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Schwierige Situation

<J» Österreich wurde das Slandrccht verlündcl.»

Dollfuß: „Eine

kleine Äasis — und wackelig außerdem noch!"

Kleiner Äriefkasien für Jedermann

Früherer Reich sg r.a f i n
Gotha: Das ist allerdings eine
schmerzliche Weihnachtsbescherung für
Sie, daß Sie nun den seinerzeit durch
eine teure Adoption erkauften Reichs-
grafentitel wieder oblegen und Ihren
früheren bürgerlichen Namen wieder
führen müssen. Aber niemand wird Sie
hindern, auf Ihre Visitenkarte zu
schreiben: „Rcichsgraf a. D."
Frauenrechtlerin in Berlin
W.: Sie bedauern, daß dem neu ge-

wählten Reichstag nicht eine einzige
Frau angehört. Es hängt das wohl mit
der allgemeinen Einführung von Partei-
uniformen zusammen, die eben den Da-
men vielfach nicht stehen. Das Hitler-
Braun z. B. wird nie zur großen Pa-
riser Mode werden.

Deutscher Christ im Harz:
Wenn Sie Weihnachten wirklich auf dem
Brocken verbringen und dort ein alt-
germanisches Julfcst veranstalten wollen,
so raten wir Ihnen dringend, doch
unter Ihrem Druidenkostüm warme
Wollwäsche zu tragen, auch heißen Grog
bereitzustellen, der ja am Feuer des
Altars warm gehalten werden kann und
ganz stilgerecht wirkt.

B ib e l k r i t ik e r in Tübin-
gen: Es geht nicht an, daß Sie mit
Rücksicht aus die Volksabstimnning nun
den Spruch „Eure Rede sei ja, ja, nein,
nein usw." durch Streichung der Worte
„nein, nein" abändern, so gut es ge-
meint sein mag. Auch Ihnen gilt
Luthers Mahnung: „Das Wort sic

sollen lassen stahn!" p.

Völkerball

Marianne: Eigentlich bin ich ja
nur deshalb zum Tanz gegangen, um
diesem Boche vor aller Welt meine Miß-
achtung zu zeigen. Einen Korb werd'
ich ihm geben, einen Korb —

Mutter Britannia : So recht,
mein Engclskind! Giften soll er sich,
daß er platzt.

Marianne: Wird er mich aber
auch aufsordcrn?

Mutter B r i t a n n i a : Welch

ein Zweifel! (Leise.) Ich Hab' ihm doch
unter der Hand zugeslüstert, daß du zur
Versöhnung bereit seist. Und weil er
keine andere Tänzerin findet —

Marianne: Alle lassen ihn ab-

sallen! Und dann erst ich!

Mutter B r i t a n n i a : Die

Blamage gönn' ich dem Bengel!

Michel (walzt mit Signora Jlalia
vorbei).

Marianne: Verflixt! Die Angen
könnt' ich ihr auskratzen.

M u t t e r B r i t a n n i a : Nur ruhig,
liebstes Herz! Die Italienerin tanzt
regelmäßig aus der Reihe. Aber die
andern —

Michel (rheinländert mit Miß
Amerika).

Marianne: Diese verräterische

Mutter B r i t a n n i a : Sic weiß
nicht, was sie tut, die Sorge um den
Dollar hat ihr den Sinn verwirrt.

Michel (tanzt Krakowiak mit Po-

Ar a r i a n n e : Ich falle in Ohn-

macht! Meine treueste Freundin!

Mutter B r i t a n n i a : Wie

darfst du so etwas sagen, teures Schnuk-
kelchcn! Deine treueste Freundin bin
doch ich.

Marianne: Ach ja, du Redliche,
wenn du nicht wärst!

Michel (nähert sich).

Marianne (mit neuem Mut): Er
beißt an!

Mutter B r i t a n n i a (rasch ent-
schlossen zu Michel, augenzwinkernd): Laß
dich nicht mit der blöden Gans hier ei»!
Komm, braver Junge, wir beide ris-
kieren jetzt eine Polka!

Appeiitreizend

Die „Reichsmodckommission im Bund
deutscher Frisöre" gibt allgemeine
Richtlinien über die neuen Frisuren
heraus und schließt mit den Worten:
„Der Nacken bleibt nach wie vor an-
geschnitten."

Unwillkürlich denkt man hierbei an
das Anschneiden eines leckeren Bratens.
Die Geschmacksrichtungen gehen da ja
sehr auseinander — der eine mag den
Anschnitt nicht, für den ander» ist er
gerade das Beste und die Aussicht auf
ihn geradezu appeiitreizend. Hoffent-
lich lvird das Anschneiden in unserm
Fall nur in letzterem Sinne wirken! Es
ist sehr wünschenswert, daß die Männer
immer noch fleißiger als bisher an-
bcißen! eso.
 
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