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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 5
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Utitz, Emil: Generationsprobleme
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Scheffler, Karl: Meier-Graefes "Renoir"
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0231

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punkte, buchen wir als unbestreitbaren Gewinn den Versuch
einer wesentlichen Auffüllung der historischen Zeitbilder.
Indem Brinckraann und Pinder diese Wege verfolgen, be-
reichern sie wahrhaft die Kunstforschung. Sie wird dadurch
nicht leichter und einfacher; im Gegenteil: allein die Ver-
vollkommnung des begrifflichen Rüstzeuges führt durch die

Vielheit hindurch, die grobschlächtige Armut zu überwinden
berufen ist. Soll aber nicht die Vielheit chaotisch zerfallen,
muß jeder einzelne Begriif scharf zugeschlirfen und in sei-
nem Stellenwert gegenüber allen anderen fest umgrenzt
werden. Einen Wurf in dieser Richtung stellen unsere bei-
den Bücher dar.

LUDWIG VON HOFMANN, BILDNISZEICHNUNG

AUSGESTELLT IN DER GALERIE J. CASI'ER, BERLIN

MEIER- GR A E F E S „RENOIR"

Im Jahre 1904 erschien Meier-Graefes „Entwicklungsge-
-*- schichte der modernen Kunst". Seit dieser Zeit hat er
sich fast ausschließlich mit den großen Malern des neun-
zehnten Jahrhunderts beschäftigt. Meistens verdichten sich
dem Kunstschriftsteller viele Einzelarbeiten in reifen Jahren
zu dem Versuch einer Geschichte. Bei Meier-Graefe war
es anders: er schrieb Zuerst das Geschichtswerk und kom-
mentierte es in der Folge, indem er allen Hauptkünstlern
fast Einzelarbeiten widmete. Oft in mehreren Fassungen.
In dieser Weise hat er über Corot und Courbet, über Degas,
Manet und Delacroix, über Marees, Menzel, Böcklin und
van Gogh geschrieben. Das letzte dieser Bücher ist ein
großer, an Abbildungen reicher Band über Renoir, der eben-
falls schon einen Vorläufer hatte.

Welche Fülle von Anregung und Erkenntnis verdanken
wir seit mehr als dreißig Jahren doch den Büchern Meier-
Graefes! Sowohl deutsche wie französische Patrioten schul-

den ihm großen Dank. Er konnte aber nur so stark wirken
— auf zwei Generationen bereits —, weil er nie an Deutsch-
land oder an Frankreich gedacht hat, sondern nur an die
allen Menschen zugehörende Kunst, weil die Kunst an sich
ihm von je Bekenntnis gewesen ist. Es ist bei uns des
Landes ja leider der Brauch, daß zünftige Kunsthistoriker
einen geistigen Arbeiter solchen Grades (sowohl der Quan-
tität wie der Qualität nach) nicht für voll nehmen. Die
Wahrheit ist, daß sie in keiner Weise ohne ihn auskommen,
sobald sie sich dem neunzehnten Jahrhundert nähern.
Meier-Graefe spendet auch ihnen ohne Bitterkeit, er ist ein
freigiebiger Geist.

Auf die Schwächen seiner Bücher hinzuweisen, ist leicht.
Er ist der große Verliebte unter den europäischen Kunst-
schriftstellern. Und Verliebte machen leicht allerhand Un-
fug. Dafür haben sie aber auch den Funken, der zündet.
Meier-Graefe ist kein konstruktiver Geist. Auch das neue

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