In einer kleinen deutschen Stadt
lebten . einmal vor längeren Jahren
zwei äußerst liebenswerte Persönlich-
keiten verschiedenen Geschlechtes.
Sie war eine alte Jungfer, - eine
richtiggehende abgetakelte Fregatte, 'die
den Wendekreis der ersten Jugend schon
seit unvordenklichen Zeiten passiert hatte.
Auch ein halbblinder und von Herzen
milder Betrachter hätte bei ihr keine
Spuren von Schönheit entdecken können,
im Gegenteil: die spitzige Nase, die ver-
bissenen Züge, der breite Mund, die
giftigen Äuglein, der neidisch-gelbe Teint
waren der getrelie Ausdruck ihres Inne-
ren. Das Fundament ihres Daseins
war die Kaffeebohne und der Haß gegen
beglücktere Mensche». Unermeßlich flutete
der Strom ihrer Beredsamkeit, wenn
auf de» zahlreichen Sessionen einmal
die Schleuse» geöffnet waren. Und wie
verstand sie es, in Klatsch, Lüge und
Verhetzung den Vogel abzüschießen! Kein
intimer Kochtopf und kein »och so ver-
borgenes Ehegemach waren vor ihren
Blicken sicher; an der wcißesten Weste
und dem frischgewaschensten Mullkleid
wußte sie Stäubchen zu entdecken, die
Geeniginnen
Gedanken vom alten Lcipz'ger
A Geenig — g'ecner werd's bestreit'n —
Hat hin un wied'r Schaddenseit'n:
Sci's, daß 'r ü la Dionys
Tyrannisch, vorschreibt das un dies,
Sci's, daß bei manch'm, was 'r duht,
M'r sag'» muß: das is »ich gut!
Ser's, daß m'r osk bis zum V'rdruß
Vor ihm d'n Buck'l grümmen muß.
Wogegen mit '»er Geenigin
M'r war zufried'n immerhin!
Denn is zu Frau'n, zu zart — un schcenen
M'r schon galant im allgemeenen
(Ja, selbst d'r große August Bebel
Besaß sicr sie ä gleenes Fäbcl!)
Is m'r '»er Geen'gin vis-ä-vis
Von ganz besond'rer Gurdoasic.
Un gilt's heit' beinah als Verbrech'n,
Von ännem Geenige zc sprcch'n.
Will, scheint'-, in allen Velkerschicht'n
M'r uff 'ne Geen'gin »ich v'rzicht'n.
Doch da de geeniglich'n Damen
Uns leider Godds abhand'n gahmen,
Daht m'r sich gurzerhand entschließ'»,
Ersatzbrodukte ze genieß'«.
Sei's änne Geenigin d'r Biehne,
Dek Ginos, Sports, d'r Violine,
D'r Luft, d'r Mode un d'r Scheenheit —
Je nach Bedarf gann m'r se sehn heit'.
Un seh' ich diese Geeniginnen
Im Sturm sich Herz uff Herz gewinnen
Co schwarz-rot-goldwic schwarz-weiß-rote,
Erschreck' ich manchmal säst zc Tode
Un sag zc mein'r Frau, d'r Ricke:
Wo bleibt d'r Schutz d'r Rebublieke!?.
Oer reizende Sprößling
(Eine zeitgemäße Idylle)
unter dem Vergrößcrungsglase ihrer
schönen Augen sich zu den greulichsten
Schmutzflecken auswuchsen. Und dann
bohrte und drehte und beutelte sie, bis.
sie ein Ziel für die vergifteten Pfeile
ihrer Verhetzung gesunde» hatte. Ihr
einziger Liebling war ein alter mürrischer
Papagei, der unentwegt dieselben Phrase»
herunterschnurrtc. Kurzum, sie war in
des' Worts verwegenster Bedeutung 'ein'
Juwel ihres Geschlechtes.
Er war in seiner Art nicht minder
bewundernswürdig. Tun tat er eigent-
lich den ganzen lieben langen Tag nichts,
aber er wußte dies Manko in 'geschickter
Weise durch die wichtigsten und bedeut-
samsten Redereien zu verdecken, in denen
er sich über die Nöte des schaffenden
Mannes aus dem Volke, über die Er-
rungenschaften der Neuzeit, über freiheit-
liche-Politik und sämtliche anderen cin-
schlagcndcn Themen haufenweise erging.
Als geborener Allcs-Besser-Wisfer war
er zugleich ein hervorragender Stänker.
Eine nächtliche Prügelei — vorausgesetzt
natürlich, daß der Überfallene schwächer
und in der Minderzahl war — bot ihm
das schönste Gaudium. Man behauptete
Iurisiisches Bedenken
Es gibt jetzt so viele, die den Geist
von Locarno in Pacht zu haben glauben.
Ist solches.Rechtsverhältnis überhaupt
möglich? Ob man einen Geist pachten
kann, mag schop fraglich sein; wer
selbst keinen hat, wird auch aus einem
fremden schwerlich genießbare Früchte
ziehen. Und nun gar Locarno! Unter-
stellen wir einmal, daß »dort wirklich so
etwas wie ein Geist erschienen ist —
einwandfrei bewiesen ist es jedenfalls
noch nicht. Oder man pflegt (in An-
lehnung an das alte „lucus a non
lucendo“) von einem gewissen Lokus
wohl im Scherz zu sagen: locns a non
locando, denn er ist kein Pachtobjekt.
Sollte man nicht ebenso sagen müssen:
„Locarno a non locando“? Wir stellen
diese Doktorfragc zur Erörterung.—
Genfer Qualm
Als Raucher ragt an erster Stell'
Gustav im Kreise der Angtangt.
Stets findet er ein Ende schnell,
Was die Zigarren anbelangt.
Der Nikotin, den er verbraucht —
Kein andrer kommt dagegen an-
Die allerstärkstcn Sorten raucht
Entschieden unser Stresemann.
Zuweilen bietet ohne Scheu
Briand, der Zigarettensex,
Ihm eine an — Briand raucht Heu,
Ganz nikotinsreics Gewächs.
Ein Raucher sehr viel schwächer» RangS!
Wie seltsam, daß die Angebind'
Und Anerbietungen Briands
Trotzdem so starker Tobak sind!
von ihm, daß er einstmals einen dörs-
lichcn Nachtwächtcrposlcn bekleidet, diesen
aber wegen seiner passiv offenen Hand
verloren habe. Übrigens war er Jung,
geselle.
Schöne Seelen finden sich. Auch die
obgcmeldetcn edlen Figuren entdeckten
ihre wechselseitigen Vorzüge und ließen
sich kopuliere». Und o Wunder: den
Jahren zum Hohne entsprang der
Schreckenskammcr ihrer ehelichen Ver-
bindung ein munterer Sprößling! Man
konnte ein langes und breites von
seinen Fähigkeiten berichten, genug, wenn
wir hier feststellen, daß auch nicht ein
Tippelchen der elterlichen Mitgift ver-
lorenging.
Und nun vermutet ei» wohlmeinender
Leser vielleicht, daß diese schöne Gottes-
gabe am Ende gar in Faulheit, Armut.
Not und Schande versunken sei? Drei
Handbreit vorbeigeschosscn! Gerade das
Gegenteil tras zu. In staunenswerter
Weise entwickelte er sich zu einer großen
Kanone und einem echten Volksführer,
zu einem politischen Orakel und einer
Zierde seiner Vaterstadt, war er doch
eben ein geborener — Parlamentarier.
Mars
Der Mars kam unsrer Erde näher,
Neugierde packt' den alten Gott,
Denn ihm berichteten die Späher,
Das Kriegshandwerk mach' hier bankrott!
Da sah er durch den Dunst und Nebel
Die Völker alle — kriegsbereit,
Sie rasselten mit Schwert und Säbel, —
Nur Deutschland ohne Waffenkleid.
Nachdem er sich dies angesehen,
Fuhr lachend er auf seinen Sitz:
„Abrüstung? Nun, ich muß gestehen,
Abrüstung — ein famoser Witz!"
Alles auf Abzahlung
IHEPREN-fiÄinronnFi
«Eie folgen mir zur Wache! Sie haben den
Anzug bar bezahlt,- woher haben Sie so viel
Geld aus einmal?'
lebten . einmal vor längeren Jahren
zwei äußerst liebenswerte Persönlich-
keiten verschiedenen Geschlechtes.
Sie war eine alte Jungfer, - eine
richtiggehende abgetakelte Fregatte, 'die
den Wendekreis der ersten Jugend schon
seit unvordenklichen Zeiten passiert hatte.
Auch ein halbblinder und von Herzen
milder Betrachter hätte bei ihr keine
Spuren von Schönheit entdecken können,
im Gegenteil: die spitzige Nase, die ver-
bissenen Züge, der breite Mund, die
giftigen Äuglein, der neidisch-gelbe Teint
waren der getrelie Ausdruck ihres Inne-
ren. Das Fundament ihres Daseins
war die Kaffeebohne und der Haß gegen
beglücktere Mensche». Unermeßlich flutete
der Strom ihrer Beredsamkeit, wenn
auf de» zahlreichen Sessionen einmal
die Schleuse» geöffnet waren. Und wie
verstand sie es, in Klatsch, Lüge und
Verhetzung den Vogel abzüschießen! Kein
intimer Kochtopf und kein »och so ver-
borgenes Ehegemach waren vor ihren
Blicken sicher; an der wcißesten Weste
und dem frischgewaschensten Mullkleid
wußte sie Stäubchen zu entdecken, die
Geeniginnen
Gedanken vom alten Lcipz'ger
A Geenig — g'ecner werd's bestreit'n —
Hat hin un wied'r Schaddenseit'n:
Sci's, daß 'r ü la Dionys
Tyrannisch, vorschreibt das un dies,
Sci's, daß bei manch'm, was 'r duht,
M'r sag'» muß: das is »ich gut!
Ser's, daß m'r osk bis zum V'rdruß
Vor ihm d'n Buck'l grümmen muß.
Wogegen mit '»er Geenigin
M'r war zufried'n immerhin!
Denn is zu Frau'n, zu zart — un schcenen
M'r schon galant im allgemeenen
(Ja, selbst d'r große August Bebel
Besaß sicr sie ä gleenes Fäbcl!)
Is m'r '»er Geen'gin vis-ä-vis
Von ganz besond'rer Gurdoasic.
Un gilt's heit' beinah als Verbrech'n,
Von ännem Geenige zc sprcch'n.
Will, scheint'-, in allen Velkerschicht'n
M'r uff 'ne Geen'gin »ich v'rzicht'n.
Doch da de geeniglich'n Damen
Uns leider Godds abhand'n gahmen,
Daht m'r sich gurzerhand entschließ'»,
Ersatzbrodukte ze genieß'«.
Sei's änne Geenigin d'r Biehne,
Dek Ginos, Sports, d'r Violine,
D'r Luft, d'r Mode un d'r Scheenheit —
Je nach Bedarf gann m'r se sehn heit'.
Un seh' ich diese Geeniginnen
Im Sturm sich Herz uff Herz gewinnen
Co schwarz-rot-goldwic schwarz-weiß-rote,
Erschreck' ich manchmal säst zc Tode
Un sag zc mein'r Frau, d'r Ricke:
Wo bleibt d'r Schutz d'r Rebublieke!?.
Oer reizende Sprößling
(Eine zeitgemäße Idylle)
unter dem Vergrößcrungsglase ihrer
schönen Augen sich zu den greulichsten
Schmutzflecken auswuchsen. Und dann
bohrte und drehte und beutelte sie, bis.
sie ein Ziel für die vergifteten Pfeile
ihrer Verhetzung gesunde» hatte. Ihr
einziger Liebling war ein alter mürrischer
Papagei, der unentwegt dieselben Phrase»
herunterschnurrtc. Kurzum, sie war in
des' Worts verwegenster Bedeutung 'ein'
Juwel ihres Geschlechtes.
Er war in seiner Art nicht minder
bewundernswürdig. Tun tat er eigent-
lich den ganzen lieben langen Tag nichts,
aber er wußte dies Manko in 'geschickter
Weise durch die wichtigsten und bedeut-
samsten Redereien zu verdecken, in denen
er sich über die Nöte des schaffenden
Mannes aus dem Volke, über die Er-
rungenschaften der Neuzeit, über freiheit-
liche-Politik und sämtliche anderen cin-
schlagcndcn Themen haufenweise erging.
Als geborener Allcs-Besser-Wisfer war
er zugleich ein hervorragender Stänker.
Eine nächtliche Prügelei — vorausgesetzt
natürlich, daß der Überfallene schwächer
und in der Minderzahl war — bot ihm
das schönste Gaudium. Man behauptete
Iurisiisches Bedenken
Es gibt jetzt so viele, die den Geist
von Locarno in Pacht zu haben glauben.
Ist solches.Rechtsverhältnis überhaupt
möglich? Ob man einen Geist pachten
kann, mag schop fraglich sein; wer
selbst keinen hat, wird auch aus einem
fremden schwerlich genießbare Früchte
ziehen. Und nun gar Locarno! Unter-
stellen wir einmal, daß »dort wirklich so
etwas wie ein Geist erschienen ist —
einwandfrei bewiesen ist es jedenfalls
noch nicht. Oder man pflegt (in An-
lehnung an das alte „lucus a non
lucendo“) von einem gewissen Lokus
wohl im Scherz zu sagen: locns a non
locando, denn er ist kein Pachtobjekt.
Sollte man nicht ebenso sagen müssen:
„Locarno a non locando“? Wir stellen
diese Doktorfragc zur Erörterung.—
Genfer Qualm
Als Raucher ragt an erster Stell'
Gustav im Kreise der Angtangt.
Stets findet er ein Ende schnell,
Was die Zigarren anbelangt.
Der Nikotin, den er verbraucht —
Kein andrer kommt dagegen an-
Die allerstärkstcn Sorten raucht
Entschieden unser Stresemann.
Zuweilen bietet ohne Scheu
Briand, der Zigarettensex,
Ihm eine an — Briand raucht Heu,
Ganz nikotinsreics Gewächs.
Ein Raucher sehr viel schwächer» RangS!
Wie seltsam, daß die Angebind'
Und Anerbietungen Briands
Trotzdem so starker Tobak sind!
von ihm, daß er einstmals einen dörs-
lichcn Nachtwächtcrposlcn bekleidet, diesen
aber wegen seiner passiv offenen Hand
verloren habe. Übrigens war er Jung,
geselle.
Schöne Seelen finden sich. Auch die
obgcmeldetcn edlen Figuren entdeckten
ihre wechselseitigen Vorzüge und ließen
sich kopuliere». Und o Wunder: den
Jahren zum Hohne entsprang der
Schreckenskammcr ihrer ehelichen Ver-
bindung ein munterer Sprößling! Man
konnte ein langes und breites von
seinen Fähigkeiten berichten, genug, wenn
wir hier feststellen, daß auch nicht ein
Tippelchen der elterlichen Mitgift ver-
lorenging.
Und nun vermutet ei» wohlmeinender
Leser vielleicht, daß diese schöne Gottes-
gabe am Ende gar in Faulheit, Armut.
Not und Schande versunken sei? Drei
Handbreit vorbeigeschosscn! Gerade das
Gegenteil tras zu. In staunenswerter
Weise entwickelte er sich zu einer großen
Kanone und einem echten Volksführer,
zu einem politischen Orakel und einer
Zierde seiner Vaterstadt, war er doch
eben ein geborener — Parlamentarier.
Mars
Der Mars kam unsrer Erde näher,
Neugierde packt' den alten Gott,
Denn ihm berichteten die Späher,
Das Kriegshandwerk mach' hier bankrott!
Da sah er durch den Dunst und Nebel
Die Völker alle — kriegsbereit,
Sie rasselten mit Schwert und Säbel, —
Nur Deutschland ohne Waffenkleid.
Nachdem er sich dies angesehen,
Fuhr lachend er auf seinen Sitz:
„Abrüstung? Nun, ich muß gestehen,
Abrüstung — ein famoser Witz!"
Alles auf Abzahlung
IHEPREN-fiÄinronnFi
«Eie folgen mir zur Wache! Sie haben den
Anzug bar bezahlt,- woher haben Sie so viel
Geld aus einmal?'