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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 5
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Martin, K.: Die Bauprojekte für die Heidelberger Universität
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0236

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DIE BAUPROJEKTE
FÜR DIE HEIDELBERGER UNIVERSITÄT

VON

K. MARTIN

Die Aufgabe bestand darin, in den quadratischen Raum
zwischen Ludwigsplatz — Seminarstraße — Augustiner-
gasse — Grabengasse einen Bau zu stellen, wobei das Neue
Collegiengebäude, das Seminar, die Post und der Hexen-
turm erhalten bleiben mußten, jedoch in den Neubau ein-
gegliedert werden konnten. Der nördliche Teil der Augustiner-
gasse durfte verbaut werden, ein Durchgang vom Ludwigs-
platz zur Jesuitenkirche war zu berücksichtigen.

Die Lösungen zerfallen in zwei Hauptgruppen, die mo-
dernen (Esch, Fahrenkamp) und diejenigen, die sich histo-
risch der vorhandenen Architektur anpassen. Die Mehrzahl
der Aufgeforderten, unter denen man ungern Theodor Fischer
vermißt, hat den zweiten Weg gewählt, der auch zu allen
Preisen geführt hat. Das mußte schon aus den Bestimmun-
gen über die Erhaltung des historischen Bestandes hervor-
gehen. Man nahm dabei wohl Rücksicht auf das „roman-
tische" Heidelberg und seinen Fremdenverkehr, vielleicht
lag es auch an den modernen Lösungen, die tatsächlich
etwas hart in der durch die Universitätsbibliothek teilweise
allerdings bereits verdorbenen städtebaulichen Situation stehen.
Wir beschränken uns im folgenden auf die wesentlichsten
Vorschläge.

Karl Gruber, Danzig, schließt seinen Entwurf zu einer
einheitlichen Hofarchitektur zusammen, ein naheliegender
Gedanke, dem mit einer Ausnahme alle historischen, jedoch
keines der modernen Projekte folgten. Um die Niveau-
steigerung künstlerisch auszunützen, sind in diesen Hof vor
den West- und Südflügel Terrassen gelegt, in die der Hexen-
turm einspringt, was die Lösung abrundet und reich macht,
um so mehr, da die programmäßig verlangte Einfahrt von
der Grabengasse aus rhythmisch gut einklingt. Im Aufriß
ist bei großer Einfachheit eine relative Anpassung an das
achtzehnte Jahrhundert erreicht; der Grundriß im Innern
der Gebäude wird nach praktischen Gesichtspunkten ent-
wickelt: alle Hörsäle liegen gegen den Hof. Das Audi-
torium maximum ist in den Verbindungsbau zwischen dem
Neuen Collegienhaus und dem Seminar, also in die Nord-
ostecke geordnet, unter dem Festsaal des Collegienhauses
ein Vestibül als Wandelhalle vorgesehen. Das alles ist gut ge-
löst. Die Planung wurde mit dem ersten Preis ausgezeichnet.

Hans Freese, Karlsruhe, will vor allem den Durchblick
auf die Jesuitenkirche betonen, indem er die Nordwestecke
im Winkel einziehen läßt und an die Längsachse des Se-
minars für das Auditorium maximum einen Rundbau mit
eigenem Eingang anfügt. Er vermeidet jeglichen Eingriff
in das Neue Collegiengebäude, um einen späteren Neubau
nicht zu erschweren. Der Hof zerfällt in Einzelbilder, in

den Teil des Seminars und den des Collegienhauses, was
sicher und frei durchgeführt ist. Der Aufriß wiederum An-
passung an das Gegebene, schlecht und unnötig das Glocken-
spiel auf dem Turm, schwach außerdem für die Sicht vom
Ludwigsplatz der etwas löcherige Winkel zwischen dem
Collegiengebäude und dem neuen Rundbau. Zweiter Preis.

Franz Kuhn, Heidelberg, der Träger des dritten Preises,
projektiert in der Massenverteilung ähnlich wie Karl Gruber,
bleibt im Aufriß historisch in annehmbaren Grenzen. Der
Hof wird mit Arkaden umgeben, gewissermaßen als zusam-
menschließende Fassung der verschiedenartigen Bauglieder.
Die Front gegen den Ludwigsplatz ist als großzügige Fassade
gedacht. Die Wirkung ist gut, wenn auch wirtschaftliche
Bedenken gegen einen Eingriff in das Collegiengebäude
sprechen.

Professor Schmitthenners (Stuttgart) Vorschlag, der lo-
bende Erwähnung erhielt, verstößt gegen das Programm,
da er die alte Post abreißt zugunsten einer klaren Lösung
der Eckfronten gegen die Seminarstraße und Grabengasse.
Der äußerst reizvolle Entwurf, der mit einfachen und doch
sehr freien Mitteln des Aufrisses arbeitet, wurde wohl nur
aus diesem Formalgrund für den ersten Preis nicht in Be-
tracht gezogen.

Läuger, Karlsruhe, geht als einziger von einem prinzi-
piell anderen Baugedanken aus, indem er den Ludwigsplatz
zum Zentrum seines Projektes macht. Der Ludwigsplatz
sei der Platz der Universität, was er auch ist, sobald gegen
Osten neu gebaut wird. Der Hof wird folglich Rückseite
und als solche nebensächlicher behandelt mit Arkaden, die
weder auf das Seminar noch auf den Turm besondere Rück-
sicht nehmen. Der Ludwigsplatz selbst wird geschlossen
durch Überbauung der ganzen Augustinergasse.

Die Entwürfe von Esch, Mannheim, und Fahrenkamp,
Köln, die als einzige die Auflösung der Außenwand in Glas
anwenden, mit Plattenarchitektur und kubischem Raum ar-
beiten, sind im Prinzip ziemlich identisch. Beide verzichten
auf einen einheitlichen Hofgedanken, beide isolieren die
Post und den Hexenturm, ohne daß eine selbstverständliche
Lösung der Baugruppe entstünde. Beide Entwürfe sind in
der Formgebung der eigenen Architektur klar und sich
außerordentlich sicher bewußt der modernen Dominante,
die in diesem Fall die historischen Gegebenheiten als etwas
nur Historisches fühlbar werden läßt. Im ganzen genommen
wurde die moderne Architektur beim Wettbewerb nicht ge-
rade in förderndem Sinn berücksichtigt, man hätte sonst
Walther Gropius und Mies van der Rohe bei der Auffor-
derung nicht vergessen dürfen.

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