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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 12
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Post, Hermann: Neues aus Amerika
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Exposition Centennale de l'art belge 1830-1930
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0542

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und Glas. Das Entree geht durch zwei Stockwerke und über-
trumpft alles an Prunk der Ausstattung. Die Decke zeigt
ein Plafondgemälde in der Größe von 100:76 Fuß im Stil
etwa der Münchener „Scholle", durch Zickzacklinien wild
gemacht. Die Wände sind mit poliertem roten Marmor be-
legt. Janitscharenmusik!

Die New Yorker „Times" teilt folgende Anekdoten mit:
Vier amerikanische Touristen besehen die Westminster-
Abtei in London. Der Häuptling sagt: „Wir haben sieben
Minuten, du und Jane, ihr nehmt die Außenseite, ich und
Mary werden das Innere nehmen."

Unterhaltung einer Amerikanerin mit ihrer Tochter in
Italien: „Ich bin ganz sicher, daß dies Rom ist, denn am
Dienstag, wurde uns gesagt, seien wir in Rom." „Das ist
nicht wahr, heute ist Montag, und Montag sollten wir in
Florenz sein."

Eine Gesellschaft reisender Amerikaner landet in Frank-
reich. Sie fragen den Mann am Eisenbahnschalter, wohin
sie fahren sollten. Er antwortet, das hänge davon ab, was
sie sehen wollten, Gebäude, Bilder oder Landschaft. Sie
entschließen sich für Landschaft.

Das Feinste ist zur Zeit der „thrill", in Oberammergau
bei Jesus zu wohnen.

Dr. Hermann Post (New York)

EXPOSITION CENTENNALE
DE L'ART BELGE 1830 —1930

Eine stattliche Anzahl von Objekten — Bilder, Skulptur, Gra-
phik —, zumeist aus Privatbesitz, in vornehm-geschmack-
voller Darbietung in den Räumen des Palais des Beaux-Arts
in Brüssel. Ein Referat ist schwierig: während in den ersten
fünfzig Jahren den Richtungen nur auf historischem nicht
auf ästhetischem Wege beizukommen, den einzelnen Per-
sönlichkeiten aber die Durchschlagskraft versagt ist, ent-
falten sich diese in den zweiten fünfzig Jahren zu einer

Wirkung weit über die Grenzen des kleinen Landes. Navez
und Simoneau, die 1830, dem Stichjahr nach unten, schon
in voller Reife standen, stellen nur anständigen Durch-
schnitt, nur Provinzkunst dar. Die malerischen Vorzüge von
Leys und Alfred Stevens (Wiertz ist nur mit ein paar Skiz-
zen vertreten, da sein „Museum" intakt bleiben sollte) wer-
den für unsere Nahsicht noch ganz durch die Bildthemen,
die sie behandeln, verstellt; wenn uns ihre Ikonographie
einmal so entrückt sein wird, wie die der Fresken in der
Spanischen Kapelle, dann werden wir besser sehen. Die
Nachfolge dieser Salonromantiker ist gewiß zu breit und
nachdrücklich bis in die Gegenwart herein zu Wort gekom-
men, bis in jene ungenießbare Verbindung von Naturalismus
und Pathetik, wie sie in allen Städten (inkl. Paris) für die
„repräsentative Kunst" charakteristisch ist. Die Auseinander-
setzung mit dem französischen Impressionismus geht daneben;
noch intensiver ist sie mit dem symbolisch-dekorativen Stil
Englands (Fernand KhnopfF) oder dem schwereren Tempera-
ment des holländischen Nachbarn.

Die große schöpferische Begabung der Belgier in dieser
zweiten Jahrhunderthälfte war nicht den Malern gegeben;
die Bildhauer und die Graphiker sind die Führenden. Meu-
nier und Rops in der älteren, Ensor und Minne in der jün-
geren Generation. Es dürfte genügen, nur die Namen zu
nennen, denn die Bedeutung dieser Künstler — Anregung
und Leistung — steht fest. Bei Minne wohl nur für die Früh-
zeit; seine Werke der mittleren Periode, verbissene Versuche,
der Natur habhaft zu werden, wirken quälend wie Abgüsse
nach Leichen; sein letzter Stil nimmt die sensitive Gotik
der ersten Epoche wieder auf. Mir scheint die Erfindung
jetzt das Wesentliche, ihr Zauber wirkt darum am stärksten
im Zeichnungsentwurf oder in der Ausführung in Gips, dem
Material des Abstrakten. Minne hat ein Fenster ins Freie
aufgestoßen, Lehmbruck muß von seiner Kunst berührt wor-
den sein. H. Tietze

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