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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 7
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Scheffler, Karl: Monet: zur Ausstellung in der Galerie Thannhauser
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0294

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CLAUDE MONET, MOLE BEI LE HA VRE. ENDE DER SECHZIGER JAHRE

AUSGESTELLT IN DER GALERIE THANNH AUSER, BERLIN

ist Utrillo ausgegangen. Das große Bildnis Frau Gaudibert
kommt aus Paris; es war dort im Jahre 1925 im Louvre
ausgestellt. Vielleicht hat Monet sein Können hier etwas zu
sehr unterstrichen; aber wie ist das Einzelne gemalt! Das
kleine Rosenstilleben allein legitimiert den großen Maler.
Das große „Frühstück" hat die Städtische Galerie in Frank-
furt a. M. hergeliehen. Ein erstaunliches Werk! Etwas so
Gutes wie die links im Fenster lehnende Frau, wie das Still-
leben des Frühstückstisches ist im neunzehnten Jahrhundert
nur selten gemalt worden. Dieses Bild wird ausdauern und
viele Generationen noch in Bewunderung versetzen. Unter
den Landschaften ist der „Hafendamm von Le Havre" ein
Hauptwerk. Aus Grau und Gelb ist das Bild einfach und
machtvoll aufgebaut. Ein Augenblick ist dargestellt; und doch
ist es das Meer, die Küste, der Wind wie alle sie kennen,
jedermann erlebt wieder die Sensation des Meeres. Und das
ist entscheidend. Ein reizendes Bild voller Luft, Wind, Licht
und Frische ist „Frau Monet am Strande". Nur eben hin-
geschrieben und doch endgültig. Zum Kolorismus biegt sich
die Entwicklung im „Garten von Argenteuil" (1873). Ein

wunderschöner Himmel, überzeugend steht das Haus davor,
und reizend spielen die Farben vorn im Dahliengebüsch. Das
Luxembourg-Museum in Paris hat zwei Bilder geliehen. Sie
gehören freilich nicht zu den besten von Monet. Sehr leben-
dig ist dagegen der „Bahnhof St. Lazare" der Sammlung
Oskar Schmitz. Schönes ist dann auch noch in denLandschaften
von der französischen Meeresküste aus den achtziger Jahren. In
der Folge ist einseitig das farbige Phänomen gesucht; die Wahr-
heit des Lebens in ihrer Totalität rückt an die zweite Stelle.

In der Öffentlichkeit hat man die Manet-Ausstellung noch
eben gelten lassen; Monet ist dann aber von einer vielfach
gestuften patriotischen Empörung getroffen worden. Es wird,
so heißt es, zu viel Franzosenkunst in Berlin gezeigt. Cäsar
Flaischlen pflegte in solchen Fällen von einem Manet-Monet-
Monomanismus zu reden. Wir verstehen diese Empörung
nicht. Wenn schöne Bilder gezeigt werden, freuen wir uns
der Gottesgabe, zunächst ohne zu fragen, welcher Nation
die Maler angehören und ob die politische Konstellation die
Hingabe erlaubt. Wir hatten vor allem einen reinen Genuß;
und dafür sind wir dankbar. Wie es sich gehört.

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