Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

DOI Heft:
Heft 2
DOI Artikel:
Chronik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0112

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
CHRONIK

OTTO MÜLLER t
Im sechsundfüntzigsten Lebensjahre ist der Schlesier Otto
Müller, der einst der „Brücke" angehörte und Lehrer an der
Breslauer Kunsthochschule war, gestorben. Als Maler hatte
er eine nur ihm eigene, aber auch fast manieristisch aus-
gebildete Note: er malte dekorativ lyrisch, wie ein proletarisch
determinierter Deutsch-Römer. Seine pastellartig wirkenden
Bilder von nackten Mädchen im Grünen oder am Wasser
und von eckig lieblichen Zigeunerinnen ließen immer wieder
bedauern, daß die Ungunst der Zeit diesem dichtenden De-
korationsmaler große Wandflächen versagt hat. Er wäre der
Mann einer zeitgemäßen und doch heiter-leichten Dekoration
gewesen. Aber auch so wird das Liedartige seiner aus ver-
staubtem Grün und Gelb entwickelten Kompositionen noch
eine ganze Weile weiterklingen.

POCCI-AUSSTELLUNG
In Nürnberg hat die Städtische Galerie dem Grafen Franz
von Pocci — nach dem Katalog zu urteilen — eine recht
beachtenswerte Ausstellung gewidmet. In unserer Zeitschrift
hat Karl Voll dem Künstler im dreizehnten Jahrgang, Seite 505fF.
einen ausführlichen Aufsatz geschrieben, aus dem die Be-
rechtigung zu einer solchen Ausstellung schon hervorgeht.
Die Ausstellung bringt nicht nur das Illustrative, sondern
auch viele Naturstudien. Sie bringt damit der Öffentlichkeit
etwas bisher Unbekanntes, das auch in anderen Städten ge-
zeigt zu werden verdient.

B E RIG HTIGUNGEN

In dem Aufsatz des Oktoberheftes über die Berliner Mu-
seumsfeier ist mitgeteilt (Seite 6, erste Spalte), es handle sich
im oberen Stockwerk des deutschen Museums „ausschließ-
lich" um Oberlichträume. Das ist insofern falsch, als die
an der Stadtbahn liegenden Kabinette Seitenlicht haben.

Zu den Reproduktionen nach Bildern von Max Beckmann
im Oktoberheft ist nachzutragen, daß das Reproduktions-
recht am I.Oktober 1930 an J. B. Neumann, New York, und
Günther Franke, München, übergegangen ist. Wir erfuhren
die Tatsache zu spät, um sie noch im Oktoberheft mitteilen
zu können.

PISSARRO-KATALOG
Herr L.R.Pissarro, 14, rue Girardon, Paris 18, arbeitet
an einem Katalog der Werke seines Vaters, des Malers
Camille Pissarro, und bittet die Besitzer von Bildern und
Aquarellen Pissarros, ihm Photographien nebst Maßen zu
senden.

WER WIRD'S?
Endlich sollte das Preußische Kultusministerium doch den
Lehrstuhl für Kunstgeschichte in Berlin, der seit Adolf
Goldschmidts Abgang leer steht, neu besetzen. Man hat
Wölfflin zu Gastvorlesungen geladen; und es scheint, daß
er nochmals als Gast wiederkehrt. Wölfflin ist immer und
überall willkommen. Dennoch ist es kein Weg, sondern
ein Ausweg. Dieses Provisorium ist für Adolf Goldschmidt
sogar kränkend, denn Wölfflin ist älter als er. Durch Ab-
warten wird die Lage nicht verändert; die seit langem und
immer wieder genannten Kandidaten bleiben dieselben. Ein
Wunder geschieht nicht; darum sollte der Entschluß, der
übermorgen doch gefaßt werden muß, schon morgen gefaßt
werden. Das unsichere Schwanken schadet dem Ansehen
der Universität, dem Vertrauen zum künftigen Lehrer und
der Arbeitsdisziplin der Studierenden.

GEORG DE II IO

Georg Dehio, der Altmeister deutscher Kunstwissenschaft,
begeht am 22. November seinen achtzigsten Geburts-
tag. In einem arbeitsreichen Leben hat er sich um die Er-
kenntnis altdeutscher Kunst außerordentliche Verdienste er-
worben. Drei große Werke bezeichnen neben zahlreichen
kleineren Arbeiten die Etappen seines Weges als Kunstforscher.
Das erste Hauptwerk Dehios war die mit Gustav von Pezold,
dem ehemaligen Direktor des Germanischen Museums in
Nürnberg, gemeinsam verfaßte „Kirchliche Baukunst des
Abendlandes (1887—1901)", die grundlegende und in vielem
zugleich abschließende Darstellung des europäischen Kirchen-
baues in der altchristlichen, romanischen und gotischen Epoche.
In seinem Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (1905
bis 1912) erfüllte Dehio den langgehegten Wunsch nach
einem systematischen Verzeichnis der Bauwerke und ihres
plastischen und malerischen Schmuckes, er schuf ein Nach-
schlagewerk und Reisehandbuch, wie es in anderer Form
Burckhardt in seinem Cicerone für Italien gegeben hat. Als
die reife Frucht jahrzehntelanger Arbeit entstand endlich
die groß angelegte Geschichte der deutschen Kunst (1919
bis 1926), ein Unternehmen, das enzyklopädisches Wissen
ebenso voraussetzte wie ein sicheres Urteil und ungewöhn-
liche Gestaltungskraft. Kein anderer hätte diese Voraus-
setzungen im gleichen Maße zu erfüllen vermocht wie Dehio,
der aus der Fülle seiner Erfahrung den gewaltigen Stoff in
wahrhaft bewundernswerter Weise zu meistern verstan-
den hat.

WIENER AUSSTELLUNGEN

Die neue Saison hebt geziemend mit dem Angedenken
eines Hingeschiedenen an. Das ganze Gebäude der
Secession ist einer Gedächtnisausstellung für Anton Faistauer
gewidmet. Als der Dreiundvierzigjährige in diesem Winter
starb, habe ich versucht, an dieser Stelle das Tragische seines
Schicksals zu zeichnen; angesichts des Werks, das in breiter

Fülle vor uns gestellt wird, ist man heute mehr versucht, nach
dem subjektiven den objektiven Verlust zu ermessen. Der
hier gezeigte Reichtum erschöpft nicht einmal den ganzen
Umfang der Leistung; die Fresken in Salzburg, Morzg und
Weidlingau sind nur in Skizzen oder Kartons angedeutet, auch
von sonstigen Bildern fehlt manches wesentliche Stück. Diese

82
 
Annotationen