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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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NEUE BUCHER

A rnold Federmann: Johann Heinrich Füßli, Dich-
ter und Maler. Mongraphien zur Schweizer Kunst. I. Band.
Orell Füßli Verlag, Zürich und Leipzig.

Merkwürdig, daß die Kunsthistoriker diesen eigenartigen
Künstler so lange vernachlässigt haben! Füßli war ein
Schweizer, der sich in Italien ausgebildet, dann in England
gelebt hat und dort berühmt geworden ist, ein Genosse
Blakes, ein Maler und Dichter, der Sproß eines uralten
Künstlergeschlechts. Seine Biographie gibt Anlaß, viele Zeit-
verhältnisse, Stilprobleme, Völker und Persönlichkeiten zu
betrachten, und so macht der Stoff allein das Buch schon
interessant. Hinzu kommt die seltsame Mischung der Gaben.
Füßli war Klassizist, Romantiker und auch noch ein Mensch
des Barock; er war ein Manierist, der alles gesteigert emp-
fand und ein antikischer Idealisierer, er wollte den edlen
Gliederfluß, aber auch das Spukhafte darstellen. In seinen
Bildern und Zeichnungen aus altdeutschen und griechischen
Sagenkreisen, aus der Bibel und aus Shakespeares Dramen-
welt kündigten sich schon spätere Schweizer: Böcklin und
Hodler an, ja irgendwie klingt die ganze schweizer Kunst
bis zurück zu Urs Graf und Nicolaus Manuel an. Aber auch
Michelangelo wird sichtbar, gesehen durch ein literarisches
Temperament. Die Lebensbeschreibung eines solchen stark
illustrativ empfindenden Künstlers, dessen Motto war: „Je
enormer desto besser", muß notwendig eigentümliche Reize
haben.

Federmann hat das Wesentliche kurz und mit genauer
Kenntnis des Stoffes dargestellt. Er schreibt über die Künst-
lerfamilie Füßli, über Englands Rolle im achtzehnten Jahr-
hundert, über Füßlis Jugend und Romreise, über sein Ver-
hältnis zu Blake, über die Londoner Zeit und über die
Altersperiode. In die Länge gezogen erscheint das Buch,
weil die poetischen Arbeiten und die Briefe mit abgedruckt
sind. Hier beginnt der Leser zu ermüden, denn dieses alles
ist zeitbefangen. Aufschlußreich ist dagegen wieder der An-
hang mit den Bildtafeln.

Jetzt, wo es da ist, wird der Geschichtsfreund dieses
Buch kaum noch entbehren können.

Günther Probszt: Friedrich von Amerling, Der
Altmeister der Wiener Porträtmalerei. Amalthea Verlag,
Zürich, Leipzig, Wien.

Ein ernsthaftes, sorgfältig durchgearbeitetes Buch mit
einem genauen Verzeichnis der Werke — über einen Maler,
der eine so ausführliche Würdigung kaum verdient. Die
Arbeit wird darum am meisten wohl in Wien interessieren,
wo man für die toten Meister immer viel übrig hat. Als
Beitrag zur Geschichte der Wiener Kunst ist das Buch wert-
voll. Um so mehr, als Probszt keineswegs dem furor bio-
graphicus verfallen ist. Der Verlag hat für das Buch viel
getan, ohne daß man die Mittel immer loben könnte. So
sollte, um nur eines zu sagen, mit der farbigen Wiedergabe
von Ölbildern endlich Schluß gemacht werden; es kommt
nur Schiefes und Falsches heraus. Die Masse liebt freilich
diese Art von Reproduktion. Kunstbücher aber sollten für
die Anspruchsvollen gemacht werden, sie sollten sich, ebenso

wie die Kunst selbst, nur an Leute mit empfindlichen Augen
wenden.

Ernst Barlach hat neun Holzschnitte zu Schillers „Lied
an die Freude" gemacht (im Verlag Paul Cassirer). Das
Thema liegt ihm nicht recht. Sein Lebenswerk ist mehr ein
verherrlichendes Lied an das Leid. Auch Holzschnitte so
großen Formats geraten ihm leicht ins Stilisierte. Kommt
dann eine übergroße Frakturschrift hinzu, so erscheint das
Ganze gewaltsam. Aus Einzelzügen aber leuchtet dem
Betrachter Barlachs Meisterschaft doch entgegen.

Walter Käch hat eine Predigt Meister Eckharts
wie ein von dreiunddreißig Tafeln gedrucktes Blockbuch des
fünfzehnten Jahrhunderts behandelt und als Privatdruck her-
ausgegeben. Er beweist damit, daß er ein sehr guter Lehrer
für Holzschnitt und Schriftzeichnen ist. Seine, alte Vor-
bilder paraphrasierende Schrift ist ein schön gefügtes Orna-
ment. Auch ist das nur in fünfzig Exemplaren hergestellte
Buch buchtechnisch vortrefflich behandelt. Dieser Spätdruck
eines Frühdrucks — so möchte man sagen — verdient einen
starken Achtungserfolg.

Claus Wrage, Holzschnitte zu Dantes Divina
Commedia. 3 Folgen: Hölle, Fegefeuer, Paradies. Malente-
Gremsmühlen, Holm-Presse.

Dieses Werk, in der Form eines Blockbuches hergestellt,
ist im Selbstverlag des Künstlers erschienen und legt Zeugnis
ab für eine seltene Hingabe an die selbstgestellte Aufgabe.
Ein merkwürdiges Unternehmen in dieser Zeir, ganz abseits
erdacht und ausgeführt. Das nun fertig vorliegende Werk
— 99 Bildholzschnitte und 99 holzgeschnittene Textseiten —
weist auf einen Zeichner, dessen Neigung zum Stilisieren
durch die Technik des Holzschnittes legitimiert erscheint.
Das Ganze ist sehr einheitlich; doch läßt sich nicht ver-
schweigen, daß die Einheitlichkeit durch eine gewisse kunst-
gewerbliche Haltung erkauft worden ist, und daß das Pathos,
dem bei diesem Stoff kaum auszuweichen ist, etwas Er-
müdendes hat. Immerhin ist ein solches Werk, das der
Künstler bis zum letzten selbst gemacht hat, eine Raritär,
der man die Achtung nicht versagen kann. Die Konsequenz
macht auch dort noch Eindruck, wo das Künstlerische nicht
mehr recht zu fesseln vermag.

Ähnlich sind zwei andere Werke ausgeführt, zwei „Edda-
Blockbücher"; doch ist in diesem Fall die Radierung benutzt
worden.

Alfred Kubin hat fünfzig Historien des Magisters Johann
Prätorius von Rübezahl illustriert. (Im Verlag Johannes
Stauda, Augsburg.) Das Buch ist absichtlich altertümlich ge-
halten. Leider ist, wie bei vielen Büchern, die repräsen-
tativ sein sollen, der Unterschied von Akzidenzsatz und
Werksatz nicht genügend berücksichtigt worden. Kubin hat
sich dem altertümelnden Buchcharakter etwas angepaßt. Doch
dringt überall auch sein phantasievolles Talent durch. Diese
lebendigen Stellen sind es, die das Unternehmen rechtfertigen.

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