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schrecklicher Gedanke

wer Polizeivrisideal von Berlin
von Groß. Berlin gestnll-l.-

Der Reklamechef der Republik

In der den Mchrhcitssozialisten nicht
gerade geneigten „Glocke" des Herrn Hcl-
phand-Parvus tritt der MchrheitSsozialisi
Hermann Wendel für die Bestellung eines
Rcklamechefs der Republik ein. Denn besagte
Republik, erklärt Wendel mit hungrigem
Freimut, lebe bisher nicht in den Herzen
der deutschen Menschheit und werde krepieren,
wenn das so weiter gehe. Deshalb sei es
Aufgabe des entsprechend zu besoldenden
Reklamcchefs, sie als Institution und Staats-
sorm volkstümlich zu machen, und zwar
durch Arrangeinent von Nationalfesten u. dgl.

Der Gedanke ist Vertvünscht gescheit; daß
man sich trotzdem versucht fühlt, ihn herzlich
wendclsch zu nennen, liegt an der Ein-
seitigkeit der Ausführung. Wirklich volks-
tümlich kann die Republik, von der jeder
am liebsten schweigt, nur werden, wenn
man an den Straßenbahnhaltestellen und
Anschlagsäulen dauernd auf ihre Existenz
hinweist und sie wenigstens einmal wöchent-
lich in den Kleinen Anzeigen der Zeitungen
inseriert. Neben den „Sandwichmännern"
wäre ihr auch die Eisenbahnreklamc dienstbar
zu machen, damit sie — es ist höchste Zeit —
mit Dampf beliebt wird. Ebenso empfiehlt
sich die nächtliche Verteilung von Hand-
zetteln. Jeder glaubt dann, zu einem ver-
botenen Nackttanz geladen zu werden und
hat in dieser Stimmung Sinn für die Ent-
schleierung unserer staatsmännischen Größen.

WcndclsNationalfestezurPopularisierung
der Republik finden am besten auf den
massenhaft vorhandenen Rummelplätzen statt,
die natürlich vorher sozialisiert oder vcr-
reichlicht werden müßten. Läßt Hermann
Wendel, in dem wir wohl den ersten Rcklamc-
chef des neuen Systems begrüßen dürfen,
genügende Mengen von Monopolschnaps
spenden, so wird es an der nötigen repu-
blikanischen Hingerisienheit der Besucher nicht
fehlen. Hauptsache ist ja, sie von einer
nüchternen Betrachtung des durch die Re-
volution erzeugten deutschen Elends sern-
zuhalten. Ein Liter Reichskümmel genügt
dazu. Als besondere Attraktionen der Re-
publikrummelplähe kommen in Frage:

Die Wendel-Treppe, die ideenreiche Leit-
artikler zu einem gut bezahlten Beamten-
posten im ohnehin so beamtenarnien Reiche
emporführt.

Die Fütterung noch nicht festangestellter
Raubtiere an der politischen Futterkrippe.

Der Wackeltopf, für Novembersozialisten,
die bereits wieder nationale Morgenluft
wittern.

Der eiserne See — wird bis zu seiner
Ferttgstellung durch eiserne Sttrnen ersetzt.

Das Kalb mit zwei Köpfen. DaS Kalb
ist vorhanden, Herr Wendel steht persönlich
dafür ein. Es fehlen nur die Köpfe.

An den Völkerfriedensengel Lloyd George

Was willst du in die Ferne schweifen?
Sieh doch, Irland liegt so nah.

Lehr' die Friedensflöte pfeifen
Erst den Juvi-Valera!

Lernt der nicht die Melodie,

Faul steht's mit Great-Britany. ».«>.

Mit angstverzerrten Gesichtern stand die Familie an der Anschlagsäule in der Grenadierstraße
und siartte auf die neue Badeverordnung des Polizeipräsidenten. Bald aber hellten
sich die bekümmerten Mienen auf und strahlten wieder im alten Glanz. „Gott
meiner Säter", seufzte Herr Schmul Resedaduft erleichtert auf, ,/r hat ja das
Baden im Freien nur erlaubt — und ich dachte, er hätte eS, Gott behüte, verordnet!"

Die Schwarze Schmach in der Junihihr

Seht sie doch grinsen! Hört sie schwatzen!
O diese Hitze! Ganz ihr Fall.

Sie schnurren wie die wilden Katzen
Am Gambia und Senegal.

Das ist ein Dehnen, ist ein Gähnen.

Vor kurzem sah's noch anders aus.

Wie fletscht das mit den weißen Zähnen!
Und keiner sehnt sich heut nach Haus.

Das ist doch eine andre Sache,

Daheim zu liegen wie ein Schwein

In jämmerlicher Erdkaboche

Als im Quartier am deutschen Rhein.

Die dunklen Weiber sind vergesien.

Die weißen hat der Kerl zu gern;

Die sind ja reineweg zum Fresien,

Und hierzuland spielt er den Herrn.

Was half uns nun des Nordens Wehen?
Der Winter war so hart wie nie.

Und wem versror'n auch nur die Zehen,
Und, irr' ich nicht, lief mancher Ski.

Jetzt Tropenhitze! Und der vierte
Napoleon mit Schmunzeln sprach:
Parbleu! Es akklimatisierte
Sich wundervoll die Schwarze Schmach. Ler.

Neues Recht

Das Sttafgesetz macht den Menschen zum Vieh.
Gerechtigkeit sttahlt in kristallener Schöne
Erst nach dem Erlaß einer Amnestte
Im Sinne der Apfelbaum-Sobelsöhne.

O Seligkeit, wenn die Justizsklaverei
Der kommunistische Antrag gedämpft hat:
„Gemeine Verbrechen stehn jedem ftei.

Der für die Arbeiterschaft gekämpft hat."
Nun liegt kein Klautalent ungenützt,

Und niemand läßt sich imKlemmen hemmen.
Die kommunistische Themis schützt
Die Grenadiersttaße und die Kaschemmen.
Der safttgste Raubmord bleibt ungebucht,
Des Einbrechers teures Haupt ist geheiligt,
Sofern er den Zahlabend pünktlich besucht
Und sich am Radek-Empfang beteiligt.
Bloß Adolph Hoffmann schüttelt die Faust.
Noch immer verfolg t er - ergebnislos fteilich -
Den Kerl, der ihm seine Juwelen gemaust.
Sowohl detektivisch wie polizeilich.

„Nu seh ick erst, wat ihr for Bande seid,
Ihr rotenBrieder! Ick kenn' euch. Bachulken!
Ten janzen Quatsch mit die Sttaflosigkeit,
Den mimt ihr dochbloß, ummir zu verulken."
 
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