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Milde Invalide

Ich hör' lin mächtig Rauschen,
Schwertklirren und Hörnerton.
Mein Auge ist erloschen —
Sag an, waS schaust du, mein Sohn?
„Ich sch' in der Rüstung blitzen
Mel tausend, taustnd Mann.
ES bricht der Tag der Rache,
Der FreihcitStag bricht an!"
Sie haben so lang' geredet
Und haben nichts gethan!
Ist'« Wahrheit, daß in Waffen,
Die deutschen Brüder »ahn?
„Sie nahn, um zu zerschlagen
DeS Dänen eisern Joch.
Fehlt auch noch manches Fähnlein,
ES stellt zum Kampf sich doch!"
Wer kommt von Sachsens Gauen,
Und wer von Baiern heran?
Siehst du die Fahnen fliegen
DeS braven von der Tann?
„Den Sachsen kam — o Jammer! —
Der Bundestag inS Geheg;
Von München bis zum Strande
Ist gar ein weiter Weg."

Den Sieger vom Danewirke,
Sichst du ihn hoch zu Pferd?
Den biedern Vater Wrangel,
Siehst funkeln d» sein Schwert?
„Gern liehe der Alte fühlen
Den Dänen seine» Groll —
Verstehn Sic mir? — doch hemmt ihn
DaS Londoner Protokoll."
Der tapfere Held von Kolding,
Der starke Degen Bon in —
Ws steht er mit seiner Garde?
Gewiß doch schaust du ihn?
„Dian rief ihn nicht; noch glänzt nicht
Voran sein Silberhaar;
Vielleicht wird man ihn rufen
In Stunden der Gefahr!"
Schaust du nicht CoburgS Herzog?
Potz Christian und Gcsion!
Wo bleibt der starte Jungmann
Von Eckernförde, mein Sohn?
„Der Jung mann hat zu Grabe
Gelegt sein »rüdeS Haupt;
Der Herzog aber wird kommen,
Wenn'S — Oesterreich erlaubt!"

lind all' die andrrn Streiter,
Die einst geschaart so dicht
Ilm das dicifarv'ge Banner —
Siehst du sie kommen nicht?
„Vergessen und verschollen.
Versunken in Noth und Tod,
Vcrbungert bei des Bundes
Armseligem Gnadenbrot!"
lind schaust du unsere Flotte
Herschwimmcn im Morqcnstrahl,
Am Mast die deutsche Flagge?
Wer ist der Admiral?
„Wohl seh' ich von der Jahde
Schwarzweiße Wimpel wcbn;
Doch von der deutschen Flotte
Ist, ach! nichts mehr zu sehn!

--- -PIIU?, u.»c ouic gurgle»
Führen daS Rachchcer?
„Die Völker zieh» zum Streite -
O Vater, waS willst du mehr?"
Und sind die Völker erstanden
Und fliegen zum Kampf herbei:
Dann Heil uns, deutsche Brüder,
Dann werden wir endlich frei!

Kladderadatsch.

'TDIseuilleton


Vorschläge zur Züchtigung der sündhaften Stadl
Berlin.
ES sind in tie'er dringenden Angelegenheit bereits von der „Berliner
Revue" Vorschläge gemacht, welche aber theilS mit der bekannten Virtuosität
der „Revue" daS Ziel verfehlen, theilS gar der Art sind, daß wir befürchten
müssen, daS gutmülhizc Organ habe sich durch einen fortschrittlichen Spaß-
vogel dupircn lassen. Wir bringen daher auch unsrerseits eine Anzahl von
Vorschlägen, welche sich durch geschmackvolle Auswahl und leichte Ausführ-
barkeit empfehlen. Ihr Ziel ist: das gänzliche Heruntcrkomincn der
Stadt Berlin und die endliche Verwandlung der jetzt mit Palästen besetzten
Fläche in eine Wüste, wo der Eremit horstet und die Eule pfeift. Unsre
Vorschläge sind folgende:
1. Alle nach Berlin führenden Eisenbahnen werden abgebrochen. Dagegen
wird eine Bahn von Dummerwitz nach Kiekow gebaut.
2. Der freche, übermütbig hohe RathhauSlhurm wird Licht über dem Dache
deS RalhhauseS abgeschnitten.
8. Die Universität wird nach Stralow verlegt.
4. Die Herren Wagner, Urban, Wantrup und Panse dürfen sich
nicht in Berlin aushalten, um kei» Zusammenströmen von Fremden zu
veranlassen.
5. DaS Schubert'sche Bierlocal wird mitten in den Grunewald ver-
setzt. Die Umgebung desselben wird durch zuverlässige Räuber unsicher
gemacht.
6. Sämmtliche Milchsrauen werden eines Morgens bei ihrem Erscheinen
confiscirt. Folge davon ist der sofortige Untergang der scrophulöS-
demckratischcn Päpp-lbrut.
7. Die patriotische Vereinigung schaart sich um daS Brandenburg-
Denkmal und sucht mit demselben eine neue Heimat im fernen Westen.
Der Schlüssel aber ist immer noch auf der Thorwache zu habe».
8. Auf den Straßen wird GraS gesäet.
S. Die im zoologischen Garten befindlichen Füchse, Schakale und Eulen
werden unter den Linden fliegen gelassen.
FO. Die „Berliner Revue" verläßt mit ihrem ganzen Personal die
sündhafte Stadt Berlin und begibt sich unter den Ruf: ,-bprös nous
Io lleluge!" ohne Aufenthalt — zum Kukuk.
Die Commission des Kladderadatsch zur Wüstlegung
der Stadt Berlin.

-Zsserlci aus Schsesmig-Hosstei», via London.
Die „Times" schreibt: So eben kommt Mr. Smith an und versichert
unS, Laß er auf einer fünfjährigen Reite durch Schleswig-Holstein auch nicht
einen einzigen Deutschen getroffen habe. DaS Land ist obne Ausnahme
nur von Dänen bewohnt. Da haben wir's! Die ganze Strcilfrage ist
damit bcigelegt.
Der „Herald" berichtet: Der Schmerz der SchlcSwig-Holstcincr über
den Tod Friedrichs VIl. ist gränzenlos. Sic nannten ihn immer „Vater".
Seine Liebenswürdigkeit, seine Gründlichkeit auf gristigem Gebiet, seine um-
jasscnde Kenntniß vieler deutscher Vocabeln lassen dies begreiflich erscheinen.
Mit Wchmuth gedenkt man der heißgeliebten LandeSmutter. Diese war be-
kanntlich eine Dcutsebe aus dem uralten Ge ck'lecht der RaSmusscn.
Die „Preß" vergleicht len deutsch-däni-rben Krieg von 184g mit
dem Zuge deS ikcrreS gegen die Griechen. Aebnlicb wie der Pcrserkönig,
sagt sie, so zog auch Wrangel mit hunderttausend gepanzerten Reitern und
unzähligem Fußvolk über den Sund. Und kaum vierzehn Tage nachher stieß ein
kleines Boot von Holsteins Strande ab und landete nach stürmischer Mccr-
fahrt an der Küste von Böhmen. Ein Mann stieg auS. Eö war Wrangel —
ganz allein. Alle seine Mannen lagen auf Holsteins Feldern, erschlagen von
der tapferen Dänenfaust. Von den Dänen waren nur Wenige verwundet,
gefallen Keiner.
Der „Spcctatvr" stellt eine „vorurtbcilsfrcie" Vergleichung zwischen
Dänen und Deutschen a». Der Deutsche ist „plump, ungebildet, mordsüchtiz,
besitzt keinen einzigen Dichter, will Asien erobern, ist häßlich, hat den Bundes-
tag und die Trichinen." Der Däne ist „schön, klag, tap'er, musikalisch, hat
eine angenehme Sprache, hat Grütze (Grütze — Verstand. D. Red.), liebt
SnapS (SnapS — Wissenschaft. Die Red.), bat Dichter und Scekönizc."
Daher würde der Einmarsch der Teutonen in Holstein dem Nebersall
Europas durch die Mongolen vollständig gleich sehen, und der Sieg teuto-
nischer Horden an der Eider würde daS Culturlebcn deS Ab-ndlandeS auf
Jahrtausende vernichten.

Nun muß es- sich endlich entscheiden! Entweder eS ist, wie ich immer
gesagt, etwas in Dänemark, cdcrAlles in Deutschland ist cS!
Hamlet,
Erbprinz a. D.
 
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