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Berlin, den 2. Oktober 1921

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Wochenkalender

Donnerstag, den 6. Oktober
Vom Auge fällt cs mir wie Schuppen,
Ward über Nacht die Welt verjüngt?

Wie köstlich sch' ich sich entpuppen,

Was mir bisher nicht schön gedünkt!

Freitag, den 7. Oktober
Wie war durch Bosheit ich vergröbert,

Wie blind, gehässig und verrannt?

O Gicsberts, (verlach, Wirth und Ebcrt,
Wie schmählich Hab' ich euch verkannt!

Sonnabend, den 8. Oktober
Fluch mir, wenn je ich Gift noch sprühe!
Beschämt schwing' ich den Weihranchtops
Und stülpe mir die Phrygische Mütze.
Begeistert auf bei» Strähncnkopf!

Wochenkalender

Montag, den 3. Oktober
Herrgott, wie könnt' ich mich so irren,
Ich alter Kerl, der, was geschah
In schönen Zeiten und in wirren,

Mit stiller Heiterkeit besah.

Dienstag, den 4. Oktober
Doch lvie im Himmel über einen
Bekehrten reuigen Sündenknecht
Viel freudiger die Engel weinen
Als über hundert, die gerecht,

Mittwoch, den 5. Oktober
So Hofs' auch ich auf eure Gnade,
Nun da ich fromm wie, ach! noch nie,
Als Paulus auf der Tugend Pfade
Mit leuchtendem Gesichte zieh'.

Lied des braven Mannes

3hm schmück' mich mit dem Seidenhute,
Geliebtes Weib, gib mir den Frack
Und reich' die Schärpe mir, du Gute,

Die nach des brave» MannS Geschmack.
Dem Schwarzweißrot der Freiheitswürger
Ist höchstens Mordgesindel hold;

Der biedre Man» und gute Bürger,

Der schwärmt nur noch für Schwarzrotgold.

Schau ich die Farben, rinnt ein Schauer
Vom Haupt herab mir bis zur Zeh' -
O Müller, Scheidemann, o Bauer,

O Fehrenbach, o semine!

Von wieviel ruhmgekrönten Namen
Fühl' meine Ohren ich umschwirrt;

Welch' Reichtum! Wieviel Kanzler kamen
Bis zu dem großen Doktor Wirth!

O Wirth, vergönne, daß ich krabble
3!achdenklich hinter meinem Ohr,

Auf daß dem deutschen Volk ich schwabble
Begeistert deine Taten vor.

Wie du so schöne, lange Rede»

Gehalten und »och halte» kannst,

Daß du sogar beinahe jeden,

Der gar nicht denken kann, gewannst.

Hab' Dank, Gewaltiger, der gesprochen
Vom nationalen Mörderpack,

Mit Bizepskrast den Kahr zerbrochen,
Daß Deutschlands Einheit fast ei» Wrack.
Ja, großer Meister, du kannst lachen,

Der nicht wie Bismarck du erbaust!

Heil! Bismarcks Werk kaputt zu machen,
Vollbrachte fast des Größeren Faust.

lind wohl uns, daß, da die Monarchen
lind ihre Tyrannei verjagt,

Wir könne» so geruhig schnarchen,

Wo Eberls Thron zum Himmel ragt!

Wo in Genossenhand das Zepter
Der Herrschaft, da ist Lust und Licht;
Wer nicht wie Ebert will, den schleppt er
- Heil, heil dem Großen! - vors Gericht.

Fürwahr, ich will nicht müde werden,

Zu singen dieser Meister Lob,

Und wollt ihr blöden Hammelhcrden
3!icht so wie sie, so werd' ich grob.

Kein Mensch schuf jemals genialer
Noch einen Staat zum Paradies,

Und wer's nicht glaubt, zahlt einen Taler,
Wofern ihm Wirth noch einen ließ!
 
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