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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 5
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0238

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CHRONIK

Uns wird geschrieben: Eine der wenigen wertvollen und
noch unversehrt erhaltenen Bauten des alten Berlin
ist, wie wir hören, neuerdings ernstlich bedroht. Das Palais
Prinz Albrecht, dessen Garten auf der einen Seite schon
durch das häßliche Europahaus verkleinert ist, auf der an-
deren durch einen ganz überflüssigen Straßenzug zum An-
halter Bahnhof zerschnitten werden soll, scheint den Fana-
tikern des neuen Berlin, die am liebsten die letzten Reste der
alten Zeit dem Phantom des Verkehrs opfern möchten,
ein Dorn im Auge. Jetzt heißt es, das Palais solle unter Er-
haltung der historischen Räume in ein Hotel umgewandelt
werden. Wie es um diese Erhaltung stehen wird, beweist
der Plan des Architekten, der rechtwinklig zu dem Palais in
der Mitte der Rückfront, dort wo Schinkels ovaler Gartensaal
liegt, einen langen Flügel quer in den Park hineinbauen will.

Man scheint in Berlin noch immer kein Gefühl dafür zu
haben, daß der Schutz wertvoller Baudenkmäler der Vergan-
genheit zu den Kulturaufgaben eines großen Gemeinwesens
gehört. Es wäre die Pflicht der staatlichen Behörden, einen
solchen Denkmalfrevel zu verhindern, die Pflicht der Stadt-
verwaltung, helfend einzugreifen, wenn es gilt, ein kostbares
Stück des alten Berlin zu erhalten. Zu viel ist schon zerstört
worden. Die Liste der Bauten Schinkels, die nicht mehr
existieren, ist beschämend lang. Sie sollte genügen. Wie es
genug ist mit den Zerstörungen der letzten Jahre. Man braucht
nur das traurige Schicksal des Opernhauses in die Erinnerung
Zu rufen oder das spurlose Verschwinden der schönen Reit-
halle Schinkels, die angeblich nach dem Abbruch an anderer
Stelle wieder aufgerichtet werden sollte und inzwischen
sicher längst irgendwo vermodert ist. Die nächsten Bauten,
die der Moloch Verkehr fressen will, sind die Torhäuschen
auf dem Leipziger Platz, und schon schickt er sich auch
an, das Brandenburger Tor von den Seiten zu benagen.

Warum? Noch ist der Verkehr innerhalb Berlins nicht
übermäßig stark, und wenn man immer mit den angeblich
unfehlbaren Statistiken für die Zukunft kommt, so mag daran
erinnert werden, daß nichts ungewisser ist als das Prophe-
zeien. Vielleicht werden die Wunder der Technik sich schon
in ganz naher Zukunft sehr anders auswirken, als man jetzt
ahnt. Vielleicht wird es schon in absehbarer Zeit sehr alt-
modisch erscheinen, Entfernungen vermittels des Autos zu
überwinden. Fernseher und Fernhörer werden die zeitraubende
und nervenzerrüttende, ständige körperliche Fortbewegung
überflüssig machen. Vielleicht ist diese Prophezeiung ebenso
eine Utopie wie jede andere. Aber die Verkehrsfanatiker
sollten auch einem solchen Gedanken einmal Raum geben,
ehe sie im Namen der Zukunft, deren Wege niemand von
uns kennt, die schönsten Teile des alten Berlin verwüsten.

CURT HERRMANN
wird im Februar fünfundsiebzig Jahre alt. In diesem Alter
zählt schon das Lustrum. Der Geburtstag mag darum An-
laß sein, auf die Werte eines feingebildeten Geschmacks
hinzuweisen, die in Herrmanns Malerei enthalten sind, und
auf die Rolle, die der Künstler jahrzehntelang im Berliner
Kunstleben als Mitbegründer der Berliner Sezession, des

Deutschen Künstlerbundes und als Vorsitzender der Freien
Sezession gespielt hat. Sein Urteil hat mancher Kunst-
bewegung, die heute schon Geschichte geworden ist, den
Weg bereiten geholfen. Sein Haus war ein Mittelpunkt
der Künstlergesellschaft und einer produktiven Gesellig-
keit. Herrmann stammt aus Merseburg, war Steffeckschüler,
arbeitete in Berlin und hat sich in letzter Zeit aufs Land
in Franken zurückgezogen. Schriftstellerisch hat er in die
Bewegungen seiner Zeit eingegriffen mit dem Buch „Der
Kampf um den Stil".

NEUES AUS AMERIKA
aphaels sogenannte „große Cowper-Madonna" hat seit
kurzem ihren Platz in einer amerikanischen Privatsamm-
lung gefunden. Der Schatzsekretär Mellon, einer der bedeu-
tendsten Kunstsammler Amerikas, hat sie um den Preis von
einer Million Dollar von Duveen erworben. Duveen soll selbst
800000 Dollar für das Bild bezahlt haben, das sich seit dem
Jahre 1780 im Besitz der Familie Lord Cowper in Pans-

E. DE FIORI, BILDNISBÜSTE DES NEW YORKER
KUNSTHÄNDLERS WEYHE

MIT ERLAUBNIS DER GALERIE FLECHTHEIM, BERLIN

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