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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 11
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Grossmann, Rudolf: Das Erstlingswerk
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0455

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RUDOLF GROSSMANN, SCHWARZWALDLANDSCHAFT

IM ALTER VON ZWÖLF JAHREN GEMALT

DAS ERSTLINGSWERK

VON

RUDOLF GROSSMANN

Ich malte es mit zwölf Jahren. Einen alten Bauernhof mit
breiter leerer Stallwand, im nördlichen Schwarzwald bei
Durbach, zwischen überhängenden schattigen Bäumen mit
blausilbernen Bergen und Wiesen.

Diese Wiesen waren besonders zart gemalt, damit die
Ferne herauskäme. Dort zwischen diesen Bergen, so erzählte
man mir, liege der sagenumsponnene Mummelsee mit seinen
schwarzen hohen Tannen und Nixen, die meine Kinderphan-
tasie erhitzten: „Und wenn die Nacht herniedersinkt, ent-
steigen sie dem Bade als Jungfern ans Gestade". An der
kahlen Hauswand huschte ein Blätterschatten, der mit dem
Wind tanzte. Ich weiß noch, daß ich mir große Mühe gab,
ihn leicht und transparent zu malen. Dabei roch es um mich
herum intensiv nach Natur, mit einem nur dem Schwarz-
wald eigenen Geruch, ich hab ihn heute noch in der Nase.
Allerlei freudig Vergangenes zog ich in mein malerisches

Tun mit ein. Eine große Ruhe überkam mich, während ich
meine Welt erlebte, und zugleich war ich doch innerlich
sehr gespannt, wie im Fieber erregt. Der Bildvorwurf war
richtig poetisch, das Bild aber dennoch naturgetreu, mit einer
gewissen Sachlichkeit gemalt. Meine Brust war während der
Arbeit stolz geschwellt, wie man so sagt; denn ich tat schließ-
lich, was im Atelier unten mein Onkel tat, der Maler war
und ein kleines Häuschen besaß. Und ich stand auf dem
kleinen Hügel dahinter, wo er Reben angepflanzt hatte und
wo zu Ehren meiner Tante ein kleiner nach ihr benannter
Pavillon stand. Ich hatte da manchen Winter erlebt mit jo-
delnden Tanten, die mir näher standen als der etwas kratz-
bürstige bajuvarische Onkel. Ich schlich mich ganz still
hinauf mit seiner Palette und seinen Farben. Ich hatte die
nüchterne Schablone und den Gipsabguß satt, nach dem er
mich zeichnen ließ. Der Geruch der Farben, von Öl und

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