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OG Auf rinrm Hrillr.

^!,ii Galafrack stehn schmuck und nett
Gefeierte Diplomaten
An lieblich duftendem Buffet,
Reich strotzend von Wein und Braten.
Verstohlen in der Düfte Kranz
Mischt sich der Chester-Käse;
Die Fiedel klingt zu lusl'gem Tanz,
ES beginnt die Polonaise.

Famoser Scherz! Die Dienerschaft
Maskirt » I» Siwockrs l
WaS denken? — magniperber Saft! —
Von, dönhosSplätzlichen Trotze?
WaS. Exccllenz, von SEINEM Sinn
In cdose Polonaise?
Wo soll daS Alles führen hin?
(Der Tanzmeister unterbricht das Gespräch durch den ZurusZ
Usssieurs, schnell zur kranpaise!

Nur Kühnheit — Personal-Union —
Warschau — Erobrung — Kalisch —
Die Frage — große Action —
Im Grunde — orientalisch —
Politische Fernsicht — Weltgcschicht' —
sl bas die kleinen Knäse!
Wir fragen nach Landbotcn nicht
Und nicht nach —
(Der Tanzmeister unterbricht die Expeclorationen durch den Ccmmandorus:)
6da!ne anglaisel
Wie aber denken Excellenz,
Wenn eS erlaubt zu fragen,
Von solcher Schritte Consequenz?
WaS wird Europa sagen?-
Unsinn! Wa« immer raisonnirt —
Ob ganze Welt auch brenne —
Hab' jetzt nicht Zeit: bi» engagirt
Zur letzten — 6racovienuo!

Kladderadatsch.

Feuilleton.

Einem so eben eingltroffenen Telegramme zufolge hat der Prinz von
Wales bei seiner Ausnahme in die Innung der Fischhändler folgenden
Schwur zu leisten gehabt:
»Ich beschwöre u. s. w., von nun an mich nur mit Angeln zu be-
schäftigen, nie einen Engländer wieder mit Blei zu tractiren', noch barsch
auszufahren. Ich schwöre, mich vor den Bücklingen und Zungen aus
Frankreich in Achtzzu nehmen, und sür jeden Stichling des Auslandes eine
englische Quappe zu verabreichen; stets dafür zu sorgen, daß die Sarcli nss
» I'duils die gehörige Größe haben und nicht zu fest gepackt, die russi-
schen ^ucbovis hingegen nicht mit zu vielem englischem Gewürz versehen
werden. Ich will Kieler Sprotten, als einen sehr telicalen Bissen, stets
im Auge behalten, und niemals dulden, daß die polnischen Kar psen zu
stark gezwiebelt werden. Nie werde ich zugeben, daß Salme, Zander.
Heringe und Plötze von der preußischen Küste nach England im-
p ortirt werden oder gar dort laichen. Ich werde in meinen beiden Häusern
nie Stockfische halten, aber stets mit neun Augen und Goldfischen
»ersehen sein.'
Nach der Ableistung di^eZ EideS legte der Altmeister der Innung dem
Prinzen noch die allgemeine Frage vor, welche Ansicht er von Backfischen
habe, welche Frage er dahin beantwortete, daß er nichts davon halte, sondern
sich in nächster Zeit einzig und allein mit einem dänischen Seeengel sSqua-
tina Loxelus) beschäftigen werde, aber hoffe, in einigen Jahren im Besitze
mehrerer Krabben zu sein, die er dann drm englischen Geschmack ent-
sprechend zurichten würde.

ÜU8 Zjoung'H') Zkachlgedanken.
„Die Gränzen sind zu lang! — Entdeckt
Ist so des Unglücks Schuld!
Die Gränzen sind zu lang gestreckt —
Die Gränzen — unserer Geduld!
Frankreich bat Polen stets gebraucht und dann fallen lassen, und
andere Staaten fallen lassen, um sic Han» zu gebrauchen.
Der preußischen Politik ist eS gelungen, nickt nur Deutschland einig zu
machen, sondern ganz Europa einig zu mache» — über die preußische
Politik.
Eine undurchsichtigePolitik ist eine, die keine — Perspective hat.

Zn der Prenzlauer Straße herrscht große Ausregung. Der da-
selbst angesessene in Berlin rühmlichft bekannte königliche Hoflieferant
Herr Adolph Behrens bat »ach einen, Inserat in der Vossischcn Zeitung
bei dem Feste der ehemaligen freiwilligen Jäger und Kampfgenossen eine große
Rede gehalten, die von „Pulverdamp s," „Schlachtgctümmel," „Vor-
wärts mit Gott sür König und Vaterland!" „Pochenden Män-
nerherzen!" „Trommelwirbel," „Eisernem Würfelspiel," „Blut,
Eisen und Kanonendonner" — überströmte.
Schandblätter, an denen Berlin jetzt leider so reich ist, haben nun hinter-
her die steche und verleumderische Behauptung ausgestellt, daß Herr Adolph
BehrenS nicht nur 1813, sondern auch in den, dazwisckcu liegenden Zeit-
raum bis 1863 niemals etwas anderes als Inseetenpulvcr, und zwar
dieses nur durch Blasebälge in seiner ./Niederlage fertiger Herren-
kleidcr" verschossen und gerochen habe. Herr Adolph BehrenS hat
eS unter seiner Würde gehalten, derartigen frechen Verleumdungen einer Le-
moralisirten Presse auch nur die geringste Beacktung zu schenken, sich vielmehr
entschlossen, diesen böswilligen Gerückten nickt mit dem Wort, sondern mit
der That entgegenzutrcten. Herr BehrenS ist dabcr bereits gestern zu den
an der polnischen Gränze versammelten preußischen Truppen gestoßen und
wird wahrscheinlich noch vor Ende dieser Woche ganz allein bis Warschau
Vorgehen.
Mögen jene elenden vatcrlandSverrätherischen Literalen dann auch noch
dreist bcbaupten, daß der Einkauf der jetzt sebr im Preise gesunkenen War-
schauer Schlafröcke der leitende Gedanke dieses Feldzuges sei: das Be-
wußtsein als „alter Veteran" und „freiwilliger Kampfgenosse" im
wasserdichten Kugelregen gestanden zu baben, wird den Preis, um den
eS sich handelt, nicht zu schmälern im Stande sein.
„Emballage frei. Kisten retour!"
Ein Freund der Wahrheit.

»I Nicki eins ter kantraib, ter bin Sicieiickici von ivskewekv veibailen ließ.

Nach einer Mittheilung der Gerichlszeitung läßt der Graf Stolberg
in seinen Eisenwerken eiserne Oesen in Form geharnischter Ritter iu
Lebensgröße gießen, deren Construclion geringes Heizmaterial erfordern soll.
ES wäre interessant, zu erfahren, wie viel Drouin'sche Noten erforderlich
wären, die Ritter glühend zu machen, in denen die durch Papier erzeugte
Hitze — sehr schnell zu verstiegen pflegt.

Frankreich will bei der Eonvenlion im Trüben sischen. Vielleicht wer-
den wir bei dieser Gelegenheit unsere Salme, Plötze, Zander, Heringe
und Sardellen loS.
 
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