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Berliner Sommerfrische

I. Im Tiergarten

Man kann in Berlin auch Entfettungskuren machen -

und sich nachher wieder vollfressen, genau wie in Karlsbad.

m.br. Das neue „Lesebuch" für die Grundschule
der deutschen Republik wird lebhaften Beifall
in allen gutgesinnten Kreisen finden. Aus-
geschaltet in dem Buche ist mit vollem
Recht der militaristisch-monarchistische „liebe
Gott". An seiner Stelle finden wir aber
sehr niedliche andere Dinge, z. B. reizende
Berschen, die so ganz für das Kindergemüt
der Berliner Großsladtkindcr geschaffen
erscheinen. Da lesen wir gleich in dem Ein-
gangsgcdicht: „Auf der Straße" (von Jakob
Löwcnbcrg): „Wege gibt cs ohne Ende —
Freuden gibt cs ohne Zahl. — Jeder Baum
fragt: „Kannst du klettern?" — Jeder Stein
ruft: „Wirf mich mal!"

Wahrscheinlich wurde dieses nette Gedicht'
Jakob Löwenbergs auf eine Empfehlung
des Neuköllner Stadtschulrats vr.Löwcnstcin
in das „Lesebuch" ausgenommen, um den
Neuköllner Rangen eine geistige Auf-

Erfreuliches vom neuen „Lesebuchs

munterung zu verschaffen; dann aber
müßte das Vcrslcin von dem neuen
Pestalozzi pädagogisch ergänzt werden, weil
mancher Junge fragen dürfte: „Wohin
soll ich den auf der Straße gefundenen
Stein schmeißen?" Da wären ihm nun
unseres Erachtens empfehlenswerte Ziel-
objektc anzugcbcn (natürlich darf aber der
an der Straßenecke wachchaltendc „Schupo"
nicht dafür gelten!). Wir würden raten,
vielleicht in dieser Weisedas muntere Liedchen
fortzusetzen:

Fenster gibt cs wahrlich massig!

Große Fenster, die zur Schau
Dienen, ganz besonders hass' ich —■■

Rin den Stein mit Mordsradau!

Gleichfalls sieht man gerne fliegen —
Ohne Frage, glaubt es mir —

Steine nach den Stadtbahnzügc».
Jungcns, das schafft viel Pläsier!

Also bieten alle Straßen
Groß-Berlins für euren Zweck
Freuden, Freuden ohne Maßen!

Steine gibt's genug, auch Dreck!

Immerhin aber müßte einer etwa
möglichen irrtümlichen Auffassung seitens
der Schüler vorgcbcugt werden, denn
auch in einer freien Republik hat ein
Lümmel nicht Wahl- und ziellos mit
Steinen zu schmeißen. Dies geschieht am
besten durch eine kernige Schlußmahnung,
vielleicht in dieser Art:

Doch andrerseits, du Dciwelskrät',

Die hohe Staatsautorität,

Die respektiere zart und sein —

Und grüß' den Schulrat Löwenslein!

II Freibad Wannsee

„Seh doch, Aujust, det iS jradc, als ob en Dampfer bei die Riviera vorbeifährt!"
 
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