Schultze: Hast im von dem Erlaß des
Provinzialschnlkollegiums i»
Magdeburg jehört über die
„künstlerische Ausstattung von
Schulräumen"?
Müller: Ne, Wat wollen denn die
Mänuekens schon wieder?
Schultze: Na, sie wollen, det die Bilder
von Kriegshelden, Heerführern
usw. in den Schulräumen nich
nfjehängt werden.
Müller: Det is aber merkwürdig, det
sind ja jrade die Persönlich-
keiten, die nach Ansicht der
richtigjehenden Linkser schon
bei Lebzeiten von Rechts
wegen hätten uffjehängt wer-
den niüssen.
Schultze: So is et. e«.
Müller: Paß mal uff, Schulze.
Schultze: Schieß los!
Müller: Also: Et kommt Wat rin.
Schultze: Jut, weiter!
Müller: Wenn det rauskommt —
Schultze: Wat is 'n denn?
Müller: Denn kommt eener 'rin!
Schultze: Vasteh ick nich!
Müller: Det sollste raten.
Schultze: Kann ick nich.
Müller: Nu paß Achtung: 't kommt
Wal rin in 'n Darm. Det
soll Wurscht wer'n. Wenn
det rauskommt, wat da rin-
kommt, denn kommt der
Fleescher rin — int Loch.
Schultze: Nu kapier ick dir. m.
Was bringt
Neugierig aus die Zukunft sind wir
alle, ganz besonders zu Neujahr. Ganz
besonders die Sie's. Und da die liebe
Frau Germania auch eine Sie ist, so
möchte sie gern ei» bißchen hintern Vor-
hang gucken.
Schön! Prophezeien wir also! Prophe-
zeien ist leicht; ob's aber trefft, ist eine
andere Frage. Also lösen wir diese Frage,
indem wir nur Totsichercs prophezeien.
Wobei man einer Dame natürlich nur
Angenehmes sagen darf.
In diesem Sinne wird sich 1929 tot-
sicher auszeichnen:
1. durch eine großartige Blüte der
Wissenschaft, erkenntlich an mindestens
3000 Ehrendoktoren aller Fakultäten;
2. durch eine ebenso großartige Blüte
der Literatur, kenntlich an mindestens
50000 neuen Romanen und 30000
Silvester-Telegramme
Freiburg: Einen betrüblichen Unfall
erlitt soeben der hier auf Urlaub weilende
Dr. Wirth. Beim Rodclrennen in einer
schwierigen Linkskurve gestürzt, fiel er
gleichzeitig bestürzt in eine mit auf-
fallender Sprachlosigkeit verbundene, bei
ihn, noch nie beobachtete Ohnmacht, als
er plötzlich im Schwarzwald auf dem
weißen Schnee sein rotes Blut erblickte.
Erst ein beruhigendes Telegramm Se-
verings, daß die deutsche Republik noch
immer stehe, vermochte den Unigefallenen
wieder auf die Beine und zum Reden
zu bringen.
Berlin: Eine besondere Überraschung
für unser Theaterpublikum bereitet die
„Deutsche Bühne" vor: In einer am
Silvesterabend abgehaltenen Sitzung sämt-
licher Direktoren, Regisseure und Drama-
turgen wurde beschlossen, versuchsweise
einmal dasDrama eines deutschen Autors
anzunehmen. Um diesem sensationellen
Fall die nötige Weihe zu geben, wurde
die Uraufführung des Stückes aus den
FastnachtsdienstagdeskommendenJahres
angesetzt.
Genf: Sicherem Vernehmen nach be-
absichtigt der Völkerbund, für den noch
nicht verliehenen Friedens-Nobelpreis 28
Poincars in Vorschlag zu bringen, da
er, bekannt als der friedfertigste Pazifist
der ganzen Welt, zweifellos auch am
schnellsten und gründlichsten mit dem
Frieden fertig geworden ist.
Paris: Mit ständig wachsender Be-
unruhigung verfolgt die hiesige „Liga
für fortschrittliche Frauenkleidung" die
nach dem „Letzten Schrei" modern ge-
wordene, geradezu katastrophale Verlän-
gerung des Damenrocks, der künftig das
Knie, ja sogar ein großes Stück der Wade
jeder öffentlichen Besichtigung zu ent-
ziehen droht. Um hierfür einen gerechten
Ausgleich zu schassen, schlägt man vor,
nnnniehr die weibliche Oberkleidung ent-
sprechend zu kürzen und zum Ersatz für
den bisherigen Grundsatz „Frei bis zum
Knie" die neue Parole auszngeben:
„Frei bis zum Nabel!". kiki.
UNs 1929?
neuen Autoren, von denen mindestens
die Hälfte an Genie einem Goethe
nahekommen bzw. ihn übertreffen wird;
3. durch eine ebenso große Blüte des
politischen Lebens, indem auch die
letzten dringendsten Bedürfnisse durch
die Gründung von etwa 20 neuen
Parteien behoben werden;
4. durch eine ebenso fulminante Ent-
wicklung der Kunst, aus der mindestens
zehn neue Ismen und Keiten er-
blühen werden;
5. durch die Erkenntnis, daß wir endlich
einen wahren Volksbismarck haben,
indem Herr Scheidcmann noch einen
3. und 4. Band seiner Memoiren
schreiben wird, die er aber nicht ver-
siegelt, sondern für gutes Geld ab-
drucken läßt. —
Lache, Germania.! — et -
Speise mit Zweck!
Für die sinnvolle Ausgestaltung zeit-
gemäßer Zweckessen gehen »ns von be-
währten Kochkünstlern folgende sein
durchdachte Speisezettel zu:
Für Festessen
der Abrüstungskonferenz
(von Küchenchef de la Grosse-Bouche):
Schildkrötensuppe
Schneckenragout
mit Krebsschwänzchen
Sauerkohl nach Briand-Art mit Bei-
lagen (gepfefferte Zunge,
Bockwurst).
Raubfisch mit Giftmorcheln,
Pariser Zubereitung.
Wildgemachter Hammel
mit Poincarotten, Zankapfelmus.
Eisbombe aus Grundeis, englisch.
Süße Kelloggspeise.
Krachmandeln, Kompromißwaffeln,
große Rosinen (im Sack), Knall-
bonbons, Vielliebchen, Kopfnüsse
und Ohrfeigen.
Reparationspumpernickel mit altem
Persailler Quarkkäse.
Für bürgerliche
Mittelstandsessen
(Küchenmeister Schmalhans):
Wassersuppe mit Trauerklößchen.
Stockfisch mit Dörrgemüse.
Gebratener Storch in Mostrich-
tunke oder Taube vom Dach.
Holzbirnen, saure Trauben,
Knallschoten.
(Was man nicht hat, läßt man weg.)—
Auf unsere Bitte,, auch eine Speisen-
folge für die Mahlzeiten des künftigen
Reparationsfestsetzungs-Ausschuffes zu-
sammenzustellen, erwiderten leider beide
Kochkünstler ablehnend; denn hier, so
meinten sie, würde es nicht darauf an-
kommen, was man äße, sondern nur
daraus, möglichst viel zu verschlingen,
für Vielfraße aber gäbe es überhaupt
kein Kochbuch, höchstens eine Vichwage.
Dagegen erklärten sie sich bereit, im
Bedarfsfalls eine Zusammenstellung aus-
erlesener Gerichte für Michels Henkers-
mahlzeit vorzubereiten. reino.
Gefährliche Worte
Tie Interalliierte Rheinlandkommis-
ion hat in Lndwigshafen die Entfernung
iller Anschläge gefordert, die anläßlich
,es zehnjährigen Jahrestages der Be-
atzung erklärten, daß die Bürger gute
Deutsche seien. Nach Ansicht der Kom-
mission wurde durch den ganzen Zu-
sammenhang hiermit die Sicherheit der
sranzösischen Truppen stark gefährdet. -
Das gleiche hat sich am 28. Dezember,
bekanntlich Jahrestag schlimmer Tyraii-
»ei, nämlich des bethlehemitischen Kinder-
aiordes wiederholt. An allen Abrelß-
lalendern der Pfalz mußte das Tages-
alatt entfernt werden. Es trug eine
ganz ähnlich, nach Anhchl d-- K-inl»»°-
kommission dem Sinne nach gleichfalls
schwer aufreizende Inschrift: „Unschuldige
Kindlein." ,odtrlch'
Provinzialschnlkollegiums i»
Magdeburg jehört über die
„künstlerische Ausstattung von
Schulräumen"?
Müller: Ne, Wat wollen denn die
Mänuekens schon wieder?
Schultze: Na, sie wollen, det die Bilder
von Kriegshelden, Heerführern
usw. in den Schulräumen nich
nfjehängt werden.
Müller: Det is aber merkwürdig, det
sind ja jrade die Persönlich-
keiten, die nach Ansicht der
richtigjehenden Linkser schon
bei Lebzeiten von Rechts
wegen hätten uffjehängt wer-
den niüssen.
Schultze: So is et. e«.
Müller: Paß mal uff, Schulze.
Schultze: Schieß los!
Müller: Also: Et kommt Wat rin.
Schultze: Jut, weiter!
Müller: Wenn det rauskommt —
Schultze: Wat is 'n denn?
Müller: Denn kommt eener 'rin!
Schultze: Vasteh ick nich!
Müller: Det sollste raten.
Schultze: Kann ick nich.
Müller: Nu paß Achtung: 't kommt
Wal rin in 'n Darm. Det
soll Wurscht wer'n. Wenn
det rauskommt, wat da rin-
kommt, denn kommt der
Fleescher rin — int Loch.
Schultze: Nu kapier ick dir. m.
Was bringt
Neugierig aus die Zukunft sind wir
alle, ganz besonders zu Neujahr. Ganz
besonders die Sie's. Und da die liebe
Frau Germania auch eine Sie ist, so
möchte sie gern ei» bißchen hintern Vor-
hang gucken.
Schön! Prophezeien wir also! Prophe-
zeien ist leicht; ob's aber trefft, ist eine
andere Frage. Also lösen wir diese Frage,
indem wir nur Totsichercs prophezeien.
Wobei man einer Dame natürlich nur
Angenehmes sagen darf.
In diesem Sinne wird sich 1929 tot-
sicher auszeichnen:
1. durch eine großartige Blüte der
Wissenschaft, erkenntlich an mindestens
3000 Ehrendoktoren aller Fakultäten;
2. durch eine ebenso großartige Blüte
der Literatur, kenntlich an mindestens
50000 neuen Romanen und 30000
Silvester-Telegramme
Freiburg: Einen betrüblichen Unfall
erlitt soeben der hier auf Urlaub weilende
Dr. Wirth. Beim Rodclrennen in einer
schwierigen Linkskurve gestürzt, fiel er
gleichzeitig bestürzt in eine mit auf-
fallender Sprachlosigkeit verbundene, bei
ihn, noch nie beobachtete Ohnmacht, als
er plötzlich im Schwarzwald auf dem
weißen Schnee sein rotes Blut erblickte.
Erst ein beruhigendes Telegramm Se-
verings, daß die deutsche Republik noch
immer stehe, vermochte den Unigefallenen
wieder auf die Beine und zum Reden
zu bringen.
Berlin: Eine besondere Überraschung
für unser Theaterpublikum bereitet die
„Deutsche Bühne" vor: In einer am
Silvesterabend abgehaltenen Sitzung sämt-
licher Direktoren, Regisseure und Drama-
turgen wurde beschlossen, versuchsweise
einmal dasDrama eines deutschen Autors
anzunehmen. Um diesem sensationellen
Fall die nötige Weihe zu geben, wurde
die Uraufführung des Stückes aus den
FastnachtsdienstagdeskommendenJahres
angesetzt.
Genf: Sicherem Vernehmen nach be-
absichtigt der Völkerbund, für den noch
nicht verliehenen Friedens-Nobelpreis 28
Poincars in Vorschlag zu bringen, da
er, bekannt als der friedfertigste Pazifist
der ganzen Welt, zweifellos auch am
schnellsten und gründlichsten mit dem
Frieden fertig geworden ist.
Paris: Mit ständig wachsender Be-
unruhigung verfolgt die hiesige „Liga
für fortschrittliche Frauenkleidung" die
nach dem „Letzten Schrei" modern ge-
wordene, geradezu katastrophale Verlän-
gerung des Damenrocks, der künftig das
Knie, ja sogar ein großes Stück der Wade
jeder öffentlichen Besichtigung zu ent-
ziehen droht. Um hierfür einen gerechten
Ausgleich zu schassen, schlägt man vor,
nnnniehr die weibliche Oberkleidung ent-
sprechend zu kürzen und zum Ersatz für
den bisherigen Grundsatz „Frei bis zum
Knie" die neue Parole auszngeben:
„Frei bis zum Nabel!". kiki.
UNs 1929?
neuen Autoren, von denen mindestens
die Hälfte an Genie einem Goethe
nahekommen bzw. ihn übertreffen wird;
3. durch eine ebenso große Blüte des
politischen Lebens, indem auch die
letzten dringendsten Bedürfnisse durch
die Gründung von etwa 20 neuen
Parteien behoben werden;
4. durch eine ebenso fulminante Ent-
wicklung der Kunst, aus der mindestens
zehn neue Ismen und Keiten er-
blühen werden;
5. durch die Erkenntnis, daß wir endlich
einen wahren Volksbismarck haben,
indem Herr Scheidcmann noch einen
3. und 4. Band seiner Memoiren
schreiben wird, die er aber nicht ver-
siegelt, sondern für gutes Geld ab-
drucken läßt. —
Lache, Germania.! — et -
Speise mit Zweck!
Für die sinnvolle Ausgestaltung zeit-
gemäßer Zweckessen gehen »ns von be-
währten Kochkünstlern folgende sein
durchdachte Speisezettel zu:
Für Festessen
der Abrüstungskonferenz
(von Küchenchef de la Grosse-Bouche):
Schildkrötensuppe
Schneckenragout
mit Krebsschwänzchen
Sauerkohl nach Briand-Art mit Bei-
lagen (gepfefferte Zunge,
Bockwurst).
Raubfisch mit Giftmorcheln,
Pariser Zubereitung.
Wildgemachter Hammel
mit Poincarotten, Zankapfelmus.
Eisbombe aus Grundeis, englisch.
Süße Kelloggspeise.
Krachmandeln, Kompromißwaffeln,
große Rosinen (im Sack), Knall-
bonbons, Vielliebchen, Kopfnüsse
und Ohrfeigen.
Reparationspumpernickel mit altem
Persailler Quarkkäse.
Für bürgerliche
Mittelstandsessen
(Küchenmeister Schmalhans):
Wassersuppe mit Trauerklößchen.
Stockfisch mit Dörrgemüse.
Gebratener Storch in Mostrich-
tunke oder Taube vom Dach.
Holzbirnen, saure Trauben,
Knallschoten.
(Was man nicht hat, läßt man weg.)—
Auf unsere Bitte,, auch eine Speisen-
folge für die Mahlzeiten des künftigen
Reparationsfestsetzungs-Ausschuffes zu-
sammenzustellen, erwiderten leider beide
Kochkünstler ablehnend; denn hier, so
meinten sie, würde es nicht darauf an-
kommen, was man äße, sondern nur
daraus, möglichst viel zu verschlingen,
für Vielfraße aber gäbe es überhaupt
kein Kochbuch, höchstens eine Vichwage.
Dagegen erklärten sie sich bereit, im
Bedarfsfalls eine Zusammenstellung aus-
erlesener Gerichte für Michels Henkers-
mahlzeit vorzubereiten. reino.
Gefährliche Worte
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,es zehnjährigen Jahrestages der Be-
atzung erklärten, daß die Bürger gute
Deutsche seien. Nach Ansicht der Kom-
mission wurde durch den ganzen Zu-
sammenhang hiermit die Sicherheit der
sranzösischen Truppen stark gefährdet. -
Das gleiche hat sich am 28. Dezember,
bekanntlich Jahrestag schlimmer Tyraii-
»ei, nämlich des bethlehemitischen Kinder-
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lalendern der Pfalz mußte das Tages-
alatt entfernt werden. Es trug eine
ganz ähnlich, nach Anhchl d-- K-inl»»°-
kommission dem Sinne nach gleichfalls
schwer aufreizende Inschrift: „Unschuldige
Kindlein." ,odtrlch'