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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 4
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Scheffler, Karl: Joachim Ringelnatz: Ausstellung in der Galerie Wiltschek
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0191

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seinen Bildern auch eine Naivität, worum mancher Berufsmaler
ihn beneiden mag. Naturgefühl und Manier halten sich die
Wage. Diese Malerei ironisiert sich selbst; das kann sie aber
nur, weil sie stark illustrativ ist. Das Optische wird in der Er-
innerung, Vorstellung oder schon im Sehen ein wenig dem
Skurrilen zugetrieben; die Bilder wirken wie Einfälle eines
literarisch Denkenden, es ist in gewisser Weise Tinte darin.
Irgendwie denkt man an Rudolf Großmann. Doch ist Ringel-
natz weniger „Baissier". Er wäre, auch in der Malerei, wahr-
scheinlich Demagoge, wenn er nicht so sehr Epikuräer wäre.
Interessant ist die Mischung von Ungeschicklichkeit und
Raffinement. Auffallend ist die Sicherheit der Akzentsetzung
und der Blick für das Bildmäßige; überredend wirkt eine feine

novellistische Romantik. Einige Himmel-und Meerpartien sind
überraschend gut gemalt; daneben finden sich Stellen rein
dilettantischer Art. Das Entscheidende ist, daß Ringelnatz die
Natur spontan empfindet, daß er sie ursprünglich erlebt hat;
er sieht die Erscheinung gleich als Form und vermag diese
Form — amateurhaft virtuos — zu gestalten. Dieser Dichter,
der so absonderlich malt wie sein nom de guerre ist, wird
ebenso oft der Unterschätzung wie der Überschätzung be-
gegnen. Hoffentlich hindert es ihn nicht als Gelegenheitsmaler,
abseits vom Wege weiterzuarbeiten, sich selber zum Vergnügen.
Er darf dann sicher sein, auch dem Betrachter Vergnügen
zu bereiten.

Karl Scheffler.

JOACHIM RINGELNATZ, LANDSCHAFT AUS DEM FLUGZEUG

AUSGESTELLT IN DER GALERIE WILTSCHEK. BERLIN

UNSTAUSSTELLUNGEN

BERLIN
Anton Faistauer, der Wiener Maler,
hatte bei Victor Hartberg ausgestellt.
Der jetzt Vierzigjährige ist einer der
bestenRepräsentantenderWiener Kunst
von heute. Seine Malerei hat etwas

Barockes und farbig Prächtiges, zuweilen auch zu Prächtiges.
Doch ist das entschieden Dekorative der Anlage ernsthaft
durch die Schule des Naturalismus und der Pariser Tradition
gegangen. Durch alles Dekorative hindurch wird das Leben

gesucht und oft gefunden. Am meisten Eindruck machen
die Berglandschaften, einige Stilleben und ein paar Damen-
bildnisse. Der große dreiteilige Altar ist im Schulmäßigen
stecken geblieben, wie es eigentlich auch nicht anders
sein kann. Ein Hauch von Cezanne, ins Wienerische über-
setzt, ein Kolorismus, nicht ganz frei von Palettenmäßigkeit,
aber schlagend in seiner Art und auf weite Entfernung
wirkend, eine pastose Technik und eine Fähigkeit, dem Motiv
Bildmäßigkeit zu geben: das sind einige Eigenschaften der
Bilder Faistauers. Er gehört in die Reihe: Kolig, Wiegele,

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