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Nr. 31

Berlin, den 5. Juli 1857.

10. Jahrgang.

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7Ü.

'lUodjenfmfenöcr.

Montag, den 6. Juli.

Die Darmstadtcr Kammern ma-
cken wieder eine Landpartie mit dem Mi
nisterium. Sic tanzen, wie die Minister
Pfeifen.

Dienstag, den 7. Juli.

Auch die Kurhesjijchen Stande
hoffen, vom Ministerium ins Freie geführt
zu werden. Die Minister sind nicht abge-
neigt sie auzuführen.

Mittwock. den 8. Juli.

Der Lippe'sche Landtag geht gcaen
die Inden für das Ministerium rns
Wasser.

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wochenkalender.

Donnerstag, den 9. Juli.

Die Bairische Regierung ist schon
vor einigen Monaten mit den Ständen
abgefahren.

Freitag, den 10. Juli..

Ueberall in Deutschland freuen sich die
Regierungen der Depulirten und scherzen
mir ihnen.

Sonnabend, den 11. Juli.

Nur die Häuser des Preußischen Land-
tages sind in ruhmvoller Abwesenheit ge-
zwungen zu warten, bis das erste Glatt
eis kommt.

Kladderadatsch.

siumofistlsch-slilyl isches Wocf)ciiGfü(f.

Dieses Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme der Wochentage. — Man abonnirt mit 21 Sgr. vierteljährlich für 15 Nummern bei allen Buchhandlungen,
sowie bei den Postanstalten des In« und Auslandes. — Jede einzelne Nummer kostet 1£ Sgr.

Eine Fabel.

Der Adler rief; es stellten sich sogleich
Die hohen Räthe ans dem Königreich:
Premier-Minister Geier, dessen Blick
Beherrscht des Adlers äußre Politik;

Herr Habicht, der das Jnn're treu besorgt,

Herr Sperber, der im Großen und im Ganzen
Geschickt versieht des Königreichs Finanzen.

Der gar nicht gern bezahlt und lieber borgt;

Herr Kauz sodann, der Aufklärungs-Minister,
(Aus dem Geschlecht der Schleiereulen ist er);
Auch er, dem die Justiz ist anbeschlen,

Der Kukuk kam berbei auf raschen Sohlen;

Und endlich kam der S chreck der Sp ieß eS - Bürger.
Doch Adlerö Lu st — der Kriegsminister Würge r.

Als nun der hohe Rath versammelt war,
Begann voll Stelz der königliche Aar:

Wir sind entschlossen, unsrem Staate Kraft
Zu leih » durch eine neue Körperschaft;

Wir wollen also allen Begelseelen
Gestatten frei, Vertreter sich zu wähle»,

Dock soll nur Uns zu Willen wählen Jeder,

Sich widerspenstig sträuben keine Feder!

Und wir erwarten, daß in Harmonie
Sich nur für Uns erklärt das Federvieh.

Wonach zu richten! Gehet nun nach Haus
Und schreibt im ganzen Land die Wahlen aus!

Nun liefen schleunigst von des Adlers Horst
Die Boten aus durch Feld und Sumpf und Font
Und riefen laut: Herbei zur freien Wahl,

Dock wählet hübsch bescheiden und loyal!

Herr Kauz hat übernommen, Euch zu lehren
Und über Eure Freiheit aufzuklären?

Wer für Uns ist, erwarte reichen Lohn!

Nun wählt! Nur keine Opposition?

Ja, wählet frei, so wie wir Euch besohlen,

Sonst mög' Euch der Jnstizminister holen!

Damit nun Unser Wille werde kund,

Verordnen Wir, daß in deS Reiches Rund
In jedem Ort ein andrer Papagei
Der treue Ausdruck Unsrer Meinung sei;

Auch ein'ge Staare werden Wir Euch nennen,

Die ganz genau des Adlers Willen kennen.

Wir trennen nun uns, wie wir stets uns trennten,

Das Beßte hoffend auch von Euch — Ihr Enten!

Als Solches nun den Vögeln ward bekannt,

Da faßt ein Schauer au das ganze Land.

Das Federvieh begann sich rings zu regen:

Das war ein Fliegen, Laufen und Bewegen,

Ein Federsträuben, Federputzen, Flattern,

Ein Krähen, Krächzen, Flöten, Schrein und Schnattern;
Es drang der Stimmen unverstandner Den
Empor bis zu des Adlers sichrem Thron.

Der rief: Ihr Räthe, sprecht, was ist geschebn,

Daß ich mein Volk muß so in Aufruhr sehn?

Herr Kau; trat vor und sprach mit Ernst: Es geht
Vortrefflich mit den Wahlen, Majestät!

Dock macht für sich Zaunkönig jetzt Partei-

Nur daher, Herrscher, stammet dies Geschrei!

„Von Dem läßt sich mein Volk nicht Übertümpeln:
Als er nock herrschte, hielt er's mit den Gimpeln,
 
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