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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 30.1931

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Heft 1
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Eckstein, Hans: Münchner Ausstellungen
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Tietze, Hans: Das neue Fresko
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Hundert Jahre Bauen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7612#0043

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Behandlung stets original ist. Lichtenberger mit einem klei-
nen Stück köstlicher intimer, konzentrierter Malerei, gegen
das seine beiden anderen Bilder leider ein wenig abfallen.
Eine große, farbig gut ausgewogene und durchkomponierte
Vorstadtlandschaft von Erich Glette gehört zu den stärksten
Eindrücken. Brune, Heß, Schrimpf, Troendle, Achmann und
die übrigen Maler der Neuen Sezession trifft man in der be-

kannten Art.

Hans Eckstein

DAS NEUE FRESKO

Die heutigen Maler malen Bilder, denen die heutigen
Architekten den Platz verweigern; der Konflikt zwischen
zwei verschiedenen Ausdrucksformen schöpferischer Indivi-
dualität hat mit dem vollen Sieg des durch den Rückhalt
kollektiver Bedürfnisse gestärkten architektonischen Willens
geendet. Die Malerei bekennt sich auf der ganzen Linie
geschlagen und bietet ihre Unterwerfung an; als Hilfsorgan
der Baukunst hofft sie den Platz, der ihr vor der Wand ver-
sagt wurde, an der Wand selbst zu gewinnen. Das Fresko
ist mehr denn je die Sehnsucht der modernen Maler.

Es erfordert eine geistige und eine technische Tradition,
die beide die malerische Entwicklung des neunzehnten Jahr-
hunderts zerbrochen hat; es entspricht dem Wesen unserer
Zeit, daß sie diesen Mangel lediglich von der technischen
Seite her bekämpfen zu können glaubt. Teschnische Ver-
vollkommnung ist ja unser Universal-Elixier. Ein Salzburger
Maler hat ein Verfahren gefunden, Wandmalereien mit mo-
dernen Baumaterialien in dauerhafte Verbindung bringen
zu können; den Duroma-Edelputzwerken in Grödig bei Salz-
burg ist es gelungen, eine 90 X 90 cm große Freskoputzplatte
zu erzeugen, die, in nassem Zustand bemalt, nach Trocknung
in jeder Wand angebracht werden kann; sie ist vor jeder
Veränderung völlig geschützt. Eine Anzahl österreichischer
Künstler hat sich an den Versuchen beteiligt und stellt nun
die Ergebnisse ihrer Bemühungen in einer Sonderausstellung
im Salzburger Festspielhaus aus; man merkt diesen Male-
reien an, wie sehr die Berührung mit der Wand ihre Ur-
heber selbst dann beglückt hat, wenn sie keine rechte Vor-
stellung von dem hatten, um was es sich handelt, sondern
ihre gewohnte Ölbild-Komposition und selbst -Maltechnik
unbekümmert ins neue Material übertrugen. Andere — Ferdi-
nand Kitt, Georg Mayer-Marton und Georg Merkel aus Wien
oder der Grazer Fritz Silberbauer — haben die veränderte
Gesetzlichkeit dieser Art von Malerei tiefer begriffen und
ihr ihren persönlichen Stil glücklich angepaßt. Was so zu-
stande gekommen ist, atmet die Frischfröhlichkeit beherzten
Experimentierens; es ist ein Musterlager von Fresken, eine
Mobilisierung des seiner Natur nach Unbeweglichen, eine
architektonisch gemeinte Malerei ohne architektonische Bin-
dung.

Die Ausstellung entschleiert so nicht nur die Vorteile
des neuen Verfahrens, sondern auch seine Mängel. Auf eine
Normalplatte — die nur durch Halbierung in einer Richtung
untergeteilt werden kann — beschränkt, erfordert die Arbeit
bei größeren Kompositionen die mosaikartige Zusammen-
setzung aus mehreren Platten und, da jede gesondert ge-
arbeitet werden muß, die vollständige Fertigstellung des
Entwurfs im Karton. Da so auf den Platten nur ein Ko-
pieren des fertig Mitgebrachten erfolgt, schaltet das Ver-

fahren all jene schöpferische Mithilfe der Wand aus, die
das alte Fresko so groß gemacht hat; mit dieser inspirie-
renden Kraft der großen Fläche ist aber der Wandmalerei
ihr bester Sinn geraubt. Was bleibt, ist lediglich ein vor
gewissen Mängeln der gewöhnlichen Technik gefeites Mate-
rial, das nicht ausreichen wird, das schlafende Fresko zu
erwecken. Dieses ist zu allen Zeiten aus geistigen Bedürf-
nissen hervorgegangen, aus einer bis zum Dekorativen selbst-
verständlich und allgemeingültig gewordenen Monumentalität.
Laßt eine solche Gesinnung wieder erstehen, die Breitge-
fühltes in tiefempfundene Form zu bringen gezwungen ist,
so wird es die geringste Sorge sein, das technische Mittel
zu finden, das sie braucht. Erst die künstlerische Aufgabe
erweckt ein technisches Werkzeug zum Leben.

H. Tietze

HUNDERT JAHRE BAUEN

Das Museum für Kunst und Landesgeschichte Hannover
hat anläßlich des hundertjährigen Bestehens der Tech-
nischen Hochschule eine Ausstellung „Hundert Jahre Bauen
in Hannover" zusammengebracht. Diese Ausstellung zeigt
die vielfachen Wandlungen der romantischen Architektur
des neunzehnten Jahrhunderts bis zu den ersten Ansätzen
des neuen Bauens, das endgültig mit der romantischen Auf-
nahme der Stilformen vergangener Baustile bricht. Die Über-
sicht setzt ein mit der überragenden Figur von Laves, der
neben Klenze, mit dem er zeitweise zusammen gearbeitet
hatte, und Schinkel einer der besten Architekten der klassi-
zistisch-romantischen Phase ist. Laves hat das Gesicht des
modernen Hannover bestimmt durch so großgestaltete Einzel-
bauten wie die Oper und städtebauliche Regulierungen,
denen Hannover seine schönsten Plätze und Avenuen und
die klare Verbindung mit dem umliegenden Waldpark der
Eilenriede verdankt. Aus der späteren Entwicklung der ro-
mantischen Architektur, als sie in die gefährliche Phase der
historisch getreuen Kopie tritt, ist die wichtigste Figur der
berühmte Gotiker der Technischen Hochschule Hase, der
durch seine Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule
einen ungeheuren Einfluß auch über Deutschland hinaus, vor
allem auch auf die skandinavische Architektur, ausgeübt hat.
Hase steht wie Laves in Beziehung zur Münchener Schule.
Er hat in seiner Münchner Zeit den Einfluß Gärtners er-
fahren, der an Hases bedeutendem Frühwerk, dem Kunstaus-
stellungsgebäude, noch deutlich zu spüren ist.

Die letzte Epoche der hannoverischen Architektur ist durch
auswärtige Architekten eingeleitet worden. Der wilden Phase
des Neubarock, der Hannover sein ebenso prächtiges wie
künstlerisch bedeutungsloses Rathaus verdankt, folgten wich-
tige Bauten auswärtiger Architekten, Peter Behrens' Conti-
nental-Verwaltungsgebäude und Bonatz' Stadthalle, Bauten
die unter der Schale eines gehaltenen Klassizismus schon
neuen Zielen zustreben. Die Zeit nach dem Krieg hat noch
einmal ein Aufblühen der romantischen Schule gebracht in
Klinkerbauten, Hochhäusern und pathetischer Strebepfeiler-
dekoration. Erst die letzten Jahre bringen eine Annäherung
an die Ziele des neuen Bauens, eine unpathetische, nicht
romantisch, sondern funktionell bestimmte Architektur tritt
auf den Plan. Bier

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