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An den Herrn Reichskanzler

Vom „Burenrummel" sprachst du neulich,
Der keinen Vorteil uns gebracht.

Der Ausdruck klang mir nicht erfreulich
Hast, was drin liegt, du aucf) bedacht ?

Wer nahm zuerst in deutschen Landen
Fürs kleine Burenvolk Partei'?

Wer rief laut Bravo, als zu Schanden
Geworden Jamesons Schurkerei?

Cs flog bei uns t'ommt so was vor ja
Ein lraft'ges Telegramm sofort
Zum alten Krüger nach Pretoria;

Hoch war, von dem es kam, der Ort.

Das war gewiß nicht juft politisch,

Zu schweigen hätte sich gehört,

Doch wer bleibt immer kühl und kritisch,
Wenn schnödes Unrecht uns empört?

Es tonnt' uns feinen Vorteil bringen,

Doch ist es nun einmal geschehn,

Trum sollst du, wenn von diesen Dingen
Du sprichst, nach deinen Worten sehn.

Dttrch diplomatisches Geschummel
Wird's nicht hinweginterpretiert:

Den vielberufnen Burenrummel
Hat Kaiser Wilhelm inszeniert.

Die Stadt Weimar hat zur Crgänzung des Mobiliars im Schiller-
Hause die im Besitz des Ingenieurs Koch in Stettin sich befindenden
Möbel aus Schillerls ehemaliger „guter Stube" zu erwerben gesucht,
muhte aber davon abstehen, weil der Besitzer eine Forderung von
40 000 Mark stellte. Als Schiller im Jenseits, wo er mit Goethe,
Lessing und Wieland beim Nektar zusammensah, davon hörte, ries
er aus: „Ach, wenn mir bei meinen Lebzeiten nur der vierte Teil da-
von für die arutseligeu Sachen geboten wäre, wer weih, wie lange ich
noch hätte leben und schaffen können!" Lessing und Wieland fandeit
das richtig, aber der lebenskluge Goethe sagte: „Wer weih, Schiller
ob es nicht doch so besser war, daß du das Geld nicht bekamst. Wer
weih, ob du als steinreicher Mann uns noch so hübsche Sachen gemacht
hättest, wie bu es ohne den Mammon getan hast."

Eine Aktiengesellschaft in Newyork richtet zurzeit ein Spieljchisf
aus, das jeden Tag drei Seemeilen weit ins Meer hinausfahren soll.
Sobald es so weit ist, unterliegt es nicht mehr der Gerichtsbarkeit der
Orts- und Regierungsbehörden, die in Newyork das Glücksspiel nicht
gestalten. Cs kann dann sofort gesetzt und Hazardspiel von aller Art
getrieben werden mit Einschluh von Pokern und Lustiger Sieben.

Als der Spielhöllenfürst Albert von Monaco davon hörte, sagte
er: „Das ist das Wahre! Wie viel kosten mich in Monte Carlo die
Begräbnisse der Selbstmörder! Dieser Aufwand fällt fort auf dem
amerikanischen Spieljchisf. Wer lahtgerupst ist und sich erschossen hat,
wird einfach über Bord geworfen. Die aber über Bord fliegen, werden
begierig von den Haifischen aufgeschnappt, die natürlich in Menge ein
solches Schiff begleiten. Selbstverständlich w'rd man den Unglücks-
pilzen, ehe sie ins Wasser befördert werden, alles, was sie etwa an
wertvollen Gegenständen bei sich haben — die Amerikaner haben ja
häufig viel Gold in den Zähnen — sorgfältig abnehmen. Bei der
heiligen Fortuna, ich habe nicht übel Lust, auch ein solches Schiff
von Stapel taufen zu lassen."

Der preuhische Oberkirchenrai hat am 19. März 1905 den
Geburtstag seines Vizepräsidenten, des Propstes Freiherrn v. d. Goltz,
durch ein Festessen zu 18 M. für das Couvert im Künstlerhauje
gefeiert und dadurch großes Ärgernis erregt. Dah er in der Fastenzeit
ein Couvert für 18 M. verzehrt, ist schlimm; dah er am zweiten
Passionssonntag znm fröhlichen Pokulieren zusammenkommt, ist noch
schlimmer; dah er aber im Künstlerhause, unter demselben Dache kneipt,
unter den: die Berliner Künstler ihre gemalten und gemeihelten
Nuditäten ausstellen, das ist das Schlimmste!

Auf einem Polizeikommissariat in Paris

Kommissar (am Telephon). Wir haben zwanzig russische Flücht-

linge verhaftet-nein, wir können sie nicht freilassen, es liegt

eine Verschwörung vor-nein, Herr Minister, nicht gegen die Ne-

publik, sondern gegen den Zaren. Ich danke, Schluß!

(Der erste der Verhafteten wird vorgeführt.)

Kommissar. Geben Sie zu, sich zum Sturze der Verfassung
Rußlands verschworen ;u haben?

Der Verhaftete. Nein. Nuhland besitzt keine Verfassung.

Kommissar. Was, zutn Teufel! Was wollten Sie eigentlich?

Der Verhaftete. Eine Verfassung einführeit. Die beschlag.
nahmten Papiere beweisen dies.

Kommissar. Es ist gut. Führen Sie den nächsten vor. (Es
geschieht.) Sie heihen Dynamo witsch?

Dynamo witsch. Nichtig.

Kommissar. Sie wollten eine Verfassung in Nuhland einführen?

Dynamowitsch. Stimuli, eine republikanische.

Kommissar. Was? Eine republikanische! Aber wünscht dies
auch der Zar?

Dynamowitsch. Ich glaube kaum.

Kommissar. Sie glauben kamn, und Sie wagen es dennoch?
Führen Sie ihn ab. (Cs geschieht; der Kommissar läht sich mit dem

Minister des Innern telephonisch verbinden und erstattet Bericht.)-

Jawohl Herr Minister, die Nepublik, die bei uns eingeführte Staats-
form -Was sagte der Minister? Esel, glaub' ich. jagte er. Schluß!

„O Gott, o Gott, was soll unter diesen Umständen aus unserer
evangelischen Kirche werden!" rief der „Neichsbote" ans, als die
Nachricht kam, der Oberkirchenrat habe den D. Fischer nicht seines
Amtes enthoben.

Entsetzt starrte die Versammlung der Gläubigen auf den Redner.
Hatten sie darum so schön den Scheiterhaufen gestiftet? Was mm
tun? Da nahm ein jeder sein Scheit, trug es vor sich her und rückte
an gegen die Parochie Fischers wie der Birnauuvald auf Dunfinau.
Denn der Knüttel ist des Glaubens liebstes Kind, wenn die Wunder
verjagen und die grohe Babylonische herangeritten kommt und die
Gohnersche Mission mit einem Defizit von 130 000 M. zu kämpfen hat
zum Zeichen dessen, dah „sich der Herr zum Werke seines Knechtes
Gohner jo sichtbar bekannt", wie das Knraroritun verkündet.

Und da dröhnte das Pflaster unter der Wucht der Glaubensgarde,
und sie riefen „Mirbach hilf!" und.

Da siegten die Liberalen über die Positiven, die alte Well-
ordnung wurde vont „Reichsboten" an Petrus zur Neparalur zurück-
gegeben, unb die Scheite wurden vorläufig zum Kaffeekochen verwendet.

Ob er zu viel gegessen hatte oder zu wenig, jedenfalls schlief der
Geheimrat schlecht. Ta sah er einen Haufen Männer Berlin durch-
toben mit Spießen ilnd Stangen. Und sie benahmen sich wie Um-
stürzler und zerrten Denkmäler von ihren Postamenten und benahmen
sich, als wenn sie mit Marmorwaren Polterabend feierten zu Ehren des
Genius, der mit der Plastik den Bund für alle Ewigkeit schließen wollte.
Krach! Krach! Krach!

Die Rotte dnrcbjohlte die Stadt, stürmte durch das Brandenburger
Tor. Jetzt wußte der Geheimrat. wohin sie wollten, und mit ge-
schwungenem Stiefeltnecht warf er sich den Zerstörern entgegen: Klirr!
Klirr! Klirr!

Es war nicht Marmor, was da erklang, es war Porzellan. Der
Geheimrat richtete sich im Bette auf und dachte nach. Nichtig, er hatte
geträumt, die Weimarschen, die ein mihlungenes Bismarck re lief in
ihrer Stadt beseitigen wollten, hätten Berlin mit stürmender Hand ge-
nommen. Gottlob, es war nur ein Traum.

Neben der bekannten Traumtänzerin Madeleine arbeitet jetzt auf
der Bühne noch eine andere, die sich mit einer ganz kleinen Änderung
Mag de leine nennt. Sie scheint die Sache ebenso gut zu machen wie
ihr Vorbild.

Wie wäre es, wenn man die beiden Damen, ohne daß sie etwas
davon ahnen, in einer Vorstellung aus einer und derselben Bühne
zusammenbrächte? Die freudige Überraschung bei dem gegenseitigen
Erkennen, die innigen Verschlingungen ihres Doppeltanzes und die
dabei ausgerauschten schwesterlichen Zärtlichkeiten würden einen frischen
ansprechenden Zug in die schon etwas eintönig gewordenen Vorführungen
bringen.
 
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