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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 3
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Chronik des Monats
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0139

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TOTENMASKE HEINRICHS VON KLEIST TOTENMASKE TH. GERICAULTS

AUS DEM BUCH „TOTENMASKEN" VON PROF. LANGER. VERLAG GEORG THIEME, LEIPZIG

CHRONIK DES MONATS

"T~\ie Fürstenabfindung ist kein Ruhmesblatt der jungen
deutschen Republik. Wir sprechen nicht von der poli-
tischen Seite der Angelegenheit. Aber es hätte gelingen
sollen, die kulturellen Güter, die Eigentum der regierenden
Familien in Deutschland waren, restlos der Allgemeinheit
zu sichern. Der erste und entscheidende Fehler wurde von
den nach dem Umsturz zur Regierung Gelangren begangen,
die es versäumt haben, das einzig Richtige und Notwendige
zu tun — wie es beispielsweise in Osterreich geschehen ist.
Gewiß lagen die Verhältnisse im Deutschen Reiche mit sei-
ner Vielzahl von Herrscherhäusern viel komplizierter. Aber
es hätte dennoch möglich sein müssen, in diesem wesentlichen
Punkte klare Verhältnisse zu schaffen. Daß es nicht ge-
schehen ist, hat sich schon gerächt. Wir haben eine Reihe
höchst unerfreulicher Auseinandersetzungen zwischen den
Ländern und ihren einstmals regierenden Häusern erlebt,
es ist darüber wertvolles Kunstgut dem deutschen Volke ver-
loren gegangen, und es wandert noch täglich weiteres durch
den Kunsthandel nach dem Auslande ab.

Man weiß, wie es in Hannover und Oldenburg, in Wei-
mar, Dessau, Dresden und anderwärts gegangen ist und
noch immer geht. Eben wurde bei Boerner in Leipzig
ein großer Teil der berühmten Kupferstichsammlung König
Friedrich Augusts II. versteigert. Wer konnte hiernach er-

warten, daß es gelingen werde, den Kunstbesitz der Hohen-
zollern restlos in Staatseigentum zu verwandeln? Leider lie-
gen die Verhältnisse so, daß man zufrieden sein muß, wenn
es möglich gewesen ist, wenigstens die kostbarsten Stücke
vor der Abwanderung zu bewahren, und leider muß man
sich damit abfinden, daß auch einige von den französischen
Gemälden des achtzehnten Jahrhunderts, mit denen Friedrich
der Große seine Schlösser geschmückt hat, nun verschwin-
den werden.

Als vor kurzem nach achtjährigen schwierigen Verhand-
lungen der Ausgleich zwischen dem preußischen Staate und
den Hohenzollern endlich zustande kam, und der Land-
tag das Gesetz mit ängstlicher Hast verabschiedete, wurde
die Öffentlichkeit durch widersprechende Pressenachrichten
beunruhigt. Der Kaiser-Friedrich-Museums-Verein verfaßte
ein Protestschreiben; jetzt, nachdem es zu spät war, verlangte
er „eine Überprüfung sämtlicher Bestände an Kunstwerken
und Einrichtungsgegenständen sowohl in den Schlössern wie
auch namentlich in den Magazinen durch mit der Materie
vertraute Fachleute".

In all den Jahren, als es noch Zeit gewesen wäre, der
Sache zu dienen, hatte sich keine Hand gerührt. Es war
ein reiner Zufall, der in letzter Stunde plötzlich die Ge-
müter in Wallung brachte. Bode wurde kürzlich ein Ge-

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