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Oer bekannte Schwur

(Scheibemann rück, von seinem üblen Machwerk ab.)

»Die Hand soll mir zum zweitenmal verdorren, wenn ich
den Hetzartikel geschrieben habe!"

Verdienste

Herr Staatssekretär a. D. Bredow bat
nach der Verhaftung der Korruptions-
rundfunkgrößen, ihn doch ebenso zu be-
handeln wie diese „hochverdienten"
Männer. Diese Verdienste wird nie-
mand bestreiten, sie waren sogar sehr
hoch. Da im Dritten Reich jeder be-
kommen soll, was er nach seinen Leistun-
gen verdient, wird auch Herr Bredow
sicher nach Verdienst behandelt werden.

Äedenlen

Der Deutsche Volksbund hat sich
wegen wiederholter Beschlagnahme deut-
scher Zeitungen in Polnisch-Oberschlesien
beim Völkerbundsrat in Genf beschwert.

Das ist sehr verständlich. Ob es aber
taktisch richtig ist? Die Gegenseite wird
einwenden, daß die deutsche Minderheit
in Polen es gar nicht so unerträglich
schwer haben kann, wenn sie sich noch
extra — selbst beschwert!

Mir pass'n scho auf!

An, Herrn Kladderadatsch

da drob'n in Preißen!

Jetzt Sie, d' Kommunist'n, die war'n
net viel munter, / da drucknSie nur drauf
und de Brut glei fest »unter / und mir
da im Süden, Sie Hamms ja Wohl
g'lesen, / mir san aa ganz tüchtig am
Arbeiten g'wesen, / denn so geht's net
weiter, was j’inJ is, is z'viel. / Ja,
Wissens, und dann, wia's der Teufel grad
will, / da is uns in d' Händ was ganz
extrafein's gsallen, / a Flugblatt is
g'wesen, fein säuberlich g'malen / und da
is drauf gstanden — vielleicht spannen
Sie's aa, / wia des wieder z'samm-
hängt! —: — B. V.A.! / Ja ja, so

hats g'hoaßen. Doch denkens dabei / sei
ja net an d'Bayrische Volkspartei, / denn
de is verblichen, ohne Frist zur Bewäh-
rung / de Sach hoaßt jetzt „Baye-
rische Volksaufklärung" (!!) / und in dem
„IT 3", da taten de Vettern / auf d'Hitler-
Jugend — zur Aufklärung! wettern. /
Natürlich hat des koan Menschen ge-
niert / und d' Hitler-Jugend, Sie, de is
marschiert, / schön stramm beianand, und
unendliche Haufen — / groß wenn de erst
san . . . d' Welt könn' m'r uns kaufen! /
und 's war grad a Freud und g'hupft is
vor Lust / an jedem, der's g'sehen hat,
's Herz in der Brust / hat's aa den Auf-
zug a bissl verregnet, / des is was, was
Heuer oam oft g'nua begegnet / und des
druckt koam richtigen Hitler auf d' Seel', /
de Jugend war deshalb genau so fidel, /
und Sie brauchen Eahne gar nix denka, /
de schafft's schon, de Jugend! Heil!

Wurmdobler, Privatier z'Menka.

Madame de Stael:

„Deutschland kann seiner geographi-
schen Lage nach für das Herz Europas
gelten, und der große Bund des Kon-
tinents allein durch dieses Landes Un-
abhängigkeit die eigene wiedererlangen."

Dem weisen Richter Ivo Werikden,
den der Kalif über die Verrückten ge-
setzt hatte, führten die Häscher drei
Kauslente vor.

„Sie vernichten den Wohlstand und
das Glück der Welt", zürnten die An-
kläger, „ihr gestörter Geist ist voll Bos-
heit und Unbarmherzigkeit. Du weißt,
Gestrenger, wie viele Wackere im Lande
bitteren Hunger leiden und nach kärg-
licher Nahrung schreien. Von diesen
drei Wahnwitzigen aber hat der eine
fünf Millionen Scheffel Weizen ver-
brennen lassen, der andere Befehl
gegeben, sicbenhunderttausend Dattel-
bäume niederzuschlagcn, während der
dritte jeden Bauer, der sein Feld un-
beackert läßt, je nach Größe des Feldes
mit Zechincn besoldet. So bringen sic
die Armen um das Brot, das Allahs
Güte ihnen gewähren will. Wirf sie

Wirtschaft, Horatio, Wirtschaft!

ins Verließ, Gewaltiger, daß sie nicht
fürder gotteslästerlichen Schaden tun
und das Reich zugrunde richten können."

Ivo Werikden sah von den fränkischen
Zeitungen auf, in die er, der fremder
Völker seltsame Bräuche studierte, sich
vertieft hatte. Gedankenvoll strich er
den weißen Bart. „Wo habt ihr den
vierten Kaufmann", fragte er „der be-
sondere Exportprämien für die Aus-
fuhr einheimischen Getreides zahlt,
wenn die anderen Getreide ein- und
ausführcndcn Länder zu keiner Eini-
gung über die Verringerung der Anbau-
fläche gelangen?"

Da starrten ihn die Häscher offenen
Mundes au. „Solchen Irrsinn gibt
es?" verwunderten sie sich baß.

Ernsthaft belehrte der weise Kadi die
Ungebildeten. „Alles, was die vier

Kaufleute tun", sprach er, „ist nicht
Irrsinn und Wahnwitz, sondern moderne
abendländische Volkswirtschaft."

„Aber sie vernichten den Wohlstand
und das Glück der Welt", beharrten
jene. „Hören wir doch täglich, daß
Zahllose Hungers sterben. Zahllose nicht
wissen, wo sie für ihre Kinder einen.
Bissen hernehmen sollen."

„Ich werde den Deubel tun und das
Kalifat im Abendland lächerlich machen",
entschied Ivo Werikden. „Ich werde
die Herren vielmehr Sr. Majestät Harun
al Raschid zur Dekorierung Vorschlägen."

„Bösartige Verrücktheit ist cs doch,
was sie treiben", knurrte ei» Sackträgcr.

Milde belehrte auch ihn der weise
Richter: „Damit verdient man das
meiste Geld!" Und ließ ihm zum Aus-
gleich die Bastonade reichen.
 
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