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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 6
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Tietze, Hans: Georg Kars
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0267

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GEORG KARS, BLUMEN. 1924 GEORG KARS, TORSO. 1927

GEORG KARS

VON

HANS TIETZE

/"'eorg Kars lebt nun seit beinahe zwei Jahrzehnten in
Paris und hat vor kurzem dort seine erste Kollektiv-
ausstellung gezeigt in der Galerie Weill, die innerhalb der
unzählbaren Pariser Kunsthandlungen mehr als andere eine
Erinnerung an die Kämpfe um die heutige Kunst gewahrt
hat. An diese heroische Epoche der Moderne haben fast alle
Pariser Kritiker erinnert, die dieser Ausstellung eine einmütig
freundliche Aufnahme bereitec haben. Kars hat immer mit
in die erste Reihe der Vorkämpfer vom Beginn des Jahr-
hunderts gehört, er war immer da mit seiner klugen Skepsis,
mit seinem beharrlichen Fleiß, mit seinem sicheren Ge-
schmack; aber es lag seinem ganzen Wesen fern, durch
Überraschungen zu wirken und sich in raschem Vorstoß
nach vorn zu bringen, er ist der Mann der sicheren Arbeit
und persönlichen Zurückhaltung und hat seinen guten Platz
innerhalb dessen, was man die französische Schule von heute
nennen kann. Schritt um Schritt erobert.

Kars gehört zu den Malern, die ein sicherer Instinkt von
Anbeginn an nach Paris geführt hat; die heimatlose Heimat
der Prager Deutschen bot ihm sowenig einen Boden wie
der schablonenhafte Schulbetrieb der Münchner Akademie.
Wie ein Kosmopolit des achtzehnten Jahrhunderts in die

internationale Gelehrtenrepublik flüchtete, so suchte Kars
ein intellektuelles Vaterland am wichtigsten Umschlagsplatz
der aktuellen künstlerischen Strömungen. Was er mitbrachte,
war ein starker Sinn für Modernität, der ihn mit unbeding-
ter Sicherheit seinen Ausgangspunkt bei Cezanne suchen
ließ und eine melancholische Empfindsamkeit, die all die
Themen seiner ersten Werke ins Düstere transponierte. Dem-
entsprechend war die farbige Haltung dieser Bilder eine
trübe; in Zerteilung und Zerfaserung der Nuancen suchte
Kars damals — wie so mancher andere — die Palette
seines Weltbildes zu finden. Die zunehmende Klärung hat
der Krieg unterbrochen; die Zeitstimmung und die neuer-
liche Entwurzelung verstärkten den Hang zur Schwermut,
die in den Bildern dieser Prag-Wiener Zwischenzeit mit
feierlichem Düster alles Dargestellte umwölkt. Die Rückkehr
nach Paris, die etwa 1920 erfolgte, brachte Kars wieder auf
seinen natürlichen Boden; in einer Fülle von landschaftlichen
Natursrudien und von eindringlichen Aktzeichnungen läuterte
er sein von all den Krisen der Zeit beunruhigtes Darstellungs-
bedürfnis. Er ist nicht nur den Lebensjahren nach in die
Periode der männlichen Reife getreten; alles Spielerische
und nur Problematische ist abgetan, auf Witzentfaltung und

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