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Kladderadatsch: Humoristisch-satirisches Wochenblatt — 52.1899

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Hefte 45-48, November 1899
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yy

ctwad ästhetisch vergoldet (ml, um? wir »ach-
gerade laut» anders als mit Ekel betrachten
könne», Den» erstens bat der Dichter hier eine
menschliche Sphäre behandelt, die uns mit ihren
abstrakten Typen beschränklcstcr Menschen und
mit ihrem naturwidrigen Konservatismus
mindestens recht kalt lässt. Zweitens ist dieses
Wer! seither beinahe zu einem Finch deutscher
BildungSmeierei geworden, insonderheit auf dem
Weg durch unsere Gymnasien." Mau kann zu-
geben, das, auf vielen Gpmnasic» mit dem Zer-
pflücke» und Zerfasern der schlichte» Dichtung
grober Unfug getrieben wird, aber sonst must man
doch schon Socialdemokrat sein, um so zu »rthcilen.
Weil die gesunde» Menschen dcS Gedichts, denen
kein hirnverbrannter Agitator allerlei Unsinn in
den Kopf gesetzt hat, sich in ihrem ruhigen und
tüchtigen Leben glücklich und zufrieden fühle»,
deshalb soll man sic „mit Ekel betrachten" müssen!

Bocholt. I, f: Im „Bocholter VolkS-
blati" (Nr. 310) findet sich folgende Bekannt-
machung:

„Am 30, Juli er,, gegen 6 Uhr Nachmittags,
ist in Steuern die Leiche eines unbekannten
Mannes gesunden worden. Bei der Leiche be-
sandcn sich folgende Gegenstände:
t Schnapsslasche,

1 Brille mit Etui,

1 Stück Bindfaden,

1 Beutel mit
a. Taschenuhr und Kette,
h, ein Taschenuhr-Gehäuse,
o, ein Taschenspiegel,

(I. 10 Pf. baar Geld,

Der rechtmäßige Verlierer bczw. Eigenthümer
wolle sich innerhalb drei Monaten ans dem
Bürcau des Unterzeichneten zur Geltendmachung
seiner Ansprüche melden.

Bocholt, de» 10. November 1899.

Der Amtmann»:

Sollte nicht der unbekannte Mann, der als
Leiche gefunden wurde, der rechtmäßige Besitzer
dieser.Herrlichkeiten gewesen sei»?

Brnuiischwcig. 15. T.: Für unser Blatt
nicht verwendbar,

Cassel. D.: Auf einem Reelamczcllcl wird
„Haas' Dauermilch" empsohle» und, nach-
dem ihr vieles Gute »achgerühmt worden ist,
hinzugefügt: „Schließlich sei noch aus die Gefahr
hingcwicsen, die durch Ernährung der Milch
bervorgenlfcn wird, welche von tuberkulöse»
Kühen stammt. Erfahrungsgemäß wandern diese
Erbfeinde der Menschheit auch in die Milch und
vermehren sich dort in unheimlicher Menge,
Siechthum und Elend dem bringend, der solche
Milch genießt." Erbfeinde der Menschheit mögen
ja mit Neckst die tuberkulösen Kühe genannt
werde», daß sic aber i» die Milch wandern und
sich in ihr vermehren, ist nicht richtig.

Dresden. A.: Das „Dresdener Journal"
(Nr. 267) Iheilt unter „Oertlichcm" mit: „Ihre
K aiscrl. und Königl. Hoheit die F- r a n P r i n z e s s i»
Friedrich August besuchte am Dienstag das
hiesige „Lehrerinnenheim," wo unter Höchst-
ihrcm Ehrensitze eine VorstandSsitzung stallfand,"
Ter Vorstand must sich dazu recht klein gemacht

Erfurt. Klub Nulpe, Dem „Soestcr
Kreisblalt" wird ans Hagen geschrieben: „N i ch l e r
hat diese» Kreis (den Wahlkreis Hagen) während
des abgelanfencn Jahrhunderts ununterbrochen
vertreten, freilich nur im Reichstag," In einem
kurze» Satz drei Unrichtigkeiten, Erstens ist das
Jahrhundert'noch nicht abgelaufen, zweitens be-
steht der deutsche Reichstag erst seit >871, drittens
ist Engen noch nicht sei, 99 Jahren Volksver-
treter, ja »och nicht einmal ganz 99 Jahre alt.
Frankenberg i. H. T.: Tie in Cassel er-
scheinende „Hessische Post" (Nr. 405) schreibt:
„Wie uns aus Helsa gemeldet wird, wurden
dort dem Bahnmeister Epenius 1K Hühner
von einem Marder in voriger Nacht anf-
flcfrctfen." Ter Marder muß einen gesunden
Appetit gehabt haben und schließlich recht ge
schivollcn gewesen sein.

Frankfurt a. M. 3.: In einer Notiz über
die Statistik der Deutsche» Neichspost- und
Telegraphcn-Bcrwallung bemerkt die „Frankfurter
Zeitung" vom 18. Nov,: „Man braucht ans dem
Rückgang der nnfrankirl ausgcgcbcnen Briese
noch nicht auf eine Abnahme der Höflichkeit oder
Vergeßlichkeit zu schließen." TaS ist ja sehr
beruhigend, zumal was die Vergeßlichkeit anbclrisft,
Görlitz, v, öi.: Den, „Berliner Tageblatt"
(Nr. 537) wird Iclegraphirt: „London, 16. 5llov,

lPrivat-Telegramm): Ich erfahre, dasei» ganzer
Panzerzng mit 40 Man» und Leutnant Churchill
thcils ladt, theils verwundet und gefangen in
die Hände der Buren gefalle» ist," Es ist
nicht ganz leicht, sich einen theils todten,
theils verwundeten Panzerzug vorzustcllen.
Uebrigcns enthält das „Arnstädtische Nachrichts
und Jntclligenzblatt" vom in, Nov. dieselbe schwer
verständliche Nrnhiiitn, M,: In, „'Renen
Görlitzer Anzeiger" (Nr. 270) liest man:
„VcreinShaiiS. Mittwoch, den 22. Nov.,
Abends 7>/2 Uhr: Zur 10 000 jährigen Er
inner,,„gsfeicr: Die Schöpfung." Auch
wir zerbrechen uns vergebens den Kops darüber,
was im Jahre 8201 v, Chr, Merkwürdiges passirt
sein mag. Selbst die „Schöpfung" bat doch auch
nach dem Kalender erst vor 5848 Jahren statt-
gesnnden.

Hagenau. 3.: In der Erzählung „Die

Rü 11 e „a „er is, Nr, 934 der „Straßburger Pos,",
heißt es: „Anton Pfcilschnilt sah der Fremden
durch? Fenster »ach, wie sie draußen auf dem
Wege langsam Dörnach zuwandelte. Es war
schmerzlich, sie Weggehen zu sehe». Aber ent-
zückcnd, sic überhaupt zu sehen, besonders eben,
so im langsamen Wandeln. Das Spiel ihrer
schlanken Hüsten unter den, leichten anliegenden
Stoff hatte etwas Berauschendes." Na, na!

Halle. S,: Der „General Anzeiger für

Halle und den Saalkreis" (Nr. 243) gibt in
seinem Briefkasten folgenden Bescheid: „Es dürste
genügen: „Ihrer Majestät, der Königin Victoria
von Großbritannien, Sr. Majestät, dem Kaiser
von Rußland, Sr. Majestät dem Schah von Per-
sien. Anrede: Eure König!. tKaiscrl.) Majestät,
Redeweiidnngen: Allcrgnädigst, allerunlerthänigst,
huldvoll, ehrfurchtsvoll, in liesster Ehrsnrcht,
Schluß: In liesster Ehrsurckst verharre ich Eurer
König!. Majestät allergnüdigstcr Diener," „Aller-
gnädigster Diener" klingt Königen und Kaisern
gegenüber entschieden zu vertraulich.

Hamburg. 93. G.: Die „Neue Hamburger
Zeitung" (Nr.538) meldet: Amstcrdan,, lö.Rov.
(Privatmeldung): Ei» Orkan richtete gestern
großen Schaden in SJinuibcn an. Im Hafen
war das Wasser 242 Meter über den gewöhnlichen
Stand und die Stadl war zum größten Theil
überschwemmt." Man muß sich wundern, daß
die Stadt nicht vom Erdboden verschwunden ist. —
A. K,: Dem „Hamburger Fremdenblatt" wird ge-
meldet: „DieManlifaetnr-Engrossirina Decastro
Decapna >V Co. befindet sich mit 2314 Millionen.
Passiven in Zahlnngsstorknng." Wenn schon, denn
schon! Bei einer solchen Summe ist wenigstens
volle Sicherheit vorhanden, daß für die Gläubiger
nichts herauskommt. Wie können sie aber auch
Decastro Decapna & Co, so vielGeld borgen?—
Th, B,: In den „Hamburger Nachrichten" vom
18. Nov, findet sich folgendes Inserat: ..vno
maison du Schwarzwald, faisnnt la specialite
des Kirsel,- und Zwetschgon-Wasser deniande
un represctant serieuse ponr la vento de ses
produils sur la place de Hambourg “ Es ist zu
einfältig von einem Deutsche», in einem Deutschen
Blatt französisch zu inierire», zumal wenn er nicht
einmal richtig französisch schreiben kann.

Hannover. E. D,: Mil Dank abgelchnt,

Hildburghansen. P. C.: In einem Ein
gesandt der „Dorszcitnng" vom 15, Nov. wird
die Schulaufsicht ein „Anarchismus" genannt.
Hüte dich vor den Fremdwörter»!

Köln. A. L.: Wir haben etwas Achnliches
schon vorgeschlagen. — Br.: Mit Dank ab-
gelchnt.

Leer. O, Z: I», „Leerer Anzeigcblatt"
<Nr. 263) sagt Jan Bocrhaven in eine»,
Artikel über Transvaal und seinen Präsidenten:
„Man hat also alle Ursache, Berichte über das
Wesen eines freien, sich selbst regierenden Volkes,
ivic sie i» de» Zeitungen erscheine», „cum grano
salis" lzu deutsch: „mit einem Zentner Salz!")
z» verstehen." Latein und allgemeine Bildung
ganz schwach!

Leipzig. .1°.: Mit Dank abgelehnt,

Magdeburg. Kr. M. S,: S. Berlin,

Metz. l>r. S,: Wir müssen ein wenig „och
damit warte».

München. B,: Wir finde» cs nicht hübsch,
sich über den Abgeordneten Priegcr lustig zu
machen, der im baiirischen Landtage stürmische
Heiterkeit durch die Bemerkung erregte: „Es ist
eine große Frage, ob wir Samoa nicht verlieren."
Ihm winde zugenisen: „Sie haben wohl die
Zriiung nicht gelesen?" Natürlich hat er sie
nicht gelesen, aber weshalb nicht? Er kann
wahrscheinlich nicht lesen. Das ist bedauerlich,

sollte aber doch fein Grund icin, ihn z» ver-
höhnen. M. E,: Sie habe» Ihren für »ns
bestimmtenKarlcnbricfadressirl: „An die Redaktion
des Kladderadatsch in Potsdam," Das ist nicht
hübsch. Auf die Rückseite des Briefes hat die
Potsdamer Postbehörde geictzi: „Empfänger in
Potsdam durch Ausruf im Briefkrägersaal nicht
ermittelt." Das ist noch schlimmer. — Uv, M.:
Im „General Anzeiger der Münchner Neuesten
Nachrichten" (Nr. 527) liest man: „Masseuse
in alle» Theilen und in guter Ausführung,
empsiehlt sich den titl. Herrschaften in und außer
dem Hause, Bin me „st r. 29, III, 2. Ansg,"
Mil dem Ausdruck „in allen Theilen" will die
Dame offenbar sagen, daß sic geneigt ist, in allen
Theilen der Stadt München zu arbeiten,

Münster. I. P.: Im „Münsterischen An-
zeiger" vom 18, Nov, empsiehlt Albert Sewin
Wwe, Wohlsahrtsloose unter dem Motto:

„Das nröfttc raiiiif.

Da»E»röbte Schwei»,

Eine Schmeichelei für die bei Sewins Wwe,
Einkchrcnden liegt gerade nicht darin.

Oschatz. W. B.: Die „Oschaper Gemein-
nützige» Blätter" (Nr. 268) schreiben: „Zu dem
Kriege in Südafrika erwachsen den Engländern
neue Schwierigkeiten in Nordamerika. Im Sudan
bat es der Khalif für rathiam gehalten, von
Kordofan aus, wohin er sich seiner Zeit nach
seiner Niederlage bei Khartum zurückgezogen hatte,
nach Abbach vorzudringen", Geographie schwach.

Plaue». F.: Im Briefkasten des „Vogt-
ländischen Auzcigcrs und Tageblatts" (Nr.262) wird
folgende Auskunft gegeben: „Kaiser Wilhelm I.
war 183,7 m. Kaiser Friedrich 185,8 m
groß. Die Körperlänge Kaiser Wilhelms 11,
beträgt 172,8 m," Das Blatt hat sich von
einem taclloscn Spaßvogel etwas ausbinden lassen.

Preetz. H.: Die „Prcctzer Zeitung" vom
18, November schreibt: „Bekanntlich ist da?
modernste deutsche Schlachtschiff, das Linienschiff
„Kaiser Wilhelm III." anscrsehen, den Kaiser
»ach England zu geleiten." Bekanntlich ist ei»
Wort, mit dem man nicht vorsichtig genug um-
gehe» kann.

Staßfurt. W, H,: Nicht verwendbar,

Straßburg i. E. N.: Der „Berliner Lokal-
Anzeiger" (Nr, 52t) behauptet von dem König
Ferdinand II. von Portugal: „Durch sächsisch-
eobnrg - gothaische Erhebung zur Gräfin von
Edla ernannt, vermählte sich der König am

10, Juni 1869 mit Miß Hensler, die als
Sängerin an der königlichen Oper zu Lissabon
gewirkt hatte." Das fingt recht unwahrscheinlich,
obgleich ja unter dem hochseligen Herzog Ernst
in Coburg jedes Adelsprädical zu kaufen war.

Stuttgart. R, W,: Nach der „Schwäbischen
Kronik" (Nr. 503) ist es in Ihrem Gemeinderath
zur Sprache gekommen, daß die alle Tampjspritze
Nr. III einen auffallend starken Funkenregen
auSwirsl. Der mit der jährlichen Prüfung der
Spritzen beanstragte Ingenieur bezeichnet sie des-
halb als säst feuergefährlich und wünscht sie durch
eine neue ersetzt zu sehen. Die Bauabtheilung
dagegen meint, „was den Funkenauswurf betreffe,
so sei dies zwar ein Mißstand, aber eine besondere
Feucrsgcsahr sei damit nicht verbunden, da ja
die Feuerwehr zur Stelle sei, wenn die Spritze
benutzt werde." Man sollte doch lieber noch eine
Dampfspritzc anschaffen, die immer mit ansriickt
und nur dazu bestimmt ist, sogleich einzugreise»,
wen» doch einmal durch den Funkenauswurf der
Spritze Nr, III ei» Brand entsteht. So wird es
unjcres Wissens auch in Schilda gehalten, wo
man dieselbe» Schwierigkeiten mit einer veralteten
Dampfspritzc hat.

Zerbst. W. II.: Der „Magdeburgischen
Zeitung" (Nr. 584) wird aus Berlin geschrieben:
„Der neue Jnspeclcur deS Bildungswejens der
Marine, Contreadmiral v. Armin, ist am

11, Juli 1688 Leutnant zur See geworden,"
Früher war das Avancement eben erheblich lang-

„Pa. geränch. Speck, Psd, 68 Pf.

„ „ Mettwurst, Psd. 1 M„

„ „ Natürbutter Psd. 1 M,"

Wir können uns nicht denken, daß geräucherte
Butler gut schmeckt.

k dkl an uns gerichteten Zusendungen
S uutierlangl zugkhenden Manuseiipie,

Mkrantw. R-da-t.: I. Trotan, — Beranll». Ittr dk» Jnscralcnlh, I!

»l,HosmonnLa°>np„Zimt
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