AV
Der Haushaltausschuß des Reichstags
hat auf Antrag des Sozialdemokraten
Keil gegen den Protest der Negierung
im Nachtragsetat die vermutlichen Ein-
nahmen aus Zöllen von 90 Millionen
auf 227 Millionen mit der Begründung
erhöht, man müsse sich vor Pessimismus
Das Verfahren gefiel mir. Ich wendete
mich an den Abgeordneten Keil mit der
ergebensten Bitte, mir für meinen Privat-
bedarf doch auch einen solchen günstigen
Haushaltplan aüfzustellen.
„Aber gern," sagte der liebenswürdige
Herr, „ich helfe mit Freuden sowohl dem
Staate lvie dem einzelnen Mitbürger.
M. w„ machen wir. Nichts einfacher
als das."
Wir setzten uns im Reichstagsrestau-
rant in eine Ecke. „Los denn!" sagte
Herr Keil und begann ohne weiteres zu
schreiben:
1. Vermutliche Belohnung für die
vermutliche Entdeckung eines vermutlichen
Eiscnbahnattcutates. 2000 M.
2. Vermutliche Steuerrückzahlungen
seit 1924 . 1000 M.
3. Vermutlicher Lotteriegewinn . . .
20000 M.
4. Vermutliche Verlobung mit einer
Tochter Edisons. 1500000 M.
So sehr mir diese Mitgift auch ge-
fiel, so wagte ich in diesem Falle einen
Einwand.
Budget-Zauber
„Ich bin schon verheiratet," sagte ich
schüchtern. „Macht doch gar nichts, bester
Herr," belehrte mich Herr Keil, „Sie
lassen sich eben scheiden. Die Aus-
führung der Einzelheiten muß ich natür-
lich Ihnen überlassen," und schon schrieb
er weiter:
5. Vermutliche Ehrengabe des italieni-
schen Staates 300000 Lire — 51000M.
„Verzeihung, des deutschen," erlaubte
ich mir zu verbessern. „Nein, des
italienischen," wiederholte inein Wohl-
täter scharf, „denn Sie werden vermut-
lich im Jahre 1927 Mussolini bei einem
Attentate das Leben retten," dann zog
er einen Strich, addierte und stellte fest,
daß mein Jahreseinkommen für 1927
mindestens 1574000 M. betragen werde.
„Donnerwetter!" stammelte ich.
„Na," sagte er lachend, „sind Sie zu-
frieden? Jawohl, so machen wir das;
nur der Optimismus kann uns vor-
wärts bringen." „Den .habe ich,"
unterbrach ich ihn jäh und erfreut, „und
deshalb wollte ich Sie bitten, da ich zur
Zeit leider ohne alles Bargeld bin, mir
auf mein hohes Einkommen gütigst
5 Mark zu leihen."
Herr Keil wurde im Augenblick sehr
„5 Mark leihen," murmelte er. „Mein
Herr, ich stelle Ihnen hier aus Gefällig-
keit einen Voranschlag auf, und Sie
benützen das und niachen daraus einen
wirklichen Anschlag, jawohl, einen ganz
heimtückischen Anschlag ans mein Porte-
monnaie. Wissen Sie denn überhaupt,
was 5 Mark bedeuten?" Er brachte
fünf Markstücke aus seiner Hosentasche
und ließ sie in der Hand klimpern.
„Solche 5 Mark," fuhr er fort, „sind
ein Geld, eine reale Tatsache, keine bloße
Zahlenschreiberei auf Papier wie Ihre
1574000 M. Jahreseinkommen, kein
Reden in die Luft wie die 227 Millionen
Zolleinnahmen im Nachtragsetat. Nein,
mein Freund, ich sage Ihnen, es ist
sür einen guten Hausvater schwerer,
5 Mark klingendes Silbergeld aus der
Hand zu geben als 227 Millionen
Staatsgelder zu verausgaben, von denen
der Teufel wissen mag, wo sie eigentlich
stecken. Hüten Sie sich, diese Begriffe zu
vermengen! Als parlamentarischer Prak-
tiker errechne ich Ihnen Ihre Einnahmen
für 1927 leicht mit 1574000 Mark,
als Privatmann muß ich es unbedingt
ablehnen, Ihnen 5 Mark zu pumpen.
Ziehen Sie daraus die Konsequenzen,
das rate ich Ihnen als Mensch!"
Was sollte denn nun das heißen?
Jedenfalls doch soviel, daß es für mich
nicht ganz einfach sein wird, die Tochter
Edisons zu heiraten. Ich habe deshalb'
meiner Frau auch noch nicht gesagt, daß
ich auf den Rat eines Budget-Sach-
verständigen hin mich von ihr scheiden
lassen MUß. roderlch.
Ein berühmter Astrologe
Dom-Kunkgalien
d" Freien ?ehrervere!»ig»,ig für fluiifipfttgc
100000 schon verbreitet
io Seite erschienen.' Jedes mit tuejem «eteltrec
Som-Werlag in Werlin SW 48
Der Haushaltausschuß des Reichstags
hat auf Antrag des Sozialdemokraten
Keil gegen den Protest der Negierung
im Nachtragsetat die vermutlichen Ein-
nahmen aus Zöllen von 90 Millionen
auf 227 Millionen mit der Begründung
erhöht, man müsse sich vor Pessimismus
Das Verfahren gefiel mir. Ich wendete
mich an den Abgeordneten Keil mit der
ergebensten Bitte, mir für meinen Privat-
bedarf doch auch einen solchen günstigen
Haushaltplan aüfzustellen.
„Aber gern," sagte der liebenswürdige
Herr, „ich helfe mit Freuden sowohl dem
Staate lvie dem einzelnen Mitbürger.
M. w„ machen wir. Nichts einfacher
als das."
Wir setzten uns im Reichstagsrestau-
rant in eine Ecke. „Los denn!" sagte
Herr Keil und begann ohne weiteres zu
schreiben:
1. Vermutliche Belohnung für die
vermutliche Entdeckung eines vermutlichen
Eiscnbahnattcutates. 2000 M.
2. Vermutliche Steuerrückzahlungen
seit 1924 . 1000 M.
3. Vermutlicher Lotteriegewinn . . .
20000 M.
4. Vermutliche Verlobung mit einer
Tochter Edisons. 1500000 M.
So sehr mir diese Mitgift auch ge-
fiel, so wagte ich in diesem Falle einen
Einwand.
Budget-Zauber
„Ich bin schon verheiratet," sagte ich
schüchtern. „Macht doch gar nichts, bester
Herr," belehrte mich Herr Keil, „Sie
lassen sich eben scheiden. Die Aus-
führung der Einzelheiten muß ich natür-
lich Ihnen überlassen," und schon schrieb
er weiter:
5. Vermutliche Ehrengabe des italieni-
schen Staates 300000 Lire — 51000M.
„Verzeihung, des deutschen," erlaubte
ich mir zu verbessern. „Nein, des
italienischen," wiederholte inein Wohl-
täter scharf, „denn Sie werden vermut-
lich im Jahre 1927 Mussolini bei einem
Attentate das Leben retten," dann zog
er einen Strich, addierte und stellte fest,
daß mein Jahreseinkommen für 1927
mindestens 1574000 M. betragen werde.
„Donnerwetter!" stammelte ich.
„Na," sagte er lachend, „sind Sie zu-
frieden? Jawohl, so machen wir das;
nur der Optimismus kann uns vor-
wärts bringen." „Den .habe ich,"
unterbrach ich ihn jäh und erfreut, „und
deshalb wollte ich Sie bitten, da ich zur
Zeit leider ohne alles Bargeld bin, mir
auf mein hohes Einkommen gütigst
5 Mark zu leihen."
Herr Keil wurde im Augenblick sehr
„5 Mark leihen," murmelte er. „Mein
Herr, ich stelle Ihnen hier aus Gefällig-
keit einen Voranschlag auf, und Sie
benützen das und niachen daraus einen
wirklichen Anschlag, jawohl, einen ganz
heimtückischen Anschlag ans mein Porte-
monnaie. Wissen Sie denn überhaupt,
was 5 Mark bedeuten?" Er brachte
fünf Markstücke aus seiner Hosentasche
und ließ sie in der Hand klimpern.
„Solche 5 Mark," fuhr er fort, „sind
ein Geld, eine reale Tatsache, keine bloße
Zahlenschreiberei auf Papier wie Ihre
1574000 M. Jahreseinkommen, kein
Reden in die Luft wie die 227 Millionen
Zolleinnahmen im Nachtragsetat. Nein,
mein Freund, ich sage Ihnen, es ist
sür einen guten Hausvater schwerer,
5 Mark klingendes Silbergeld aus der
Hand zu geben als 227 Millionen
Staatsgelder zu verausgaben, von denen
der Teufel wissen mag, wo sie eigentlich
stecken. Hüten Sie sich, diese Begriffe zu
vermengen! Als parlamentarischer Prak-
tiker errechne ich Ihnen Ihre Einnahmen
für 1927 leicht mit 1574000 Mark,
als Privatmann muß ich es unbedingt
ablehnen, Ihnen 5 Mark zu pumpen.
Ziehen Sie daraus die Konsequenzen,
das rate ich Ihnen als Mensch!"
Was sollte denn nun das heißen?
Jedenfalls doch soviel, daß es für mich
nicht ganz einfach sein wird, die Tochter
Edisons zu heiraten. Ich habe deshalb'
meiner Frau auch noch nicht gesagt, daß
ich auf den Rat eines Budget-Sach-
verständigen hin mich von ihr scheiden
lassen MUß. roderlch.
Ein berühmter Astrologe
Dom-Kunkgalien
d" Freien ?ehrervere!»ig»,ig für fluiifipfttgc
100000 schon verbreitet
io Seite erschienen.' Jedes mit tuejem «eteltrec
Som-Werlag in Werlin SW 48