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Verzeihliches Meutern

3öfl’ als Kämpfer ich zu Felde,

Dacht' ich sicher nicht ans Meutern.
Freudig folgt’ ich meinem Führer,
Freudig stürmt' ich auf die Feinde;

Ob sie in der Ebne ständen,

Ob sie auf geschützgespickten,
Drahtumzäunten Schanzen lägen,

Immer furchtlos stürmt' ich vor.

Gern auch möcht' an einer Seeschlacht
Ich mit Eifer mich beteil'gen.

In des Seewinds frischem Hauche
Für das Vaterland zu fallen,

Selbst auch in der freien Salzflut
Zu ertrinken, ganz erträglich
Ist es noch, wenn auch nicht süß.

Eines aber macht 31t denken
Grauen mir: dag ich zur Mannschaft
Eines Unterseeboots zählte
Und der Führer, auf die Klappe
Deutend, freundlich zu uns sagte:
„Kinder, zwängt euch da hinein."

Zu mir selber würd' ich sprechen:

„Willst du jetzt nicht lieber meutern
Und dem Leutnant offen sagen:

„2n die Klappe kriech' ich nicht!"

Freilich wär's nur ein Gedanke.
Schweigend in den Kasten kröch' ich,

Doch voll Grimm im Kriechen dächt' ich:
„Möge doch der Teufel holen
2UI die Narren, die von diesen
Submarinen Wasserkutschen
Große Dinge noch erwarten!

Narren sind's wie ihre Vettern,

Die von einem Schiff, das lenkbar
Hoch in freien Lüsten, träumen.

Gut sind diese engen Kasten
Nur dazu, das; brave Männer
Unter Qualen, die sich feiner
Ausmalt, drin zu Tode kommen.

Sperrt die Narren all in einen
Solchen Unterwasjerkäfig
Oder Unterwassersarg.

Öffnet heimlich ein Ventil dann
Und versenkt im Meer sie schleunigst
Dorten, wo's am tiefsten ist!"

Grundsätze bei Vergebung von Bildhauerarbeiten

8 1. Wer sich an einein öffentlichen Wettbewerb für Werke der
Bildhauerkunst beteiligen will, mutz zunächst die eidesstattliche Ver-
sicherung einreichen, das; er weder sezesjionistische Neigungen hat, noch
jeiuals eine Ausstellung der Cezeision beschickt oder besucht hat.

8 2. Unter den Wettbewerbern haben die Nescrve-Osfiziere den
Vorrang, unter diesen entscheidet das Dienstalter.

8 3. Der Sieger im Wettbewerb hat es für selbstverständlich zu
erachten, das; nicht ihm, sondern einem andern die Ausführung des in
Frage stehenden Denkinals übertragen wird.

8 4. Vor Eintritt in den Wettbewerb ist bei den Preisrichtern
anzufragen, ob die Denkmalsfigur den rechten oder den linken Futz vor-
sctzen soll.

8 5. Unrichtige Darstellung von Uniform knöpfen, Degengriffen,
Orden ufa). zieht die Ausschließung vom Wettbewerb nach sich.

8 6. Figuren grotzer Staatsmänner müssen so ausgeführt werden,
das; sie sich leicht verkleinern lassen.

Brombeeren

Im vorigen Jahr mißrieten infolge der großen und anhaltenden
Dürre die Brombeeren vollständig. Es gab nur wenig, und sie waren
sehr teuer. Diesinal aber wird es ein gutes Brombeerjahr. Die Brom-
beeren haben reich angesetzt, und es ist Aussicht dazu vorhanden, daß
sie jo billig wie Prinzipien werden.

Kunstpflege in Berlin

Die mit plastischen Kunstwerken verzierten beiden Springbrunnen
am Königlichen Marstall zu Berlin sollen auf die Dauer ln Untätigkeit
versetzt werden, weil der Sandstein der Gruppen das Wasser nicht ver-
trägt. Wie man weiß, stellt das eine Bild den gefesselten Prometheus
das andere die Befreiung der Andromeda durch Perseus dar.

Also Kunstwerke, bei denen die energisch emporsprudelnde und
dann melodisch herabfallende Flüssigkeit die Hauptrolle spielt, sollen
einfach trocken gelegt werden! Und das soll in Berlin geschehen, wo
doch jetzt die Kunst von oben her durch die Krone und von unten her
durch die Künstler gefördert wird wie noch nie! Kann man denn das
öde Wasser nicht dltrch eine edlere Flüssigkeit ersetzen, die den empfind-
lichen Stein nicht angreift, ja ihm vielleicht eine noch größere Halt-
barkeit verleiht? Am besten eignet sich dazu wohl ein guter alter
Kognak. Die konservierende Eigenschaft, die er beim Menschen in so
ausfallender Weise zeigt, wird er ohne Frage auch beim Stein be-
währen.

Auch sonst wird diese Neuerung gute Folgen haben. Jetzt gehen
alle Passanten achtlos an den beiden Kunstwerken vorüber, künftig
wird doch mancher stehen bleiben und sie sich genauer anjehen. In
ihrem Interesse wird er auch den Kognak probieren und sich überzeugen,
ob er wirklich rein und gut abgelagert ist. Da nicht jeder immer ein
Schnapsgläschen bei sich trägt, sind natürlich hierfür silberne Becherchen
an feinen Ketten an den Schalen der Springbrunnen aufzuhängen.
So wird das Voll, auch das gewöhnliche, zum Interesse für die bildende
Kunst und zmn Kunstverständnis erzogen, und zwar nicht in auf-
dringlicher und deshalb abstoßender Weise, sondern ohne daß es etwas
davon merkt.

Vielleicht bringt inan, durch den glänzenden Erfolg ermutigt,
später auch an den Postamenten aller in der Siegesallee stehenden
Figuren kleine Kognaksontänen an. Ihre Instandhaltung würde
natürlich einige Kosten verursachen, aber gerade die Kaiserliche Schatulle,
die Millionen für die Förderung der Kunst aufwendet, könnte diese
Ausgabe leicht übernehmen.

Bei Gelegenheit des internationalen Sozialistenkongresses in
Konstanz verwahrten sich die Genossen dagegen, eine Vergnügung«-'
Wasserfahrt auf dem „Kaiser Wilhelm" zu machen oder überhaupt
je ein Schiff zu besteigen, daß nach einem Herrscher benannt ist. Sie
sind nämlich von dein Aberglauben befangen, daß sie untergehen
müßten, wenn sie einen» solchen Fahrzeug sich anvertrauten. Damit
nun den Genossen stets ein Schiff zur Verfügung steht, hat Paul
Singer sich entschlossen, ihnen einen Dampfer zu stiften, .der den
Namen „Die Schettler" bekoinuwn'^ll.. Als Gallion soll die eiitjt

von ihm so Gefeierte in ganzer Figur.das Fahrzeug zieren.

m tt.

Ter Papst soll zur Zeit in RM sehr unter der großen Sommer-
hitze leiden. Wenn der heilige Vyferxjich doch dazu entschließen wollte,
einuial auf ein paar Wochen nach Misdroy -oder Heringsdorf zu gehen!
Die frische Luft am Ostseeslrande wur'de ihm körperlich wohltun, außer-
dem der Aufenthalt dort vielleicht auch dazu beitragen, im Interesse
der Aufklärung und Duldsamkeit seinen Anschnuungslreis zu erweitern.

Schwarz-Rot-Gold

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