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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 12
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Auktionsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0516

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beabsichtigt. Von anderen niederländischen Primitiven ist
ein aus der Nachfolge des Jan van Eyck stammendes Män-
nerporträt zu erwähnen, das früher der Sammlung Lanna
gehörte und jetzt 1750 fl brachte. Es ging mit einer Reihe
anderer bedeutender Blätter in den Besitz eines in Holland
ansässigen deutschen Sammlers über, der als stärkster Käu-
fer von Zeichnungen in den letzten Jahren hervortrat. Ein
Blatt mit vier Studienköpfen von der Hand Memlings, eben-
falls in Silberstift, kostete 3300 fl, eine Zeichnung des
alten Pieter Brueghel, zwei Bauern darstellend, aus einer
großen Folge stammend, die wohl ursprünglich ein Skizzen-
buch bildete, ging um 5300 fl in den gleichen Besitz über.
Eine als Vorlage für den Stich durchgeführte allegorische
Komposition, den „Neid" darstellend, brachte 4800, eine
Landschaft mit Wassermühle, obwohl sie kaum von dem
alten Pieter Brueghel herstammen dürfte, sogar 5400 fl.

Unter den italienischen Primitiven waren die Hauptstücke
eine Darstellung des Herkules, der den nemeischen Löwen
tötet, von Cosimo Tura, das 4500 fl kostete, und eine Stu-
die für die Kreuzabnahme des Signorelli in Perugia, die
3700 fl brachte. Ein Studienblatt mit der Versuchung des
heiligen Antonius, früher als Orcagna bezeichnet, wurde
mit 1250, ein Pisanello zugeschriebenes Blatt mit Aktstudien
mit 2600, eine Fra Angelico genannte Madonna mit 850 fl
Zugeschlagen. Unter den Deutschen ragte eine Federskizze
Dürers hervor, eine stehende Heilige, die 3400 fl brachte,
eine wohl überarbeitete Kreidestudie wurde mit nur 925 fl
entsprechend bewertet. Problematisch war auch ein als
Grünewald katalogisierter Kopf. Der berechtigte Zweifel
an der Zuschreibung gelangte in dem Preise von iioofl
zum Ausdruck. Ein Nikolaus Manuel Deutsch signierter
Landsknecht kostete 1700, eine Maria mit dem Leichnam
Christi von Hans Leu, ehemals bei Lanna, 1550 fl. Einer der
Rekordpreise der Auktion fiel mit dem Gebot von 10200 fl
auf eine schöne Kreidezeichnung des Paolo Veronese. Das
Blatt war wohl hervorragend, aber trotzdem war der Preis-
unterschied gegen andere schöne Blätter des Meisters, die
auf etwa 1600 fl bewertet wurden, nicht ganz verständlich.
Für eine große Komposition des Tintoretto, eine Steinigung
des Stephanus, früher in der Sammlung Habich in Kassel,
wurden 2400 fl, für eine Gewandfigur des Meisters 525 fl
bezahlt. Ein Studienblatt Michelangelos für die sixtinische
Decke, in allen neueren Publikationen als echt anerkannt,
brachte weniger als die Hälfte des Preises, den Veroneses
vom Rücken gesehene Frau gekostet hatte, es wurde Duveen
für 4900 fl zugeschlagen. Ein Frauenkopf, der früher ein-
mal den stolzen Namen Lionardo getragen hatte, wurde als
Boltraffio für 3050 fl verkauft. Ein sehr schönes männliches
Profilbildnis, ebenfalls lombardischer Herkunft, erzielte 2000 fl.
Eine Kreuzabnahme von Tiepolo fand bei 1500 fl ihren Käu-
fer, eine bedeutende Zeichnung von Guardi bei 1150, an-
dere Blätter des Meisters bei etwa 600 fl.

Den Hauptbestand der Sammlungen machten wie ge-
wöhnlich die Niederländer des siebzehnten Jahrhunderts aus.
Es wurden allein unter Rembrandts Namen mehr als fünf-
zig Zeichnungen in Amsterdam versteigert, darunter eine
nicht geringe Zahl bedeutender und wohl sicher eigenhän-
diger Blätter. Übrigens gelangten Ende Juni bei Sotheby
in London nochmals vierzehn Rembrandtzeichnungen zum

Ausgebot, so daß man sich wohl ein Bild von der augen-
blicklichen Bewertung zu machen vermöchte, wenn nicht die
außerordentliche Differenz der Qualität sich in der Preis-
spanne von etwa 300 bis zu 22000 fl ausdrückte. Diesen
Höchstpreis brachte die Studie eines liegenden Löwen, die
den Stempel der Sammlungen Lawrence und Esdaile trägt
und nun in den Besitz des schon genannten deutschen Samm-
lers in Harlem überging. In London kostete ein Löwe, der
von Lippmann als eigenhändige Zeichnung in das große
Rembrandtwerk aufgenommen wurde, mit 620 Guineas kaum
den dritten Teil des Amsterdamer Preises, der übrigens auch
den nächsthöchsten dort bezahlten Preis für den Jäger mit
saufenden Hunden um mehr als das Doppelte übertraf. Die
schöne Komposition des scheidenden Tobias kostete 8200,
der Abschied der Rebekka 5600, die Herde am Brunnen
2600, Isaak und Esau 2100, Christus und die Samarite-
rin ebensoviel, eine Landschaft mit Mühle 1500 fl. Eine
Dorflandschaft kaufte Duveen in der Londoner Versteige-
rung für 1550 Guineas, derselbe ein Porträt des Shah Jehan,
nach einer indischen Miniatur gezeichnet, das fünfzehnte Blatt
der Art, das bekannt geworden ist, für 680 Guineas.

Unter den übrigen niederländischen Zeichnungen wurde
eine sehr schöne Ansicht von Tongerloo von Aelbcrt Cuyp
mit 5ioofl am höchsten bewertet. Eine Herberge von Her-
kules Seghers brachte mit 4100 fl den nächsthöchsten Preis,
eine große Waldlandschaft von Jakob Ruysdael kostete 2900,
eine Landschaft von llerman Saftleven 1500, eine Dorfland-
schaft von Köninck 1625, eine Bauernstube von Ostade 675,
zwei biblische Szenen von Aert de Gelder je 650, ein Stadt-
tor von Lambert Doomer 1000, Landschaften von Jan van
Goyen 250 bis 1050 fl. Von Rubens wurde eine Studie mit
zwei Putten für den Wiener Ildefons-Altar mit 3800 fl, der
heilige Sebastian des Van Dyck mit genau dem gleichen
Preise bewertet, während zwei schöne Studien des Meisters
für ein Marienbild nur 750 fl brachten. Zeichnungen von
Jordaens wurden für 600 bis 1800 fl zugeschlagen.

Von den französischen Zeichnungen verdienen vor allem
zwei schöne Blätter des Claude Lorrain Erwähnung. Eine
römische Landschaft mit Darstellung des Ponte Molle aus
dem Jahre 1661 wurde für 1900, eine Baumstudie für 15000
verkauft. Eine Gebirgslandschaft des Adam Elsheimer, ein
ungewöhnlich bedeutendes Blatt, erzielte übrigens mit 2500 fl
einen noch höheren Preis. Ebensoviel kostete ein Studien-
blatt mit drei Schnittern für das berühmte „Sommer"-Bild
des Lancret. Ein Watteau wurde in London versteigert,
ebenfalls ein Studienblatt, ein Kopf und Hände, es kostete
760 Guineas, ein Preis, der im Vergleich nicht als sonderlich
hoch bezeichnet werden kann.

Das neunzehnte Jahrhundert war in Amsterdam mit
Gericault und Delacroix vertreten. Ein Soldat zu Pferde von
dem ersteren kostete 1000 fl, die Komposition einer Schlacht
von Delacroix 1500, vier Leoparden auf einem Blatt dagegen
nur 210 fl. Von Ingres wurde eine Aktstudie mit 1250 fl
verkauft. Bedeutend war übrigens Ingres auf der mehrfach
genannten Londoner Versteigerung vertreten. Hier kamen
ein paar erstrangige Porträtzeichnungen des Meisters zum Aus-
gebot: das Bildnis seiner Frau mit einem Selbstbildnis zur Seite
von 1830 für 300, das Porträt des Stechers Taurel, in Rom 1819
gezeichnet, für 310, eine sitzende Dame von 1834 für 440

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