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Rtadderadatsch.
Vom drolligen Mann und Frau Fortuna.
(Ans -cm Chinesischen. Eine moralische Geschichte ohne Moral, sintemalen selbige sich sclbstrn Jeder ziehen kann.)
Ist 'mal ein drolliger Mann gewesen,
Ter wollt' von Dornen Trauben lesen;
Am Tage guckl' er nach den Sternen,
Im Winter wollt' er schwimmen lernen,
Im Sommer wollt' er Schlitten fahren.
Im Treibhaus wollt' er Eis verwahren,
Mit Sieben wollt' er Wasser holen,
Im Goldsand sucht' er nur — nach Kohlen,
Und als er saß im Kohlenstollen,
Hat Gold durchaus er finden wollen;
Und wenn daS leider nicht so ging,
Da ärgert ihn das bös- Ding.
Trotzdem war unsrem droll'gen Mann
Fortuna seltsam zugethan,
Bracht' Gold und Schätze ihm inS HauS;
Er aber wie« die Frau hinaus,
Sprach: Wa« mir Lebenssreude schafft,
Will ich nur durch die eigne Krast!
Er sprach'» und sann viel Jahre nun
Darüber nach: WaS soll ich thun?
Und wieder kam Fortuna her
Und bracht' ihm Titel, Rang und Ebr':
.Nimm'S an, doch zeig' dich dessen werth,
WaS unverdient dir ward bescheert."
WaS that der Mann? — Er wies sie sort:
Ich mag nicht Ehren aus Accerd!
Wenn ich nur wollte, müßt' im Reich
Man mich zum Kanzler küren gleich.
Ich sübl's, ich Hab' die Krast dazu! —
Drauf sann er wieder nach in Ruh,
Wie, wenn er erst nur Kanzler wär',
Er steigen könnt' zur Kaiser-Ehr.
Und sich, da kam zum droll'gen Herrn
Fortuna, bracht' ihm Krön' und Stern,
Und sprach: „Hier ist, waö du begehrt,
Das stärkste Sccpter dieser Erd'.
Willst du'S?" — Da sprach der Droll'ge: Nein!
Jetzt will ich grad' nicht Kaiser sein!
Jetzt will ich sehn, wie Knechtschaft thut
Und wie dem Sklaven ist zu Muth.
Da sprach Fortuna: „Nun, eS sei!
So lebe denn in Sklaverei!"
Nun ging » — was Wunder? — bald im Trab'
Mit unserm droll'gen Mann bergab:
War bald verarmt, ohn' Hos und HauS,
Zog bettelnd in die Welt hinaus;
Doch blieb er selbst im Unglück dann
Noch immerfort der droll'ge Mann.
Denn als er in dcS Hungers Lual
An reichem Herde sag einmal,
Hat er sich drob den Kops zerbrochen:
Wie kann man ohne Feuer kochen?
Hat drüber Tops und Fleisch und Esten,
Und vor dem Tod — sich selbst vergessen.
Kladderadatsch.
Feuilleton. —
Hheater-Kuriolum.
„Gobbo. Müsse, junger Herr, sei er so gut, wo gehe ich zu des Herrn
Jude» seinem Hause hin?
Lanzelot. Schlagt euch rechter Hand an der nächsten Ecke, aber bei
der allernächsten Ecke linker Hand; versteht, bei der ersten nächsten Ecke schlagt
euch weder rechts noch links, sondern dreht euch schnurgerade aus nach des
Juden seinem Hause herum.
Gobbo. Potz Welterchen, daü wird ein schlimmer Weg zu finden sein!"
Unglaubwürdigem Vernehmen nach sollen die obigen in Act. II, Sc. 2. des
„Kaufmann von Venedig" enthaltenen Worte kürzlich von der Theater-
Censur einer rühmlichst bekannten Großmacht gestrichen worden sein, da man
in denselben eine unziemliche Anspielung aus den labvrint hi scheu Fort-
schritt einer gewissen neuen Aera im Allgemeinen, so wie eine boshafte
Satire aus die Errungenschaft gewisser ministerieller Verhaltungsmaß-
regeln sür wahlberechtigte Beamte insbesondere gesunden haben will.
Uem düröetem Gögentheul ßu dör Ocrklörung dllseS Freubörrn von
Vüncke erkläre üch mür grade dößhalb sür döm Abgöordnetcn Vürchcw,
nücht obgleuch, sondern weulDüscr bcudörVcrtheudizunz dös Hazen'schea
Antrages düsem Hörrn von Patow vor döm Möster genommen und
ßerlögt, und stich so ün der That als Prosöstor dör Patowlogüsche»
Anatomü bewährt hat. Zwickauer.
Hin Aichard Wagner.
Du kehrst jetzt ungehindert, Freund, zurück
InS Vaterland, daS dir ans Herz gewachsen.
Sonst neideten wir dir dein Künstlcrglück,
Jetzt neiden wir dir noch, daß du — aus Sachsen!
Einige groß mächtige Flüchtlinge.
Zn das Album eines Assessors.
Dichte, wie du, wenn tu Minister wirst,
Wünschen wirst gedichtet zu haben!
_ Cocceji.
Seit vierzehn Tagen sind wir durchaus nicht so sehr zurückzeschritten, al>
böswillige Stimmen uns glauben machen wollen; im Gezcntheil baden m
einen Fortschritt zu verzeichnen den wir mit Freuden begrüßen, eine,
Fortschritt von dem wir wünschen, daß er »ns bessere, jrohcre Slu»
den bringen möge, eine» Fortschritt der sich in jeder Woche heilsam de
währen soll und wird: den „Fortschritt" — von Ludwig WalcSrode.
Barometer der nagelneuesten Aera.
Im März — angenehme Temperatur.
Im April — kühl Wetter.
Rtadderadatsch.
Vom drolligen Mann und Frau Fortuna.
(Ans -cm Chinesischen. Eine moralische Geschichte ohne Moral, sintemalen selbige sich sclbstrn Jeder ziehen kann.)
Ist 'mal ein drolliger Mann gewesen,
Ter wollt' von Dornen Trauben lesen;
Am Tage guckl' er nach den Sternen,
Im Winter wollt' er schwimmen lernen,
Im Sommer wollt' er Schlitten fahren.
Im Treibhaus wollt' er Eis verwahren,
Mit Sieben wollt' er Wasser holen,
Im Goldsand sucht' er nur — nach Kohlen,
Und als er saß im Kohlenstollen,
Hat Gold durchaus er finden wollen;
Und wenn daS leider nicht so ging,
Da ärgert ihn das bös- Ding.
Trotzdem war unsrem droll'gen Mann
Fortuna seltsam zugethan,
Bracht' Gold und Schätze ihm inS HauS;
Er aber wie« die Frau hinaus,
Sprach: Wa« mir Lebenssreude schafft,
Will ich nur durch die eigne Krast!
Er sprach'» und sann viel Jahre nun
Darüber nach: WaS soll ich thun?
Und wieder kam Fortuna her
Und bracht' ihm Titel, Rang und Ebr':
.Nimm'S an, doch zeig' dich dessen werth,
WaS unverdient dir ward bescheert."
WaS that der Mann? — Er wies sie sort:
Ich mag nicht Ehren aus Accerd!
Wenn ich nur wollte, müßt' im Reich
Man mich zum Kanzler küren gleich.
Ich sübl's, ich Hab' die Krast dazu! —
Drauf sann er wieder nach in Ruh,
Wie, wenn er erst nur Kanzler wär',
Er steigen könnt' zur Kaiser-Ehr.
Und sich, da kam zum droll'gen Herrn
Fortuna, bracht' ihm Krön' und Stern,
Und sprach: „Hier ist, waö du begehrt,
Das stärkste Sccpter dieser Erd'.
Willst du'S?" — Da sprach der Droll'ge: Nein!
Jetzt will ich grad' nicht Kaiser sein!
Jetzt will ich sehn, wie Knechtschaft thut
Und wie dem Sklaven ist zu Muth.
Da sprach Fortuna: „Nun, eS sei!
So lebe denn in Sklaverei!"
Nun ging » — was Wunder? — bald im Trab'
Mit unserm droll'gen Mann bergab:
War bald verarmt, ohn' Hos und HauS,
Zog bettelnd in die Welt hinaus;
Doch blieb er selbst im Unglück dann
Noch immerfort der droll'ge Mann.
Denn als er in dcS Hungers Lual
An reichem Herde sag einmal,
Hat er sich drob den Kops zerbrochen:
Wie kann man ohne Feuer kochen?
Hat drüber Tops und Fleisch und Esten,
Und vor dem Tod — sich selbst vergessen.
Kladderadatsch.
Feuilleton. —
Hheater-Kuriolum.
„Gobbo. Müsse, junger Herr, sei er so gut, wo gehe ich zu des Herrn
Jude» seinem Hause hin?
Lanzelot. Schlagt euch rechter Hand an der nächsten Ecke, aber bei
der allernächsten Ecke linker Hand; versteht, bei der ersten nächsten Ecke schlagt
euch weder rechts noch links, sondern dreht euch schnurgerade aus nach des
Juden seinem Hause herum.
Gobbo. Potz Welterchen, daü wird ein schlimmer Weg zu finden sein!"
Unglaubwürdigem Vernehmen nach sollen die obigen in Act. II, Sc. 2. des
„Kaufmann von Venedig" enthaltenen Worte kürzlich von der Theater-
Censur einer rühmlichst bekannten Großmacht gestrichen worden sein, da man
in denselben eine unziemliche Anspielung aus den labvrint hi scheu Fort-
schritt einer gewissen neuen Aera im Allgemeinen, so wie eine boshafte
Satire aus die Errungenschaft gewisser ministerieller Verhaltungsmaß-
regeln sür wahlberechtigte Beamte insbesondere gesunden haben will.
Uem düröetem Gögentheul ßu dör Ocrklörung dllseS Freubörrn von
Vüncke erkläre üch mür grade dößhalb sür döm Abgöordnetcn Vürchcw,
nücht obgleuch, sondern weulDüscr bcudörVcrtheudizunz dös Hazen'schea
Antrages düsem Hörrn von Patow vor döm Möster genommen und
ßerlögt, und stich so ün der That als Prosöstor dör Patowlogüsche»
Anatomü bewährt hat. Zwickauer.
Hin Aichard Wagner.
Du kehrst jetzt ungehindert, Freund, zurück
InS Vaterland, daS dir ans Herz gewachsen.
Sonst neideten wir dir dein Künstlcrglück,
Jetzt neiden wir dir noch, daß du — aus Sachsen!
Einige groß mächtige Flüchtlinge.
Zn das Album eines Assessors.
Dichte, wie du, wenn tu Minister wirst,
Wünschen wirst gedichtet zu haben!
_ Cocceji.
Seit vierzehn Tagen sind wir durchaus nicht so sehr zurückzeschritten, al>
böswillige Stimmen uns glauben machen wollen; im Gezcntheil baden m
einen Fortschritt zu verzeichnen den wir mit Freuden begrüßen, eine,
Fortschritt von dem wir wünschen, daß er »ns bessere, jrohcre Slu»
den bringen möge, eine» Fortschritt der sich in jeder Woche heilsam de
währen soll und wird: den „Fortschritt" — von Ludwig WalcSrode.
Barometer der nagelneuesten Aera.
Im März — angenehme Temperatur.
Im April — kühl Wetter.