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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 12
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Dresdner, Albert: Joakim Skovgaards Bilderbibel
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Neue Bücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0521

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JOAKIM SKOVGAARD, DER GUTE HIRTE

sönlichkeit eingegangen und ihr freies Eigentum geworden
ist. Und hierbei ist der nationale Zug in Skovgaards Kunst
nicht zu übersehen. Sie ist national, indem der Künstler
die biblischen Gestalten und Vorgänge instinktiv im Sinne

und im Lichte des eigenen Volkstumes sieht. Jene ethno-
graphisch treue Charakteristik der biblischen Erzählungen,
die eine Zeitlang in der religiösen Malerei beliebt war,
liegt ihm ganz fern, und nur gelegentlich wendet er wohl
einmal einen Zug dieser Art an, am geistreichsten auf den
beiden Salomezeichnungen, wo Herodias als fettes Juden-
weib lüstern dem Tanze Salomes zuschaut und auf das ab-
geschlagene Haupt des Täufers blickt. Aber sonst sind seine
Menschen durchaus nordisch: blondhaarig und blauäugig, offen
und treuherzig; sie lieben es nicht sich zur Schau zu stellen
und sich in großen Gebärden zu äußern, und im Vertrau-
lichen, Gemütvollen, natürlich Schlichten fühlt sich der
Künstler am meisten zu Hause. Selbst wo die Form der
italienischen Renaissance anklingt, bleiben wir doch ganz in
einer nordischen Welt. In einer, nordischen Welt wie bei
Rembrandt. Die Welt Skovgaards ist ausgeglichener, be-
ruhigter, freundlicher als die Rembrandts, aber sie ist auch
enger begrenzt, ärmer an Hintergrund, an Ahnung und an
Tiefe.

Es darf ausgesprochen werden, daß ein Werk wie Skov-
gaards biblische Bilder gerade in unserer Zeit einen beson-
deren Beruf hat. Es ist durchaus unproblematisch und in
allen Beziehungen seiner selbst völlig gewiß. Es steht jen-
seits aller künstlerischen Richtungen und Kämpfe und hat
die schöne Zeitlosigkeit echter Schöpfungen. Es bezeugt,
daß Kraft und Leistung eines Künstlers nicht davon abhängen,
daß er sich dieser oder jener neuesten Form bemächtigt,
sondern daß sie allein von seinem inneren Erleben und von
den Werten bedingt werden, die er ihm abzugewinnen ver-
steht. Es erschöpft sich nicht im Artistischen, sondern
wächst durch menschlichen Reichtum und menschliche Hoheit
weit darüber hinaus. Der Künstler steht auf dem Menschen,
wie die Statue auf dem Piedestal, hat Schiller einmal gesagt.

NEUE BUCHER

Herbert Koch, Römische Kunst. Breslau, bei
F. Hirth (Jedermanns Bücherei), 1925.

Es ist für den Leser immer eine freudige Überraschung,
wenn er unter der trotz allen wirtschaftlichen Hemmungen
noch immer überreichlichen literarischen Produktion unserer
Tage einmal wieder auf ein Buch stößt, das nach der Väter
Weise in Ruhe gewachsen ist, das keine Kompromisse kennt
und die heilige Flamme der Sachlichkeit wie eine Vestalin
hütet. Daß Herbert Kochs Buch zu diesen innerlichen
und reinlichen Leistungen gehört, drängt sich schon nach
kurzer Lektüre überwältigend auf. Was manchen vielleicht
behindert hätte, die einfache Ausstattung und der knappe
Textumfang der Hirthschen Bändchen, für den Verfasser war
es nur ein Ansporn mehr zu strengster Auswahl des Bild-
materials und präzisester Formulierung des Schriftsatzes.
Herbert Koch ist nicht nur ein gediegener Fachmann und
vorzüglicher Stilist, er ist vielseitiger gebildet als die meisten

Archäologen, einer von den weitsichtigen Männern, die — als
Mittler hochwillkommen — eine Brücke zu schlagen wissen
zwischen Antike und neuerer Kunstgeschichte. Was der
Autor auf noch nicht hundert Oktavseiten über sein Thema
sagt, ist aufschlußreicher als der Inhalt manches anspruchs-
vollen Wälzers. Man muß so tief wie er griechische und
römische Kunst in sich erlebt haben, um so fein unterschei-
den, so gerecht urteilen zu können. Wie selbstverständlich
und überzeugend wächst aus der Fülle köstlicher Einzel-
beobachtung das entscheidende Resultat heraus, daß nämlich
die eigentlichen schöpferischen Taten der römischen Kunst
die Architektur, das historische Relief und das Porträt ge-
wesen sind! Der ganze ungeheure Fortschritt der modernen
Archäologie über den Standpunkt etwa eines Winckelmann
hinaus, der das Eigenste des römischen Genius noch nicht
sah und noch nicht sehen konnte, wird bei der Lektüre dieses
seltenen Buches unmittelbares Erlebnis. Hans Börger.

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