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Nr. 1.

Berlin, den 3. Januar 1858

11. Jahrc


Was iSicllc! ibr da» »llc ^»d>.
Tag !« v»U Nvlb uud .iamm.'l ws>'
C« lietz juc bcrbcn Sorgc»!ia»I
UnS einen dcrdeu Vieraenlrank,
Für icincr sSIciblcn »eilen Pein
lln« ächten, reü-lc» Riclcnwcin.
Bei k-tn ieli-st in Ki„bk-i»n nenn
Ter T-geeiafI re,geilen lunn.
Der Wein, ker Funizi, Sicbencr.
eZit ein vcn Glulb gciiickener.
Cui Ect iineiwennen-Brennenleani.
Sn, «ilkci. «uitcr Tennenlrank,
Ter Glänbigc an» Ereile,,, inachl.
Uns ielig und zu Gelteen mach!.
Sehl, w,e er ana der Gablung Fnil
Geitiegcu ichen zu, »lärmig ist!
Wie frev der Kann» den Bcesiern schwilll.
Weil klaics Geld -uS Fallern auiiill

Drum »er verlor, weil Cosel sank,
Ter greise jktzl zum Moscllranl:
Doch wer gesliirzl mil Banken ein,
Der ball: sich an Franlcnwein,
llnd wer au Darnisiabl was verlor.
Hol' jetzt de» Nh ei ne» »laß hervor.
Vergeh! die alle Leier heut
lind labt euch am Tokaier beul,
Lahl Leid und Kummer darum sein
lind lacht beim Lacrimarum Wein-
Den» sebt. der Funszig Siebener
2l> ei» der Well Bcischricbcucr,
Gesiegelt »Nb gevrcht an, Cnd'
Als de» alten Iabre« — Tesiainent.
Aus, srrcnget Siegel »Nb Reisen jetzt l
Laßt uns Besitz c,greisen jetzt I
Elogl an — und ginge das Gla» in Scherben —
Hoch UN», de« Jahre» lachende» Erben:

Kladderadatsch.

Humoristisch salyrksches IVocheiMall.




iverdc» wir forlfahrcn in der hciteni Betrachtung dieser Stadt, dieses Staates niid dieses Erdballs aus den allgemeinere» und höheren
Gcsichtspniiclcn, welche der gegenwärtige Eultnrzustand der Menschheit verlangt und — verträgt.
Die Zeilen sind gewesen, in welchen ein Blatt sein Publicum nur nntcrhaltcn durfte, »in cs selbst zu sein. Die Zeiten
sind gewesen, in denen der Leser nur bestohlen sein wollte — nm die Zeit, die ihm zu lang wurde. Heut will er durch jede
Leclurc bereichert sein — an.Kenntnissen, Erfahrungen, Entdeckungen und nnbckaiinten Ereignissen. Er will nach Tisch ans
dem Sopha oder des Abends vor dem Einschlascn im Bett beim letzten Drilthcil seiner letzten Eigarre die Resultate aller Wissenschaften
empfangen, in einer populären, Icbensfrischcn und anmnthigen Darstellung, welche weder durch allzugroße Anhäufung von Thatsachen
der llebersichtlichkeit ermangelt, »och durch zu eng gezogene Gränzc» mit dem Leben des Tages außer Verbindung gebracht wird; mit
einem Wort, der Leser von heut will Alles, was jemals Bcdcnlcndcs gedacht, erfunden und geleistet worden, in dem leichten Gewände
von scherzhaften Leitartikeln, Aovellcltcn, Gesprächen, Schnitze und Müller, Zmickaucriadcn und Holzschnitten, .gut, reell und
dauerhaft' für sechs Dreier ins Haus geschickt erhalten.
Unter diesen Umständen ist die Insolvenz der meisten Schriftsteller aus der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts kein Gchcim-
niß inehr. Diese Herren haben thcils durch Vernachlässigung des großen Pnblicums, durch Unachtsamkeit auf die wirklichen Be-
dürfnisse des Volkes einen fahrlässigen, thcils durch nnsichcrc, gewagte, mit dem Bildungsgrade der Nation nicht in Einklang
stehende philosophische, politische und sociale Spccnlationc» einen muthwilligcn, thcils sogar durch den übertriebensten, mit der
schöpferischen Kraft ihrer Talente in keinem rechtlichen Vcrhältniß stehenden Aufwand — von hohlen Phrasen, durch den uner-
hörtesten Luxus — von nichtssagenden Redensarten einen betrügerischen Bankerott gemacht.
So ist denn von allen Seiten der literarische EoncurS angcmcldct, nizd der Unterzeichnete zum einstweilige» alleinigen
Verwalter der Masse — des lesenden Publikums bestellt worden.
Alle Diejenige», welche Ansprüche ans Lcctnrc machen zu können glauben zu
wollen berechtigt zu sein vermeinen, werden dcßhalb hiermit anfgefordcrt, in dem auf
den 4. Januar 1858 bis Vormittags 11 Uhr 1859
Hansvogtei - Platz Nr. 1 oder bei den Postämtern des In- und Auslandes au-
bcranmtcn Termin ihre Erklärungen, rcsp. ihre Bestellungen auf diese Wochenschrift
abzngcbcn, nm sich durch eigenen Augenschein zu überzeugen, daß wie stets so auch jetzt
unsere Ackiva unsere Passiva übersteigen.


Kladderadatsch.

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