Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
hinzuzufügen, doch abzusehen, da die nach
der „Kürzung" verbliebene „Dosis Auf-
schnitt" so mikroskopisch winzig erscheint,
daß ihre Spuren, wenn sie „aus dem natür-
lichen Wege wieder das Tageslicht er-
blicken, wohl selbst für das geschärfte
Auge eines mit dem Nobelpreis gekrönten
Forschers kaum mehr wahrnehmbar wäre»,
was doch im Interesse einer gewissenhaften
Kontrolle als durchaus wünschenswert
erscheint.

Eiderstedl (Schleswig-Holstein). K. E.:
In den „Münchner Neuesten Nachrichten"
(nähere Angaben fehlen) lesen wir: „Din-
golsing. Ein Hundertjähriger. Der ehe-
malige Zimmermann und Landwirt Georg
Niederlechner in Reisbach kann dieser Tage
sein 100. Wiegenfest begehen. Er ist Vater
von 15 Kindern. Der Vater des Hundert-
jährigen wurde 89 Jahre, seine Mutter
91 Jahre alt. Niederlechner ist noch rüstig
und läßt sich täglich zwei Halbe Bier und
seine Zigarren schmecken." Diese Nachricht
bereitete unserem Bicrmörder ein derartiges
seelisches Wohlbehagen, daß er sofort seinen
munteren Pegasus bestieg und dichtete:

Und sollten die gütigen Götter auch mir
Zweihundert Semester bescheren, —

Wie der alle Niederlechner hier
Will ich Gambrinus ehren.

Dann setzt mir gütigsl aus den Tisch
Eine „Halbe" nach der andern,

Ich werde heiter und jugendfrisch
Ins neue Semester wandern.

Doch sollte ich einst in der Seligen Saal
Mit Niederlechner „smollieren",

Dann wird uns Petrus allemal
Pro die zwei „Halbe" spendieren.

Hamburg. l>r. H. Pf.: In Nr. 286 der
„Hamburger Nachrichten" lesen wir im
Wetterbericht der Öffentlichen Wetterdienst-
stelle Hamburg für den 22. Juni 1984:
„Das Tief über der Nordsee zieht mit
mäßigem Durchsall aus der Vorderseite ost-
wärts. Die Kaltluftströmung auf der Rück-
seite wird nach unserem Bezirk sich durch-
setzen und der Witterung einen veränder-
lichen Charakter geben." Die Öffentliche
Wetterdienststelle Hamburg übt, allem An-
schein nach, außerdem noch die Funktionen
eines Gesundheitsamts für die Waterkant
aus; ihre Prognosen sind daher meteoro-
logisch-medizinischer Art, und die hier an-
gckündigtc Voraussage würde, in leicht-
faßlicheS Deutsch überseht, ungefähr lauten:

Bei Tiefdruck stellt sich insgemein
Sehr leicht ein mäßiger Durchfall ein;
Wird dir die Rückenseite kalt,

Dann merkst du's hinterwärts sehr bald;
lind was sich „durchsetzt" oder „schlich",
Zeigt meistens sich — „veränderlich",
Drum halte jeder, Man» und Weib,

Die Kaltluftslrömung sich vom Leib!

Hindenburg (O.-Schl.). I)r. K.: I»

Nr. 177 der „Nationalsozialistischen Deut-
schen Ostfront" befindet sich folgendes Ge-
such: „Säuglingsschwester mit guten Zeug-
nissen, jung, gebildet, zu 14 Jahre alt.
Kinde gesucht. Angebote mit Gchalts-
ansprüchen n. Lichtbild u. K1000 an die
Ostfront Casel." Hier liegt bestimmt ein
spaßhafter Irrtum vor; denn ein vierzehn-
jähriger echter deutscher nationalsozialisti-

scher Junge (oder auch Mädchen) Pflegt
gottlob schon so ausgewachsen zu sein, daß
er sich keinen Schnuller mehr von einer
Säuglingsschwester in den Mund stecken
läßt; im Gegenteil, selbst als kleiner
„Pimpf" von acht Jahre» marschiert er
bereits mit festem Tritt kräftig mit und
singt das „Volk, ans Gewehr!" wie ein
großer SA-Mann.

Jena. F. A.: In Nr. 144 der „Jenaischen
Zeitung" lesen wir in dem Polizcibericht
über den flüchtigen Ein- und Ausbrecher
Walter Müller: „Er ist 29 Jahre, 1,60 m
groß, hat dunkelblondes langes Haar,
wellige Nase, braune Augen. An seinem
unreinen, mit vielen Pickeln und kleinen
Narben versehenen Gesicht leicht kenntlich."
Manche Nasen seh'n gefällig
Aus, ob griechisch, bajuvarisch;

Aber — wenn die Nase „wellig",

Ist sie ganz bestimmt nicht arisch.
Allerdings komml's aus die Stelle
An, wo Nasen Wellen schlagen:

Grad' die krumme Riesenwelle
Schätzt man nicht in unser» Tagen.
Blüht dir solche — Junge, Junge,

Ins Attest schreibt man barbarisch:

„Nase von verdächt'gem Schwünge
Und das Gegenteil von — arisch."

Königsberg (Pr.). Dr. M. Z.: In Nr. 182
des „Königsberger Tageblatts" lesen wir
unter „Verkehrsunfälle am Dienstag":
„Gegen 14.45 Uhr wurde an der Straßcn-
kreuznng Kantstraßc-Altslädtische Langgassc
eine Frau von einem Radfahrer angefahren
und zu Boden geworfen. Der Radfahrer
klagte über Schmerzen im Leib." Nur der,
dessen Wiege nicht am Pregel gestanden
hat, fühlt sich durch die Fassung dieser
Notiz ein wenig befremdet. Der Kundige
aber weiß: die Königsbcrgcr Damen sind
außergetvöhnlich resolut und kräftig; und
wird eine von ihnen von einem Schlingel
von Radfahrer angefahren und zu Boden
geworfen, dann springt sie a tempo auf und
verhaut den Übeltäter nach Strich »nd
Faden; öfters gibt es dann wohl auch
einen gelinden Fußtritt in die „Kal-
daunen"; und die hier angeführten
Schmerzen des Radfahrers im Leib sind
wohl darauf zurückzusühren.

Magdeburg. A. F.: Im „Magdeburger
General-Anzeiger" vom 1. Juli 1934 be-
findet sich folgendes Gesuch: „Kdl. Braut-
paar sucht Wohnung, bis 80 M., feste
Stellung. Offerten 24 W 133 an Fabcr-
Verlag."

Ein „kinderloses Brautpaar" nimmt
Als Vater jeder gern bestimmt;

Denn wenn ein Viertelduhcnd Göhren
Sich läßt im Chore brüllend hören
Und dazu jährlich im Quartal
Erscheint die Hebeamm' einmal —

Dann sehnt man sich ganz offenbar
Nach — „kinderlosem Ehepaar".

Oldenburg i. O.: I. B.: In Nr. 177
der „Bremer Nachrichten" befindet sich eine
Plauderei über wertvolle Funde aus der
Germanischen Bronzezeit; unter anderem
wird auch der „Goldene Fisch" aus dem
Goldsund von Vettersfelde erwähnt; dazu
wird bemerkt: „Der ,Goldene Fisch' und

ein Teil der mit ihm gefundenen Gegen-
stände ist heute im Berliner Antiquarium
im Original."

Verdammtes Fremdwort! Schnedderedäng!
Wir sind voll Zweifel geladen!

Ist Antiquarium vielleicht ein Bassäng,

In dem Antiquare sich baden?

Spandau. Dr. E. M.: In der „Deutschen
Illustrierten" vom 19. Juni 1934 lesen
wir: „Ein findiger Statistiker hat sich der
Mühe unterzogen, zusammenzurechnen, wie-
viel Zeit ei» Durchschnittsmensch im Alter
von 70 Jahren für die Hauptbeschäfti-
gungen seines Lebens anftvandte. Er kam
dabei zu folgenden sensationellen Ergeb-
nissen: 25 von 70 Jahren Arbeit, 20 Jahre
Schlaf, 7 Jahre Sport und Spazierengehen,
ebenfalls 7 Jahre Vergnügen, 5 Jahre
Toiletlemachcn, 3 Jahre Warten, 2 Jahre
Esse», 1 Jahr Telephonieren, 4 Monate
Naseputzen, 2'A Monate Uhrausziehen »sw.
usw." Die hier vorgenommene Arbeits-
einteilung der 70 Jahre darf keinerlei
Anspruch aus vollkommene Richtigkeit b'e-
anspruchcn; unser Rcdaktionsspczialforscher
für derartige Mnge setzt aus Grund seiner
höchst mühevollen Untersuchungen noch
folgende Ergänzung hinzu: 3’A Monate
Hühneraugenbcschneidcn, 17 Monate stumpf-
sinnig vor sich hin döse», 8 Monate in
Momenten höchster Verlegenheit Am-Kopf-
kratzen (hier macht unser Forscher einen
wesentlichen Unterschied zwischen Links-
händer und Rechtshänder), und zwar
5A Monate hinter dem linken Ohr,
2'A Monate hinter dem rechten Ohr; da-
gegen setzt er für das übliche gemächliche
Verweilen auf dem „tocus voluptatis",
wohl nur auf Grund subjektiver Schätzun-
gen, die uns ungewöhnlich hoch erscheinende
Summe von 11 Jahren und 9 Monaten fest.

Sulingen (Prov. Hannover). Dr. E. D.:
In Nr. 145 der „Sulinger Nachrichten"
lesen wir: „Sulingen, 25. Juni. Der
gestrige Schützcnausmarsch der Schühen-
gcscllschaft Sulingen hat wieder seine alte
Anziehungskraft ausgeübt. Besonders in
den Abendstunden herrschte in dem Schützen-
Haus bei Nordloh eine beängstigende Fülle,
so daß mancher Schweißtropfen und
mancher andere Tropfen den vorgeschrie-
benen Weg gehe» mußte." Im Gegensatz
zu Ihnen, verehrter Einsender, sind wir
durchaus der Ansicht, daß diese kleine
diskrete, sozusagen tropfenweise Andeutung
völlig genügt, um den Zweck zu erreichen,
daß der Leser „im Bilde" sei. Der an-
scheinend äußerst feinfühlige Berichterstatter
wußte recht gut, was er tat, als er nach
der „beängstigenden Fülle", die im Schützen-
Haus bei Nordloh herrschte, nicht etwa da-
von sprach, daß dieser oder jener Schützen-
bruder nicht mehr dicht halten konnte,
sondern die weitere drastische Ausmalung
der kleinen „zwangsläufigen" Vorkomm-
nisse völlig der Phantasie der Leser überließ.

..._.einzelne Redaktivnsmltglieder persönlich zu

adressieren. Lei der großen Menge der un» zuaehen-
den Bciirägk lönncn wir diese nur zurückschicken.
wenn -in mit den nötigen Briefmarken und mit
Aufschrift verlebener Brie,Umschlag beigesügt ist.
gür Brieskastenbeilräge wird nicht» vergütet.

Abschluß dieser Nummer: 12. Juli 10S4.

Oie Schnstleitvn, de« Madderadatsch

len«. Sämtlich in Berlin.

klung: B. Fiedler. Schristlei

BrieskaNen: Mar Brinlmann. Künstlerischer Beirat: «rtbur J-bnsvn
,b.H.. Berlin SW68, Wilb-lmür.«: Postscheck-!!-,!,»- Berlin Nr. 2° »LI. T-legr..

8dL!"«adderadattch.'Berlin."— y-msp«chaiüchWe"für «rpedülvm'^gman» ÄL''«^'!gen°bt.:^-rgn(ann'Ä'ti. - Druck: W. Büpenstein. Berlin LV 68 Alle Rechte für samt
liebe Artikel und Illustrativ!,-!, Vorbehalten. Nachdrucke au» dem Kladderadatsch sind nur mit ausdrücklicher Genebmigung der VerlagSbandlung g-üatl-t. Copyright by a. Hosmann & 6 r.
‘ -- - - -.-> ---ter, Postoffice New York, N. Y. D. A. 17 965 II. Bs.

vierleljäbrlich^G.c» Reichsmark, dir
Bestellun-*-.*

iuch alle Buchbandlungei

ch Reichsmark 2.28.
 
Annotationen