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Peterspfennige

Jeder Zeitungsschreiber muß jetzt zum Fall Peters
sein Scherflein — nennen wir es einmal: seinen „Peters-
pfennig" — beitragen, wir aber werden aus unserm Leser-
kreise täglich mit Zuschriften zu diesem Kapitel überhäuft.
So schreibt uns ein „entrüsteter Abonnent" über die Zeugen-
vernehmung des Eugen Wolff:

„Wie konnte man nur noch diesen gierigen Wolff gegen
den armen Peters loslassen? Dreimal hat man ihn seinen
Nachen aufreißen lassen, und als der Wolff zum dritten
Mal heulte, ging Peters hinaus und weinte bitterlich!"
Na, na, ganz so schlimm wird es wohl nicht gewesen sein. —

Ein zweiter orakelt unter der Überschrift „Petrus Martyr“
sehr gelehrt: „Das ist ein Mann, zu dem man sagen kann:
Tu es Peters, et super hanc petram aedificabo coloniarn
niearn!“ — Das klingt ja recht erbaulich.

Aber aus einer ganz andern Tonart bläst ein dritter:
„Einst hatte Frankreich seinen ,.Mordpeter" und wurde nicht
um ihn beneidet. Sollen wir uns um unsern Mord-Peters
beneiden lassen? Deutschlands Zukunft liegt auf einer
Blutlache!" — Hu. wie graulich! Indes sieht von einer
andern Hand dicht darunter geschrieben: „Ach was, Mord-
Peters! Ein Mordskerl ist er darum doch!"

Ein fünfter schickt uns gar folgendes satirische Inserat ein:
„Putzpulver!! Beseitigt jeden Schandfleck der
Justiz schnell und sicher. Einzig zu beziehen von
der Militär-Effekten-Handlung von Liebert L Co."

Ein sechster fragt allen Ernstes, ob Bayern nun den
Dr. Peters aushauen lassen und in seiner Nuhmeshalle auf-
stellen wird, ein siebenter möchte ihn in der Damuka für
Geld sehen lassen, damit „doch endlich mal ein paar Leute
hinkommen", und ein achter vergleicht ihn in drastischen
Versen mit Dr. Eisenbarth und rühmt seine ,.Nilpferde-
kuren". Besonders bedenklich stimmt uns aber ein mit
„Höherer Backfisch" Unterzeichners Briefchen, in dem es
heißt: „Ich schwärme für drei edle und unglückliche Liebes-
paare: 1. Paul und Virginie, die Opfer des Verhäng-
nisses: 2. Abälard und Heloise, die Opfer des religiösen
Irrwahns; 3. Mabruk und Iagodja. die Opfer des
Dr. Peters. Davon sprechen wir in unsrer Klasse jeden Tag:
was bedeutet übrigens „Sadismus"? — So. da haben wirs!

Ein „ruhiger Beobachter" endlich schreibt uns:

..Seit ich aus meinem Kinderschuh.

Kommt dies Geseire nicht zur Ruh.

Bald hat sich jeder Zeitungs-Schmock
Schon dran verdient 'nen neuen Nock.

Laßt doch genug sein des Gezeters
Nun endlich mal um diesen Peters!"
während ein anderer hinzufügt: „Man weiß nicht genug
Rühmens von Peter Moor zu machen, mir aber ist ein
richttger Mohren-Peters. auf den man schimpft, lieber."
— Geschmackssache — dem Liebert ist er ja auch lieber!
Nun werdeir aber keine weiteren Zuschriften mehr beantwortet!

Anmaßgebliche Vorschläge

Zufolge einer Anregung der Oberrechnungskammer haben
mehrere Minister eine Verfügung erlassen, wonach bei
Pensionierungsanträgen von Beamten zu prüfen ist, ob es
die Gesundheit dem Antragsteller nicht vielleicht noch gestattet,
sie in einem andern Amt bei leichterer Arbeit Zweckmäßig
zu verwenden. Es wäre mit Freuden zu begrüßen, wenn
diese weise Maßregel auf alle Ministerien und alle
Deamtengrade ausgedehnt würde, dann könnte z. V. ein
unbrauchbar gewordener Kultusminister noch als Konser-
vator der Fossilien im naturhistorischen Museum nützliche
Beschäftigung finden, ein ausgedienter Bremser dagegen
gäbe immer noch einen brauchbaren Kultusminister, zumal
wenn ihm abgehalfterte Kolonialbeamte, die mit den
Schwarzen gut umzugehen verstehen, als Räte zur Seite
gestellt würden.

Der italienische Kassationshof hat die ordentlichen Ge-
richte für unzuständig erklärt, über die Unterschlagungen
des Kultusministers Nasi abzuurteilen: hierzu ser nur der
Senat auf Antrag der italienischen Kaminer zuständig. In
dem Urteil führt'der Kassationshof aus, wenn die Kammer
Nasi nicht anklagte, so würde sie in ihrer hohen politischen
Einsicht andcuten, dag die Verurteilung, obwohl gerecht, der
Gesellschaft mehr schade als die Freilassung Nasis.

Diese vom italienischen Kassationshof so sehr gerühmte
hohe politische Einsicht ist auch bei uns bekannt; man drückt
sie bei uns so ans! Die kleinen Diebe hängt man, die
großen läßt man laufen.

Die befreite Jungfrau

Ein 3üngling, wunderem und stark,
Durchzog die weite handesmurk.

Den Drachen sucht' er kampfesblind.

Der frech geraubt das Königskind.

3n einer Bohle er ihn fand
flm wildzerriss'nen Felfenffrand.

Aus feiner Bohle kroch herfür
Das ungeheure Fabeltier.

Der Ritter schlug es frisch und frank;

Es röchelt nicht mehr, ©oft sei Dank!

Und üeh, es winkt' von oben schon
Das Königskind dem Beldensohn.

Durch dessen Seele ging’s mit Macht:

Die hnb' ich anders mir gedacht.

„Beil!" rief er, „Beil dir, Jungfrau, Beil!"
Und wandte fich und floh in Eil'.
 
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