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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 12
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0513

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CHRONIK

Berlin: Von Denkmälern und Bauten. Im Reichs-
tagsgebäude sollen die Büsten Eberts und Hindenburgs auf-
gestellt werden. Den Auftrag für die Hindenburgbüste er-
hielt Edwin Scharff, den für die Ebertbüste der Münchener
Bildhauer Bleeker. Man erinnert sich noch des Streites um
Kolbes Ebertbüste, die auf Grund des unerhörten Gutach-
tens, das Hugo Lederer erstattet hatte, zurückgewiesen wor-
den war. Der übliche Entrüstungssturm bewegte die Blätter
des Pressewaldes, die Akademie unternahm eine Aktion, —
und dann wurde die Sache vergessen. Kolbes Büste wurde
in ein Fraktionszimmer verbannt, der offizielle Auftrag jetzt
anderweitig vergeben. Lohnt es noch, in diesem neuen Volks-
staat gegen obrigkeitliche Entscheidungen zu protestieren?
Früher schob man alle Schuld dem persönlichen Regiment
des Kaisers zu. Aber es ist heute nicht anders geworden,
wenn der Berliner Oberbürgermeister die Reichshauptstadt
mit Statuen des Bildhauers Lederer schmückt, der neuerdings
auch das Denkmal für die Gefallenen der Universität ohne
jede Rücksicht auf den Straßenhintergrund herstellen durfte.

Um das Reichsehrenmal für die Gefallenen geht immer
noch der Streit, der aber wohl endgültig zugunsten von
Berka in Thüringen erledigt werden dürfte. Das Wettlaufen
um das Totenmonument war ein wenig erfreuliches Schau-
spiel, und es hätte erspart werden können, wenn das einzig
natürliche und vernünftige geschehen, nämlich das Ehren-
mal in Berlin errichtet worden wäre. Schinkels „Neue Wache"
Unter den Linden wäre die gegebene Stelle gewesen. Sie
hätte sich ohne Schwierigkeit in eine Gedächtnishalle um-
gestalten lassen, wie in Paris der Are de Triomphe durch
das Grab des Unbekannten Soldaten für die neue Bestim-
mung geweiht worden ist. Statt dessen errichtet man nun
das Ehrenmal an entlegener Stelle, um es im besten Falle
zu einem beliebten Ausflugsziel werden zu lassen, wie einst-
mals die Walhalla bei Regensburg oder das Niederwalddenk-
mal. Neuerdings ist der Plan aufgetaucht, die Neue Wache
dennoch zu einem Denkmal auszubauen und zwar als Ge-
dächtnishalle für die verlorenen Landesteile. Ob der Ge-
danke in politischer Hinsicht glücklich ist, möchten wir nicht
entscheiden. Noch gar nichts hat man bisher über die Pläne
für das neu zu errichtende Denkmal gehört. Alles wird
nun davon abhängen, ob die Aufgabe in die richtigen Hände
gelegt wird.

Inzwischen haben die Kommunisten ein ausgezeichnetes
Beispiel gegeben. Sie haben den Auftrag, ein Totenmal für
die Gefallenen der Revolution zu errichten, einem der tüch-
tigsten Baumeister erteilt, und Mies van der Rohe hat kürz-
lich auf dem Friedhof in Friedrichsfelde, wo Liebknecht
und Rosa Luxemburg begraben liegen, aus dunkelroten Klin-
kern einen höchst eindrucksvollen Bau geschaffen. Es ist
ein gewaltiger Block aus übereinander sich schiebenden
Kuben gebildet, an der rechten Seite der Front der Sowjet-
stern und eine Fahnenstange, in der Plattform oben links
ist ein Ölbehälter eingelassen, der eine vier Meter hohe
Flamme speist, die zu besonderer Gelegenheit dort brennen
soll. In seiner schlichten Feierlichkeit, seinem Verzicht auf
alle hergebrachten Symbole der Totenklage ist dieses Monu-

ment das wirkungsvollste Ehrenmal, das in unserer Zeit er-
richtet wurde.

Während hier an entlegener und verborgener Stelle end-
lich einer der begabtesten Vertreter der jüngeren Architek-
tenschaft ein Baudenkmal nach seinem Sinne errichten
durfte, wird die in der Stadt Berlin, die gewiß allen
Grund hätte, mit den wenigen noch erhaltenen Resten
einer baukünstlerischen Vergangenheit schonend umzugehen,
weiter mit der Spitzhacke gewüstet. Die Opernhausfrage
ist so erledigt worden, wie man es leider voraussehen
mußte. Selten hatte die Öffentlichkeit so einmütig in einer
künstlerischen Angelegenheit Stellung genommen. Der all-
mächtige Geheimrat im Finanzministerium ist klüger gewesen,
und er hat Recht behalten. Man weiß, wie es gemacht
wird, wenn behördliche Baupläne durchgesetzt werden sollen.
Die Polizei wird vorgeschoben, die Baupolizei muß her-
halten, um unliebsame Projekte zu verhindern, einmal ver-
bietet die Feuerpolizei, einmal die Gesundheitspolizei, dies-
mal die Verkehrspolizei, eine neuerdings sehr eifrige und
beliebte Behörde, die drauf und dran ist, auch an anderen
Stellen das Berliner Stadtbild zu verschandeln, soweit das
noch möglich ist. Wir haben ein staatliches Amt für Denk-
malpflege. Aber wo sind seine Kompetenzen? Es ist macht-
los gegenüber den bauwütigen Geheimräten. Für das Tor
von Milet wird ein eigenes Museum erbaut, und Knobeisdorffs
Opernhaus wird kaltblütig ruiniert. Überschrift: Kunstpflege.

Aus den Berliner Museen. Endlich scheint der jahre-
lange Streit zwischen der Bauleitung der Museen und Bode
beigelegt. Die Bestelmeyerschen Gewölbe in dem roma-
nischen und gotischen Saale, an denen Bode so lange zäh
festgehalten hatte, werden entfernt. So ist die Bahn frei
für die Fertigstellung des Deutschen Museums wenigstens,
dessen Eröffnung, falls nicht neue Schwierigkeiten sich er-
heben, möglicherweise schon im nächsten Jahre erfolgen kann.

Aus Lissabon kommt die Nachricht, daß die im Kriege
dort beschlagnahmten Funde der deutschen Assur-Expedi-
tion jetzt endlich freigegeben worden sind. Sie sollten einen
Hauptinhalt des dem Deutschen Museum parallel liegenden
Flügels der Neubauten bilden, über dessen Bestimmung
bisher keine Klarheit zu gewinnen war. Nun ist auch diese
Frage durch die Rückgabe der assyrischen Altertümer gelöst.
Uns will es scheinen, als könnten Alter Orient und Islam
sich unter einem Dache sehr wohl vertragen, besser als der
Islam und China, die in dem Asiatischen Museum zusammen-
gekoppelt werden sollten.

Liebermann ist gebeten worden, die Bühnenbilder
für Carl Zuckmayers neues Drama „Schinderhannes", das
im Winter im Lessingtheater zur Aufführung gelangen
soll, zu entwerfen. Lieberman hat sich bisher nur einmal
als Bühnenmaler betätigt. Die Szenenentwürfe für Haupt-
manns „Gabriel Schillings Flucht", das seine Uraufführung
in Lauchstädt erlebte, stammten von ihm.

Das Frauenkleid in Mode und Malerei wird das
Thema einer Ausstellung sein, die im Monat September im

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