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Gebiß, damit du was zu beißen hast. Well! Aber ich hoffe, daß du nach
dieser - ,Schönheitsreparaiur" nicht mehr auf - /Eroberungen" ausgehst!"

Oie Londoner Konferenz

(Ein Rückblick von Karlchen Mießnick)

Indem ich von Konferenzen überhaupt
nichts halte, sondern im Gegenteil, weil
doch nichts weiter dabei herauskommt
als eine schlechte Zensur oder der erste
Platz von hinten und niemals keine
Versetzung, was ich freilich alles schon
gewöhnt bin, oder Nachsitzen, Straf-
arbeit und am Ende gar Relegierung,
so habe ich mich nicht darüber gewun-
dert, daß unsere Delegierten in London,
wenn sie auch nicht relegiert wurden,
was nicht mehr ging, doch wieder nicht
versetzt sind, nämlich nicht in den rich-
tigen Friedenszustand, und auch keine
gute Zensur nach Haus gebracht haben,
da sie zwar in Betragen „gut" und in
Fleiß und Aufmerksamkeit „ziemlich be-
friedigend" kriegten, aber in den Haupt-
fächern ist es doch man so so, und wenn
es nicht besser wird, können sie „auf
die Dauer nicht mitkommen und das
Klassenziel nicht erreichen". Wenn wir
nun also Nachhilfestunden nehmen sollen,
so wollen wir sie doch bei dem General
Dawes nehmen, der einen besonder»
Lehrplan hat und keinen haut/ oder bei den
amerikanischen Bankiers, wo man noch
Geld und gute Worte dazu bekommt,
wenn auch nur auf Pump, aber doch
nie mehr zu geben braucht als man
hat, was nicht viel ist. Was hingegen

das Nachsitzen betrifft, so schadet es den
Franzosen gar nichts, daß sie noch ein
Jahr im Ruhrgebiet nachsitzen müffen,
aber uns kann es viel schaden, sagt
Papa, und es wäre hierüber noch aller-
lei zu sagen, wozu ich aber keine Zeit
mehr habe, weil ich jetzt in den Kien-
topp muß zu „Der Nibelungen Not",
welche, wie Onkel Fritz meint, schließ-
lich immer bei der Nibelungentreue
herauskommt, aber nicht zu knapp! —

Karlchen Mießnick, Quarta Coelus B

Abschiedsgruß an die im Abbau
befindliche Micum

Micum, ade!

Scheiden tut weh.

Aber wenn du dich drückst,

Freut man sich ganz verflixt,
Menschen du hoch beglückst
Durch dein Ade.

Micum, fahr wohl!

Satan dich hol'!

Hast uns gut ausgepreßt,

Ziehst aus schier leerem Nest,

Und auch den schäb'gen Rest
Nimmst du jetzt wohl.

Micum, mach' schnell,

Fort in die Höll'!

Nimm mit im Bettclsack
Alle das welsche Pack
Samt seinem Nachgeschmack,

Mit in die Höll'! *■

Wandern

Ja, wenn das Wandern nicht wäre
Und der Wein und der lockende Pfad,
Dann wär' ich längst, auf Ehre!
Geheimer Kommerzienrat.

Dann säße ich längst in der Wolle
Und hätte die herrlichste Ruh',

Sähe herab auf das tolle
Treiben und lachte dazu.

Dann würde der Beutel mir schwellen
Und auch das Bäuchlein vor Lust,
Dann säß'- ich am Rande der Wellen,
So recht meines Wertes bewußt.

Dann würde ich nichts mehr begehrien,
Verachtete Narrheit und Schalk,

Und da säße auch in den Arterien
Gewiß schon der liebliche Kalk!

Nun aber, gottlob! ist zu ander»
Gedanken mein Sehnen gewandt,

Nun lieb' ich den Wein und das Wandern
Und der Ferne blauendes Band.

Und jeder Frühling und Sommer
Stößt neu den Zapfen vom Spund,
Nun bin ich ein richtiger frommer,
Gottloser Vagabund!

Nun kost' ich die herrlichsten Stunden
In Gottes entzückter Natur:

Und Hab' ich das Glück nicht gefunden,
Ich war ihm doch stets auf der Spur!
 
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