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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 3
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Glaser, Curt: Courbet und Bruyas
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0114

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COÜRBETUND BRUYAS

VON

CURT GLASER

Am 31. Dezember des Jahres 1877 ist Gustave
Courbet gestorben. Man hat in Paris merk-
würdig wenig der fünfzigjährigen Wiederkehr
dieses Tages gedacht. Es ist, als lebte im Unter-
bewußtsein noch immer etwas von dem alten Groll
der bürgerlichen Welt gegen diesen Aufrührer,
dem man die Freundschaft mit Proudhon und
seine sozialistische Gesinnung verargte, und dem
man seine Teilnahme am Aufstande der Commune
und die angebliche Mitschuld am Sturz der Ven-
domesäule niemals verziehen hat. Es ist wahr,
daß Courbets Temperament ihn immer auf die
Seite der Revolutionäre zog, aber Politik lag ihm
im Grunde fern; er war ein Revolutionär der
Kunst, und in die Affären der Politik ließ er sich
mehr hineinziehen, als daß er durch eigene Uber-
zeugung zur Mitwirkung getrieben worden wäre.

Er rühmte sich in späterer Zeit selbst, er habe
mit seinem Bilde der „Steinklopfer" als erster die
soziale Frage erhoben. In Wahrheit aber war es

so, daß er nur ein Motiv gefunden hatte, das ihn
künstlerisch interessierte. An der Straße bei Mai-
zieres hatte er die beiden Leute gesehen. Der Ge-
danke ergriff ihn: dieser alte Mann, der sein gan-
zes Leben nichts anderes getan hatte als Steine
klopfen, und der Junge, der sein ganzes Leben
lang nichts anderes tun würde. Er bestellte die
beiden in sein Atelier. So entstand das Bild.
Proudhon lieferte nachträglich den Text einer
flammenden Anklage gegen die Gesellschaft, die
zwei Menschen zu solchem Dasein verurteilte,
und Courbet, der sich zuerst dagegen wehrte, nahm
die Erklärung schließlich an. So wurde er der
Maler des Sozialismus.

Was man ihm aber noch weniger verzieh als
diese staatsgefährliche Gesinnung, war die Häß-
lichkeit seiner Modelle. Kein anderes Bild hat
einen solchen Sturm der Entrüstung erregt wie
seine „badenden Frauen", die er im Salon des
Jahres 1852 zeigte. Napoleon schlug mit der Reit-

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