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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 12
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RENEE SINTENIS, GALOPPIERENDES FOHLEN. BRONZE

ANGEKAUFT VOM ART INSTITUTE, CHICAGO. MIT
ERLAUBNIS DER GALERIE FLECHTHEIM, BERLIN

NEUE BUCHER

Friedrich Rintelen: Reden und Aufsätze. Benno
Schwabe & Co., Basel 1927. 271 Seiten. Mit Bildnis des
Verfassers.

Dieser Band sammelt aus der Hinterlassenschaft des ver-
storbenen Basler Professors der Kunstgeschichte was zunächst
fertig vorlag oder ergänzt werden konnte: Reden, Vorträge
und Aufsätze über ältere und moderne Kunst, über Dante
und Jacob Burckhardt, den Nachruf auf Ernst Heidrich und
die Dissertation über Leibnizens Beziehungen zur Scholastik.
Da die ganzen zwei Jahrzehnte öffentlicher Wirksamkeit des
Verstorbenen Anteil an dieser Reihe haben, bilden die The-
men nur eine lose Reihe. Dennoch ist das Buch eine Einheit,
insofern sich der Mensch und Gelehrte darin über das aus-
spricht, was ihn in den Jahren seit dem „Giotto" beschäf-
tigte und nur infolge eines hemmenden Leidens nicht in der
Form umfangreicherer Produktion den Weg über den Basler
Hörerkreis hinaus gefunden hat.

Sicherlich ist es der Ausdruck tiefsten eigenen Bedürfnisses,
wenn Rintelen von Jacob Burckhardt sagt: „Und so tritt er
vor das ihm liebgewordene Publikum hin und erzählt ihm in
der Form eines Vortrages, was mit seinem eigenen Leben
langsam zum Ganzen verwuchs", und: „Er war mehr als ein
hochverdienter großer Gelehrter, er war ein Künstler. Als
solcher stand er mit allen in Verbindung/" In der Tat spricht
der Gelehrte hier ohne jeden akademischen Hochmut zu den
Gebildeten einer Stadt, die noch im alten Sinne ein Publi-
kum besitzt; es herrscht Intimität des Ortes, und die Kunst

erscheint als eine Sache, die der Verantwortung und Teil-
nahme aller anheim gegeben ist.

Das Gewicht liegt denn auch in den eigentlich kunst-
historischen Teilen des Buches nicht auf der Materialfor-
schung, sondern auf dem Kunsturteil, und dieses macht den
wissenschaftlichen Wert des Buches aus. Rintelens Absicht
war immer, Gestalten herauszuarbeiten und vom Bedeutenden
einen reinen und hohen Begriff zu geben, weit weniger der
systematische Gedanke. Der trennende Abstand der Zeiten
versinkt vor der überaus lebhaften Bemühung des Betrachters,
der mit dem Gefühle der Dankbarkeit vor die Werke der Ver-
gangenheit hintritt, um sie auf ihre Werte hin zu untersuchen,
die seinem Kunstsinne lebendigste, wirkende Gegenwart be-
deuten. Diese würdige Haltung erhebt die Urteile Rintelens
zur Verbindlichkeit des Erlebten. Anderseits aber steht diese
— psychologisch im sehr vertieften und angespannten Ge-
nüsse der Kunst wurzelnde — Betrachtung so gut wie ganz
abseits von den Fragestellungen, die den heutigen Stand der
Wissenschaft bezeichnen; sie ist immer original und vielfach
anregend, aber nicht frei von Eigenheiten und Sackgassen.

Das Stärkste leisten wohl die Gedenkworte auf Jacob
Burckhardt, die zum Besten gehören, was über diesen über-
haupt gesagt ist, und die Aufsätze über Marees und Cezanne
(1909 und 1916), während der Versuch über Piero della
Francesca wohl psychologisch tief greift, aber die Frage der
Form, also die eigentliche kunsthistorische, zu sehr außer
Acht läßt. Mit welcher Anmut aber wird nicht Corots Wesen

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