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Kladderadatsch: Humoristisch-satyrisches Wochenblatt — 10.1857

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Hefte 35-40, August 1857
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140

Eine Stimme. Hür!

Strapenburch. Bitte einen Namen zu nennen und eine Frage zu
stellen.

Stimme. Carl der Dicke.

Strapenburch. Nun noch die Frage.

Stimme. Wie Heeßen Sie?

ülopfgeift leine schwache weibliche Stimme). Carl der Ticke.

(Gelächter.)

Strapenburch. Sie muffen etwas fragen, was der Geist Nichtwissen
kann, sonst hat es keinen Reiz, (ruft.) Nr. Zwei.

Stimme. Pietsch.

Mehrere Stimmen. Unsinn! Ruhe! 'raus mit ihm!

Strapenburch. Silentium! Bitte, meine Herren, es steht Jedermann
frei einen Jeist beliebig zu verlangen. Was wünschen Sie von Pietsch
zu wissen? Sein Jeist ist bereits unter uns. Stellen Sie jefälligst
dreist an ihm die Frage.

Nummer Zwei. Sage mir, Pietsch, bist du ein Säufer von Pro-
fession?

Llopfgcist. I bewahre. Bloß zum Vergnügen.

(Großer Beifall.)

Strapenburch. Nummer Drei. Fragen Cie weiter.

Nummer Drei. Wie oft betrinken Sie sich jährlich?

Klopfgeist. Zweimal, aber denn occh regelmäßig auf sechs Monate.

Nummer vier. Was macht man aus 'ner Landpartie, wenn es
plötzlich zu regnen ansängt?

Llopfgcist. Man flucht!

Strapenburch. Nummer Fünf. Was wünschen Sie für einen Jeist?

Nummer Fünf. Beranger.

Strapenburch. Bitte, jstellen Sie die Frage. Was wünschen Sie
von Beranger?

Nummer Fünf. Einen Aufruf an Deutschlands Jugend!

Llopfgcist. Werde stulz, dann bist du ein Taitscher Der Tait-
schesten Taitschester Taitscher

Strapenburch. Entschuldigen Sie, meine Herren, meine Frau hat
sich geirrt, sie glaubte, Sie meinten Backerl!

(Erneuter Jubel.)

Strapenburch. Bitte, Nummer Sechs! Stellen Sie jefälligst eine
andere Frage an Beranger.

Nummer Sechs. Glauben Sie wirklich, daß l'empire c'est la p*ix
eine Wahrheit ist?

Llopfgcist. Non, l’empire c’est la peur.

Nummer Sieben. Ich habe Nummer Sieben. Komm ich nu 'ran?

Strapenburch. Sogleich. Wen und was wünschen 'Sie?;

Nummer Sieben. Wilhelm Test! Wenn Sie heut noch lebten, wen
würden Sie schießen?

Llopfgcist. Wenn ich heut noch lebte, würde ich vor Freude Ko-
bold schießen.

(Bravo.)

Nummer Acht. Papst Johann! Welche Kinder machen dem heiligen
Vater jetzt die meiste Sorge?

Llopsgeist. Die verdammten — Bälger.

Strapenburch. Nummer Neun. Den -tarnen?

Pannemann. Großkopp.

Strapenburch. Was wünschen Sie von ihm?

Pannemann. Eine Portion Gänsebraten.

(Er wird hinau-geklopst.)

Pannemann, (aufathmcnd). Des is jut, daß ich draußen bin! — Anders als
durch Rauswersenlassen ist ja jar nick durch das Jedrängle durchzukommen!

<3 Vom Kaiser Bubu-Tsching.

Cm lliärrfjen. (Aus dem Chinesischen.)

Ter finstre Kaiser Bubutsching
Hinab am Bergcshang ging,

Und binter ihm voll Ehrfurcht ging
Der Mandarin von Nanking.

Weß, Mandarin, erfrechen sich
Des GießbachS kecke Wellen?

Was treibt sie ewig vorwärts — sprich!
Die schäumenden Gesellen?

Zurück, zurück! Zum Quell hinaus!

Ihr dürft nicht mehr zu Thale!

Hemm', Mandarin, der Frechen Lauf —
Bei meines Zornes Strahle!

Der Mandarin geborsamst lief
In alle Städt' und Weiler,

Und Nankings beßte Kräfte rief
In allergrößter Eil' er.

Er ließ geschwind an jede Tbür
Und tausend Buckel klopfen,

Und rief: Chinesen, kommt herfür,

Den Gießbach zu verstopfen!

Sie kamen stracks und stopften schnell,
Sie karrten, gruben, dämmten,

Doch immer neu kam Well' und Well',
Wie sie den Bach auch hemmten.

Der Bach fand einen neuen Pfad
Und hüpfte froh und munter
Und plätscherte: Jetzt hüpf' ich grad'

Erst reckt ins Thal hinunter!

Wer wagt zu singen hier im Wald?
Ich fordre Furcht und Schweigen! —
O Herr, der Vöglein Lied nur schallt
Herab von grünen Zweigen!

So rufe, Mandarin, sogleich
Mir auf die Vogelfänger!

Ich duld' nun 'mal in meinem Reich
-Nicht diese freien Sänger!

Nur Einem werde Nichts gethan,
Das lasse dich gemahnen!

Das ist der alte beil'ae Schwan,
Der Sänger meiner Ahnen!

Der Diener lief, das Volk erschien
Auch pünktlich zur Minute,

Ea schmierte jeder Mandarin
Mit Vogelleim die Ruthe.

Nun ging das Vogelfängen an!

Das war em Jagen, Hetzen,

Ein Locken, Pfeifen, Mann für Mann
Bewehrt mit Schling' und Netzen!

Gar mancher Fink ward eingesetzt,
Gar Manchem ging's ans Leben;

Gar Mancher, der noch frei, zuletzt
Blieb an der Ruthe kleben.

Bald war kein Käsig mehr ringsum
Fürs Federvolk zu finden;

Man machte Alles kalt und stumm
Durch eiliges Verschwinden.

Herr, was Du heischtest, ist gelhan!
Doch bracht' der Bach Verderben
Dem Lande, und der hcil'ge Schwan,
Er liegt nun auch im Sterben.

Sein Schwanensang ist Donnerschall,
Ein grollend Frühlingswettern:

Bald klingt es wie he Nachtigall,

Bald wie der Lerche Schmettern, —

Bald wieder wie des Finken Pfiff,

Bald wie des Spötters Weise,

Jetzt wie ein Schwert von scharfem Schliff,
Jetzt wie ein Seufzer leise.

Und alle Stimmen sind vereint
In dieses Einen Stimme,

Sind auserstanden, wie es scheint,

O Herr, trotz Eurem Grimme!

So gib mir auf den Vogel Acht,
Auf daß ich Ruhe habe,

Und trag' ihn feierlich und sacht,
Sobald er stirbt, zu Grabe!

Wenn er erst aus dem Leben schied
Das magst du wohl ermessen —

Ist bald der Sänger und sein Lied
In meinem Land vergessen!

Unmöglich, Herr! der Abendwind
Hat seinen Sang vernommen:

Schon hör' ich durch die Wipfel lind
Des Liedes Wellen kommen.

Frei muh ich sein, und ungehemmt
Will ich zum Ziele laufen.

Weh! wenn mein Zern euch überschwemmt!
Wie werdet ihr ersaufen!

Da siehst du: die Chinesen, Kind,

Sind doch recht närr'sche Leute;

Denn, wenn sie nicht ersoffen sind,

So stopfen sie noch heutc^

Der sinstre Kaiser bubutsching
Auf ödem Waldesweg ging,

Und hinter ihm aus Ehrfurcht gmg
Der Mandarin von Peking.

Und als sodann vollendet war
Das Fangen und das Streifen,

Erlaubte man der Gimpel Schaar,

Des Kaiser- Ruhm zu pfeifen.

Der sinstre Kaiser bubutsching
Auf einem Holzesweg ging,

Und hinter ihm voll Ehrfurcht ging
Der Mandarin von Peking.

Ist Alles gDschehn, wie ich befahl.
Duzopf'ger Müßiggänger?

Lauft auch der Bach nicht mehr zu Thal?
Sind ausgetilgt die Sänger?

Der Schäfer bei der Heerde lauscht
Dem Sang und trägt ihn weiter!.
Horch! drüben, wo die Sichel rauscht,
Erklingt er jetzt schon heiter.

Er lebt und webt und schwebet fort,
Ein duftig Meer von -toten,

Er tönet Dir und mir zum Tort
Und unseren Verboten.

Der Kaiser hört's und seufzte schier:
Ich geh' nicht mehr spazieren!

(L>o etwas kann in China hier,

In China nur pajiiren!

Kla--eradatsch.
 
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