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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 9
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Scheffler, Karl: Meier-Graefes "Corot"
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Grossmann, Rudolf: Der Fünfzigjährige Reber
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0407

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Es ist die schöne Kunst Meier-Graefes, daß er seine kluge
Liebe zu Corot auf den Leser überträgt. Während er Corots
Ruhm entscheidend mehrt, mehrt er auch den eigenen Ruhm,
den ihn eine schon vierzigjährige unermüdliche Tätigkeit im
hingebenden Dienst des lebendig Schönen verschafft hat.

Die beiden Verlage, die sich zur Herausgabe vereinigten,
haben viel für das Buch getan. Es ist — bei Jakob Hegner
in Hellerau — ausgezeichnet gedruckt; die Lichtdrucktafeln,
die „Ganymed" in Berlin herstellte, geben die Illusion Corot-
scher Malerei in der Schwarzweiß-Übertragung so klar und
tonig, wie es in diesem Verfahren nur immer möglich ist.
Ein „Prachtwerk", wenn man will; aber welch ein Unter-

schied zu den „Prachtwerken" vor dreißig Jahren! Man er-
kennt an einem solchen Buch, daß ein anderes Geschlecht
von Verlegern und Buchhandwerkern lebt, daß die Arbeit
der Reinigung und Kultivierung in den letzten Jahrzehnten
nicht umsonst gewesen ist. Der einzige Einwand, der er-
hoben werden könnte, betrifft den Einband. Auch der ist
in seiner Art gut; doch erscheint er etwas schwer und ernst
für ein Buch über Corot. Dieser kleine Einwand wiegt
aber leicht gegenüber der schönen Form des Ganzen. Inner-
halb des Möglichen und praktisch Ausführbaren ist das
Buch vorbildlich.

Karl Scheffler.

*

RUDOLF GROSSMANN, BILDNISKARIKATUR REB£R

DER FÜNFZIGJÄHRIGE REBER

VON

RUDOLF GROSSMANN

]T\r. Reber, dessen bekannte Sammlung kürzlich von Lugano
in das Chateau Bethusy nach Lausanne übergesiedelt
ist, feierte kürzlich seinen fünfzigsten Geburtstag.

Heute ist der Kunstkauz, den man früher in den Seiten-
straßen des Montmartre antreffen konnte, fast ausgestorben;
auch Sammler großen Formats werden immer seltener. Hier
ist einer, der beides ist. Er hat mit leidenschaftlichem Flair
für das lebendig Gegenwärtige bewußt und methodisch seine
Sammlung aufgebaut; er greift zurück bis auf die Funde der
Hallstadtzeit und wird auch zum Schrittmacher für Picasso,
Gris und Braque. Sein Schlachtfeld ist mehr Paris als Berlin;
er ist mehr als ein Käufer sicher notierter Kunstbörsenwerte:
er ist ein Entdecker, Sammler mit Leib und Seele, dem das

Sammeln eine Art Fetischersatz ist. Wer ihn auf dem Tot-
toir-roulant des Berliner Gesellschaftsbetriebes dann und
wann auftauchen sieht, den frappiert ein stereotypes Lächeln,
das zu dem Ernst Berlins merkwürdig kontrastiert.

Kürzlich saß Reber mit einem bekannten Kunstschrift-
steller an einem Tisch. Über Picasso gerieten sie aneinander.
Zwei Weltanschauungen standen sich gegenüber; beide re-
deten aneinander vorbei. Der Schriftsteller, aus einer mehr
individualistisch eingestellten Zeit, verschanzte sich hinter
Kunstgipfeln. Reber, mit dem Lachen eines östlichen Glücks-
gottes, eines Lachens, das nicht zweckfrei über den Dingen,
sondern sehr Zweckvoll im Gegenwärtigen lebt, verschrieb
sich mit Haut und Haaren dem anonymen Formkollektivis-
mus einer lebenden Generation. Als ihm die tektonische
Formwandlung Picassos Erlebnis geworden war, mußte er ri-
goros alles ausschließen, was nicht diese Lienie hielt. Der
alte Kern der Sammlung, der in Bildern Cezannes bestanden
hat, mußte zum Teil in dem Augenblick aufgeopfert werden,
wo die Wichtigkeit erkannt wurde, den architektonischen
Formwillen weiterzuführen.

GEBURTSTAGE

Es ist noch zwei anderer Fünfzigjähriger zu gedenken.

Der Maler Ernst Ludwig Kirchner hat sich einen Platz
in der vordersten Reihe seiner Generation erkämpft, ist aber
weit davon entfernt, sich mit dem Erreichten zu begnügen,
sondern dauernd in Wandlung begriffen und immer bereit
schon Errungenes aufzugeben, um des Besseren, des Aus-
drucksvolleren willen. Wir hoffen von ihm in der nächsten
Zeit wieder einmal ausführlich sprechen zu können.

Wilhelm R. Valentiner verdient nicht nur große Achtung
als Kunstgelehrter, sondern einen besonderen Dank auch für
die freiwillig übernommene Mission, die er in Amerika (De-
troit) als Museumsdirektor mit viel Initiative, Klugheit und
Takt ausübt. Er ist einer der besten geistigen Gesandten
Deutschlands im Ausland, die wir haben.

Seinen sechszigsten Geburtstag feierte — auch mit einer
Ausstellung im Künstlerhaus — Hans Baluschek, der schon
vor dreißig Jahren manches von dem vorweggenommen hat,
womit Maler des Sozialen sich heute legitimieren.

K. Sch.

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