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Kladderadatsch: Humoristisch-satirisches Wochenblatt — 5.1852

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Hefte 27-31, Juli 1852
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https://doi.org/10.11588/diglit.2233#0105
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^5 SS


Sonntag, den 4. Juli 1852.


V- Jahrgang.


Wochcnkalender.

Montag, den 5. Juli.
Herr v. Hülsen ist von seiner Rundreise
angekommcn. Da« Theater beginnt in nie
gelaunter Blüthe stehen zu wollen.
Dienstag, den 6. Juli.
Roger ist angckommcn und hat da«
Publikum bereits bezaubert.
Mittwoch, den 7. Juli.
Die Ra Lei ist angckommen. Mit Hilse
de« kleinen Dkibaut hat sie alle« electrisirt.


Wochenkalender.

Donnerstag, den 8. Juli.
Die Wagner ist angekommcn. Das
Publicum will noch nicht glauben, daß sie,
die al« Mädchen so reizend war. setzt al«
Braut ganz Ander« geworden sein sollte,
^reikag, den 9. Juli.
Jenny Lind ist angekommcn. Ihre
nächste Leistung wird , Goldschmidt«
Töchterlein* sein.
Sonnabend, den 10. Juli.
Professor Leo ist angekommcn. Er möchte
gern in .Halle vor hundert Jahren*
spielen, findet aber einen erfolgreichen Wider
stand am Lladder«datsch.

Hllmssristisch-slltyrischks Wochenblatt.

Liese« Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme der Wochentage. — Man abonnlrt mit 21 Sgr. vierteljährlich für 15 Nummern bei allen Buch-
Handlungen sowie bei den König!. Postanstalten de« In- und Auslandes. Jede einzelne Nummer koste« 1'^ Sgr. Die Lebaction.


Ein Johannis-Märchen.


Zollstock ging, wie Stöcke gehn,
Steif und stolz an seiner Krücke,
Zopf und Zwinge und Pcrrückc
Sehr gemessen anzuschn.
Also ging er einst spazieren,
Um sich auch zu amüsircn,
Hölzern, stumm und würdevoll,
Ein Beamter jeder Zoll!
Da begegnet ihm die Feder.
„Ei wohin?" — Ta könnte Jeder
Kommen, sprach die Feder heiler.
„Nimm mich, Schönste, zum Begleiter!"
Sprach der Zollstock. — Jo nicht sehn,
Ich will ohne Stütze gehn!
„Nein, ich laß Dich so nicht lausen!"
Denken Sic, man kann mich kaufen?

„Mit der Zeit läßt man sich kirren!"
Wenn Sic sick in mir nicht irren!
„Fügst Du Dich nicht völlig bald —
Nun, so brauch' ich — A m lSgcwall!"
Was? Gcwaltthat und Krakchl?
Schütze mich, o heilgcr Quehl!
Darob lachte wie ein Bock
U »gemessen unser Stock,
Und er fuhr mit trautem Wort
Zu der Feder also fort:
„Liebe Feder, sei vernünftig.
Laß das spröde Wesen künftig,
Füge, schmiege, biege Dieb,
Tenn ich — ich besiege Dich!"
Nun wohlan! cs kommt drauf an,
Wer am schärfsten treffen kann!
Zollstock schlich besiegt vom Flecke:
Er verlor ja seine Zwecke.
Feder hat mit leichtem Sinn
Zu den alten Freunden hin
Und zu Kladderadatsch gewandt sich,
Um zu schreiben:
Skebenundzwanzrg.

„Was? Tu willst mit mir Dich messen?
Hast Du, Leichte, denn vergessen,
Wer ich bin? von wessen Blute?"-
Stock, Du bist ein Kind der Nuthe!
„Ha, der Hohn ist zum Krcpircn!
Wart', ich werde Dich quadrircn!"
Sich, o Stock, schon bei den ersten
Federstrichen willst Tu bersten!
Wüthcnd zog der Stock vom Leder,
Und er kämpfte mit der Feder,
Und sic stritten um die Wette,
Und cS war bedeckt die Stätte,
Wo sic ihre Kraft verglichen,
Ringsum von — Gedankenstrichen.
 
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