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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 5
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Utitz, Emil: Generationsprobleme
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0229

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LUDWIG VON HOFMANN, AKTSTUDIE. 1824

AUSGESTELLT IN DER GALERIE J. CASPER, BERLIN

GENERATIONSPROBLEME

VON

EMIL UTITZ

Gewisse Fragen geistern in der „Luft". So ist es kein
Zufall, daß fast gleichzeitig zwei unserer führenden
Kunsthistoriker1' sich eingehend mit Altersstufen der Künstler
(und weiterhin der Kunst) beschäftigen. Der Expressionis-
mus war doch irgendwie eine „Jugendbewegung" (vgl. dazu
mein Buch: „Die Überwindung des Expressionismus" 1927).
Nun aber fragt man nach dem schöpferischen Recht der
Reife, ja auch nach dem des Greises. A. E. Brinckmann
meint, daß die jüngstvergangenen Jahre deutlich das Ge-
präge 25—35jähriger Menschen tragen, während jetzt wie-
der der Typus der von 40—50 in den Vordergrund tritt; und
Wilhelm Pinder teilt die gleiche Ansicht.

Weiterhin erscheint es kennzeichnend, daß beide — un-
geachtet aller Verehrung für Wölfflin — letztlich etwas ganz
anderes anstreben: das Individuelle, das Nicht-Anonyme, und
dann auch das Geistig-Sinnhafte. Wer Wölfflins meisterhafte
Bildbeschreibungen in ihrem unvergleichlichen Reize ge-

* A. E. Brinckmann : Spätwerke großer Meister, J925; und Wilhelm
Pinder: Das Problem der Generation in der Kunstgeschichte Europas,
1926. Beide Bücher erschienen in der Frankfurter Verlags-Anstalt.

nossen hat, erkennt wohl mit Sicherheit, daß ihm wahrlich
weder die Beachtung des Einzigartigen mangelt noch Auf-
geschlossenheit für den Gehair. Allein in seiner Theorie
finden sich Formulierungen, die zu jenem Widerstand auf-
reizen. Darum haben auch beide eine gewisse Scheu vor
Theorie. Brinckmann will tunlichst im eigensten Element
des Kunstforschers bleiben, im Betrachten und im Erkennen
durch „Anschauung". Pinder stellt nicht die „Erklärlichkeit"
an den Anfang, sondern die Anschauung. So sollen zuerst
„Tatsachen" sprechen, und auf ihrem gesicherten Boden er-
hebt sich dann das Gebäude kühner Ausdeutungen. Streift
man sie ab, wird hierdurch das Tatsachengefüge nicht zer-
stört. Man kann dagegen einwenden, daß schon die Aus-
wahl der Tatsachen durch die Deutung mitbestimmt wird,
aber muß doch freudig anerkennen, daß beide eine inhalt-
lich unerfüllte Programmatik ablehnen und an einer großen
Reihe von Beispielen ihre Lehren überprüfen. Ich würde es
auch nicht als einschneidendes Bedenken gelten lassen, wenn
zahlreiche Ausnahmen sich fänden, was sicherlich der Fall
sein wird. Sie würden das vielstimmige Bild nur noch rei-

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