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Äerlin, den 26. Februar 1928

Dieses Slatt erscheint täglich mit Ausnahme der Wochentage
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Alle Rechte für ISmIliLe Artikel und Illustrationen Vorbehalten.

Wochenkalender

Montag, den 27. Februar
Leise zieht durch mein Gemüt
Trauriges Geläute:
überall, wohin man sieht:

Pleite — Pleite — Pleite!

Dienstag, den 28. Februar
Die Locarnopolitik
Führte nicht zum „Räumen",
Stresemannscher Silberstreif
Blieb ein kühnes Träumen.

Mittwoch, den 29.Februar
Auch im Osten scheint's für uns
Nicht geheuer heute —,

Bald vielleicht schon winkt von dort
Uns auch eine — Pleite.

Wochenkalender
Donnerstag, den 1. März
Reichsbanner und Rote Front
Haben frei Geleite —,

Alle Rechts sind vogelfrei —,
Gleiches Recht? Ja, Pleite!

Freitag, den 2. März
über das Reichsschulgesetz
Liegt man arg im Streite —,
Wird man sich nicht einig bald,
Heißt auch dort es — Pleite!

Sonnabend, den 3. März
Und so weiter. — Saug der Star
Sonst zur Frühlingsfeier —,
Übertönt sein Singen heut
Schrill der Pleitegeier.

„Mit der Dummheit-j"

Parteigezänk in Breit' und Länge!

Wer ist es, der am meisten schreit?

Wer treibt und hetzt die wirre Menge?
Das tut die liebe Eitelkeit!

Nach fetten Postchen sieht man schielen
Voll Neid so manchen der Partei;

Will einer eine Rolle spielen,

So schlägt er dies und das entzwei.

Er macht mit Listen und mit Krachen
Ins bißchen Einigkeit ein Loch;

Kann einer sonst auch gar nichts machen,
Sich wichtig machen kann er doch.

Ein Grüppchen hier, dort eine Gruppe,
Allein das alles hält nicht Stich;

Das Vaterland ist völlig schnuppe,

Das große Ziel ist nur das - Ich!

Da hebt ein Mann die Hand. Und Stille
bind Ehrfurcht schreitet durch das Land.
Geschichte redet. Kraft und Wille
Ist in des einen Mannes Hand.

O Trost, wann immer er gesprochen.

Ob sich auch kurz die Stille dehnt:

Du hörst das Herz des Volkes pochen,
Das Herz, das sich nach Größe sehnt.

Die Schar indessen der Kamele,

Was kümmert die des Volkes Herz!
Nicht Haupt, nicht Brust birgt ihre Seele,
Nein, sie sitzt leider hinterwärts.

Sie sitzt in jenem edlen Teile,

Den man nicht gern mit Namen nennt,
Und der verdiente manchmal Keile,

Bis er wie helles Feuer brennt!
 
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