FRÜHJAHRSAUSSTELLUNG DER AKADEMIE DER KÜNSTE

VON

KARL SCHEFFLER

T^\em wichtigsten Teil der diesjährigen Akademie-
-'-^'ausstellung liegt eine Idee zugrunde, die pro-
grammatisch kaum jemals schon verwirklicht wor-
den ist. Sie besteht darin, daß ausgewählte Werke
einer Kunst, die eben jetzt historisch wird und
europäische Bedeutung hat, daß Meisterbilder von
Deutschen und Franzosen in einem Saal vereinigt
worden sind, mit der deutlichen Absicht, Vergleiche
und Schlußfolgerungen zu provozieren. Unseres
Wissens ist eine solche, vergleichender Kunst-
anschauung dienende Ausstellung mit Bewußtsein
nur einmal vor einigen Jahren in der Bremer
Kunsthalle gemacht worden. Der Wunsch nach
einer solchen Veranstaltung ist dagegen alt. Er
geht über das von der Akademie Gebotene, über
das im Rahmen einer solchen Jahresausstellung
Mögliche noch hinaus, dergestalt, daß man sich
im Kaiser-Friedrich-Museum eine ungeschichtliche,
besser eine übergeschichdiche Ausstellung wünschte,
in der Delacroix neben Rubens, Manet neben
Goya, Liebermann neben Frans Hals, Corot neben

Hobbema, Courbet neben Ruisdael, Cezanne ne-
ben den besten Holländern usw. gezeigt werden.
Eine solche Ausstellung könnte für weite Kreise
— auch der Kunsthistoriker — eine Neuorientie-
rung bedeuten. Was möglich wäre, davon gibt
die sich naturgemäß mehr beschränkende Veranstal-
tung der Akademie nun eine lebendige Vorstellung.

Eine andere Wirkung kommt ungezwungen
hinzu: dieser Ausstellungssaal in der Akademie
wirkt regulierend auf das Kunsturteil, nach allen
Übertriebenheiten, die letzthin im Berliner Aus-
stellungswesen haben hingenommen werden müssen.
Diese Sammlung vorzüglicher deutscher und fran-
zösischer Bilder demonstriert, was gute Malerei
ist. Man sieht eine Sammlung von Musterbei-
spielen, die wie mit Fingern auch auf die natür-
lichen Beziehungen hinweisen, die gute Kunst-
werke stets zueinander haben. Die Akademie aber
hat einmal mehr bewiesen, daß sie begreift, welche
Aufgaben innerhalb des Kunstlebens der Nation
ihr zufallen.

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