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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 11
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Waldmann, Emil: Giorgione
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Winkler, F.: Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0474

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wieder genommen wird. Die Madonna mit dem heiligen
Rochus in Madrid fehlt; sie wird wohl von Tizian sein,
ebenso wie die Zigeunermadonna.

Also siebzehn Bilder. Den Zuwachs über das Bisherige
hinaus bilden einige Jugendwerke mit Gegenständen aus
der Parisgeschichte in Allington Castle, die Sir Martin Conway
schon im Burlington, aus eigenem Besitz, veröffentlichte.
Über diese und einige andere Bilder in englischem und
amerikanischem Privatbesitz, die nach den Abbildungen
zum Teil sehr überzeugend wirken, wird man sich auf der
großen Venezianer-Ausstellung, die London für den Herbst
dieses Jahres vorbereitet, ein Urteil bilden können. Ein
Hauptargument des Verfassers, daß nämlich die landschaft-
lichen Hintergründe dieser Gemälde eng zusammengehen
mit den Landschaften auf beglaubigten Bildern und daß
diese Landschaften „gesehene Landschaften" sind, gemalt
in der Umgebung Bassanos, wo Giorgione groß wurde, hat
viel Beweiskraft für sich.

Streiten wird die Kunstkennerschaft wesentlich dann
um einige Bilder mit mythologischen Darstellungen. „Leda
mit dem Schwan" in Padua und das ebendort befindliche
Gegenstück „Jüngling und Mädchen", das Bild aus der
Apollolegende im Seminar zu Venedig, könnten mit Conways
Methode endgültig gesichert werden. Jetzt werden diese
kleinen, zu dekorativer Verwendung gemalten Bilder dem
immer noch etwas undurchsichtigen jungen Schiavone, auch
dem jungen Dosso Dossi zugeschrieben. Die sogenannte

„Eurydike" in der Galerie in Bergamo, ein Werk ähnlicher
Art, das dort den Namen Cariani trägt, wird, wenn es
(was dem Referenten nach neuerlicher Besichtigung gerecht-
fertigt erscheint) den Namen Giorgione bekommt, sich
von anderer Seite wohl ein kleines Fragezeichen gefallen
lassen müssen. Ganz so einleuchtend wie diese Namens-
gebung bei dem „ausgesetzten Parisknaben" wirkt, wird man
sie bei dieser Eurydike nicht finden. Von dem späten „Paris-
urteil", das in vier Fassungen bekannt ist, hält Sir Conway
das Exemplar beim Earl of Malmesbury für eigenhändig.
Auch diese Frage wird wohl die Londoner Ausstellung
klären.

Das Budapester Fragment der beiden Hirten aus dem
im Ganzen nur durch die Teniers-Kopie bekannten für
Taddeo Contarini gemalten Paris-Urteil erklärt Sir Conway
nach eingehender, mit dem Restaurator der Budapester Ga-
lerie vorgenommener Untersuchung für intakt erhalten, wäh-
rend Justi in seinem Giorgionebuch es für weitgehend
übermalt erklärt hatte. Ungeschicklichkeiten in der Zeich-
nung der Figuren wären bei dem jungen Giorgione nicht
auffällig.

Conways Buch hat die Giorgione-Forschung um einen
Schritt weiter gebracht. Wer sich über Giorgione äußert,
wird sich mit ihm auseinandersetzen müssen.

Das Buch ist gut geschrieben, reichhaltig illustriert und
schön ausgestattet.

E. Waldmann.

AUGSBURGER KUNST
DER SPÄTGOTIK UND RENAISSANCE

Beiträge zur Geschichte der deutschen Kunst.
Bd. 2. Augsburger Kunst der Spätgotik und Renais-
sance. Herausgegeben von E. Buchner und K. Feuchtmayr.
Augsburg, Dr. Benno Filser Verlag, 1928.

Ein Band von über 500 Seiten, in einem Format, das
sich dem Folio nähert, mit fast 350 zu einem beträchtlichen
Teile ganzseitigen Abbildungen, das alles dem wissenschaft-
lichen Studium der Blütezeit der Augsburger Malerei und
Plastik gewidmet, den Holbein, Burgkmair, Apt, Breu, Beck,
Amberger, Daucher und ihren Vorgängern im sechzehnten
Jahrhundert — solche Gaben sind auch in guten Zeiten selten.
Der blasse Neid kann einen packen, wenn man sieht, wie
die Tatkraft süddeutscher Kunstforscher in großzügiger Weise,
gefördert von der Gebefreudigkeit heimatstolzer Bewohner
und von der „Notgemeinschaft" sich für die Erschließung
der heimischen Kunst ein Organ schafft, das kaum einen
Wunsch der Mitarbeiter unerfüllt läßt. Aber freuen wir
uns, daß sich dieser Kunst verspätet doch nicht zu spät eine
so tatkräftige Anteilnahme Zuwendet. Es ist das goldene Zeit-
alter der deutschen Kunst, von dem wohl viel geredet, das
aber recht schlecht gekannt wird.

Die Aufsätze sind trotz mancher äußerst kühnen The-
sen grundlegend, so daß die überreiche Illustrierung, die
viel Unveröffentlichtes bringt, gerechtfertigt ist. In einem

eben erschienenen interessanten Buche über den jüngeren
Holbein steht zu lesen, daß von dem Vater Holbeins, der
uns eine Fülle schönster Silberstiftbildnisse hinterlassen hat,
daß von diesem geborenen Bildnismaler merkwürdigerweise
keine gemalten Porträts erhalten seien. In dem vorliegenden
Buche veröffentlichen Buchner und Baldaß nicht weniger
als acht Bildnisse des alten Holbein, von denen die Mehr-
zahl gewiß vor der Kritik bestehen wird. Und das sind oft
vom Glück mehr oder weniger begünstigte Zufallsfunde.
Wie verstreut und unerforscht das Material ist, belegen die
Aufsätze von Rupe und Parker über Burgkmairs Zeich-
nungen. Rupe ergänzt das bekannte Material durch fast ein
Dutzend Blätter, deren anregende Deutung verrät, daß er
sich nicht umsonst seit anderthalb Jahrzehnten um Burgk-
mair bemüht. Parker fügt noch mehr hinzu, so daß der
Katalog von Burgkmairs Zeichnungen, mit dem er seinen
Aufsatz beschließt, nun fast fünfzig Nummern aufweist. Das
sind ein paar Stichproben, keineswegs die wichtigsten Er-
gebnisse aus den mitgeteilten Forschungen. Zu ihnen möchte
ich vor allem E. Buchners große Aufsätze über Jörg Breu
und über die Augsburger Malerei des fünfzehnten Jahr-
hunderts rechnen. Buchners wichtige Feststellung über Breus
Sturm- und Drangperiode ergänzt Benesch durch den Nach-
weis eines dritten großen malerischen Werkes der Jugend-

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