Wahrheit und Dichtung
Bekannte von mir, Lattermanns heißen sie, wären in>
Theater und kommen nach Hause. Frau Lattermann macht
ein merkwürdiges Gesicht.
Lattermann fragt: „Was ist los?"
Frau Lattermann antwortet, indem sie weiter schnuppert:
„Riechst du nichts?"
Lattermann sagt: „Doch, doch. Es riecht nach Zigarette."
Und es roch tatsächlich nach Zigarette.
Herr und Frau Lattermann sind Nichtraucher. Dafür haben
sie ein Kind, die kleine Petra, sie wird jetzt vier Jahre.
Am nächsten Morgen. Das Dienstmädchen ist einholen ge-
gangen. Petra wird von Herrn Lattermann verhört. Aus
Petra ist nichts herauszukriegen. Herr Lattermann hat auch
gar keine Zeit. Er muß ins Büro.
Als er abends nach Hause kommt, überrascht ihn seine
Gattin mit der Neuigkeit: Petra habe alles gestanden.
„Wie hast du das gemacht?" fragt Lattermann.
Frau Lattermann antwortet: „Sehr einfach, ich habe Petra
gefragt, ob Erna gestern Abend Besuch gehabt hat — den
Rudi, den jungen Mann aus der Leihbibliothek?"
„Na und?"
„Na, und ich habe eben Petra so lange gefragt, bis sie es
gestanden hat. Natürlich war der Rudi da."
Herr Lattermann hat mal irgendwo gelesen, daß man vor-
sichtig sein müsse, wenn man ein Kind als Zeugen aufruft.
Er läßt also sein Töchterchen kommen.
„Petra, war gestern abend ein Elefant in unserer
Wohnung?"
Petra ist begeistert. „Ja, Pappa, ein Elefant war da!"
„Petra, erinnere dich bitte ganz genau, mein Kindchen!
War wirklich gestern Abend ein Elefant in der Wohnung?"
„Ja, Pappa, Ehrenwort — ein Elefant!"
„Oder vielleicht ein Löwe?"
„Ja, Pappa, ein großer Löwe, der Wauwau gemacht hat."
„Löwen machen nicht Wauwau, mein Kindchen."
Frau Lattermann funkt dazwischen: „Und außerdem rauchen
Löwen keine Zigaretten."
Lattermann: „Laß das gefälligst! Machst das Kind ganz
verwirrt. Also, Petra, hör mal zu! War gestern Abend der
Rudi in unserer Wohnung oder ein großer Löwe?"
„Nein, Pappa — ein Krokodil!"
„Und das hat auch Wauwau gemacht?"
„Ja, Pappa, das hat auch Wauwau gemacht."
„So ein hirnverbotener Blödsinn, so ein dämlicher!"
Petra sängt an, schrecklich zu heulen.
Das Verhör ist beendet.
Nie werden Lattermanns erfahren, warum es gestern
Abend nach Zigarette gerochen hat.
Erna auch nicht.
Denn während sie mit ihrem Rudi im Hausflur munkelte,
hat Klein-Petra für ihre kranke Puppe Baldriantee gekocht
und einige auf der Straße gefundene Zigarettenstummel als
Brennmaterial verwendet. ULirdI
Der Herr Professor
Felix Dahn, der Dichter des Buches
„Ein Kampf um Rom", traf in Bres-
lau eines Tages auf der Straße einen
ganz verstört dreinschauenden Stu-
denten.
Was ist mit Ihnen los, mein Lie-
ber?, fragte er den Unglücksraben.
Ach, erwiderte der im Examen
stehende Jüngling, mein Kopf ist wie
eine Wüste.
Trösten Sie sich, sagte Dahn, auch in
der Wüste gibt es Oasen.
Der Student seufzte und sprach:
Wenn die Kamele sie nur finden
möchten!
Eigentlich eine alltägliche Geschichte
In Athen bediente ein Kellner die
Gäste eines Stammlokals sieben Jahre
lang zu aller Zufriedenheit. Eines
Tages klagte er über Schmerzen am
Blinddarm und begab sich auf den Rat
seines Arbeitgebers in eine Klinik.
Dort wurde festgestellt, daß der „Herr
Ober" eigentlich eine „Frau Oberin"
war, woraufhin dann der „Herr Ober"
einige Stunden später von einem ge-
sunden Knäblein entbunden werden
konnte.
Das wichtigste ist und bleibt, festzu-
stellen, wer die Bestellung „Ober, ein
Kleines!" aufgegeben hat, damit der
Ruf „Ober, zahlen!" nicht ungehört
verhallt.
Dienst am Kunden
Wer in Chikago Heizmaterial kauft,
erhält es von weißgekleideten Männern
auf weißen Karren, die von weißen
Schimmeln gezogen werden, frei Haus,
und jedes einzelne Brikett ist in blüten-
weißes Papier gewickelt.
So schreitet die Technik unaufhalt-
sam vorwärts. Sicherem Vernehmen
nach gibt es bald farblosen Kakao,
Hunde mit abschraubbarer Belle und
geruchlosen Guano.
Aber bis zu einem einigermaßen
brauchbaren Ölsardinenbüchsenöffner
werden wir es niemals bringen.
Auch eine Leistung
Ein Amerikaner will den Ozean
zwischen New Pork und Southampton
schwimmend überqueren. Als vor-
sichtiger Mann wird er sich dabei nicht
den unsicheren Wellen des Ozeans,
sondern dem Schwimmbassin eines
Dampfers anvertrauen. Er will
während der ltberfahrt, also vierein-
halb Tage lang, darin herum-
schwimmen.
So viele Umstände braucht sich unser
Mann doch gar nicht zu machen! Auch
als gewöhnlicher Fahrgast des
Dampfers kann er von sich behaupten,
den Ozean schwimmend überquert zu
haben.
Das Konzert aus dem Geisterreich
Ein merkwürdiges Konzert wurde
dieser Tage vom englischen Rund-
funk gesendet. Es wurde ein Trauer-
marsch gespielt, der zuletzt vor 3000
Jahren in einem Pharaonenpalast er-
klungen und durch Vermittlung eines
„Geistes" unserer Gegenwart überlie-
fert worden sein soll. So behauptet es
wenigstens der Musiker aus dem Ee-
spensterreich, llr. Woods. Er will die
Melodie von seinem Medium übernom-
men haben, das sie summte, als man
Vorgänge aus dem alten Ägypten her-
beizauberte.
Mit Medium und Geistererscheinung
braucht diese Pharaonenmusik nicht un-
bedingt zusammenzuhängen. Es gab
z. B. schon immer neue Operetten, deren
Melodien den Musikverständigen uralt
oorkamen.
Harter Brocken
Eine elegante Juwelendiebin hat in
Amerika ihren Scotchterrier ab-
gerichtet, aus Frauchens Hand Ringe
und Edelsteine zu naschen. Niemals
ist ein Unglück dabei passiert, bis
Scotchi einmal unter Ächzen und
Stöhnen einen Ring heraushustete,
woraufhin Frauchen an die Kette ge-
nommen wurde.
Auch ein Hund geht nur so lange
zum Juwelier, bis er bricht.
Bekannte von mir, Lattermanns heißen sie, wären in>
Theater und kommen nach Hause. Frau Lattermann macht
ein merkwürdiges Gesicht.
Lattermann fragt: „Was ist los?"
Frau Lattermann antwortet, indem sie weiter schnuppert:
„Riechst du nichts?"
Lattermann sagt: „Doch, doch. Es riecht nach Zigarette."
Und es roch tatsächlich nach Zigarette.
Herr und Frau Lattermann sind Nichtraucher. Dafür haben
sie ein Kind, die kleine Petra, sie wird jetzt vier Jahre.
Am nächsten Morgen. Das Dienstmädchen ist einholen ge-
gangen. Petra wird von Herrn Lattermann verhört. Aus
Petra ist nichts herauszukriegen. Herr Lattermann hat auch
gar keine Zeit. Er muß ins Büro.
Als er abends nach Hause kommt, überrascht ihn seine
Gattin mit der Neuigkeit: Petra habe alles gestanden.
„Wie hast du das gemacht?" fragt Lattermann.
Frau Lattermann antwortet: „Sehr einfach, ich habe Petra
gefragt, ob Erna gestern Abend Besuch gehabt hat — den
Rudi, den jungen Mann aus der Leihbibliothek?"
„Na und?"
„Na, und ich habe eben Petra so lange gefragt, bis sie es
gestanden hat. Natürlich war der Rudi da."
Herr Lattermann hat mal irgendwo gelesen, daß man vor-
sichtig sein müsse, wenn man ein Kind als Zeugen aufruft.
Er läßt also sein Töchterchen kommen.
„Petra, war gestern abend ein Elefant in unserer
Wohnung?"
Petra ist begeistert. „Ja, Pappa, ein Elefant war da!"
„Petra, erinnere dich bitte ganz genau, mein Kindchen!
War wirklich gestern Abend ein Elefant in der Wohnung?"
„Ja, Pappa, Ehrenwort — ein Elefant!"
„Oder vielleicht ein Löwe?"
„Ja, Pappa, ein großer Löwe, der Wauwau gemacht hat."
„Löwen machen nicht Wauwau, mein Kindchen."
Frau Lattermann funkt dazwischen: „Und außerdem rauchen
Löwen keine Zigaretten."
Lattermann: „Laß das gefälligst! Machst das Kind ganz
verwirrt. Also, Petra, hör mal zu! War gestern Abend der
Rudi in unserer Wohnung oder ein großer Löwe?"
„Nein, Pappa — ein Krokodil!"
„Und das hat auch Wauwau gemacht?"
„Ja, Pappa, das hat auch Wauwau gemacht."
„So ein hirnverbotener Blödsinn, so ein dämlicher!"
Petra sängt an, schrecklich zu heulen.
Das Verhör ist beendet.
Nie werden Lattermanns erfahren, warum es gestern
Abend nach Zigarette gerochen hat.
Erna auch nicht.
Denn während sie mit ihrem Rudi im Hausflur munkelte,
hat Klein-Petra für ihre kranke Puppe Baldriantee gekocht
und einige auf der Straße gefundene Zigarettenstummel als
Brennmaterial verwendet. ULirdI
Der Herr Professor
Felix Dahn, der Dichter des Buches
„Ein Kampf um Rom", traf in Bres-
lau eines Tages auf der Straße einen
ganz verstört dreinschauenden Stu-
denten.
Was ist mit Ihnen los, mein Lie-
ber?, fragte er den Unglücksraben.
Ach, erwiderte der im Examen
stehende Jüngling, mein Kopf ist wie
eine Wüste.
Trösten Sie sich, sagte Dahn, auch in
der Wüste gibt es Oasen.
Der Student seufzte und sprach:
Wenn die Kamele sie nur finden
möchten!
Eigentlich eine alltägliche Geschichte
In Athen bediente ein Kellner die
Gäste eines Stammlokals sieben Jahre
lang zu aller Zufriedenheit. Eines
Tages klagte er über Schmerzen am
Blinddarm und begab sich auf den Rat
seines Arbeitgebers in eine Klinik.
Dort wurde festgestellt, daß der „Herr
Ober" eigentlich eine „Frau Oberin"
war, woraufhin dann der „Herr Ober"
einige Stunden später von einem ge-
sunden Knäblein entbunden werden
konnte.
Das wichtigste ist und bleibt, festzu-
stellen, wer die Bestellung „Ober, ein
Kleines!" aufgegeben hat, damit der
Ruf „Ober, zahlen!" nicht ungehört
verhallt.
Dienst am Kunden
Wer in Chikago Heizmaterial kauft,
erhält es von weißgekleideten Männern
auf weißen Karren, die von weißen
Schimmeln gezogen werden, frei Haus,
und jedes einzelne Brikett ist in blüten-
weißes Papier gewickelt.
So schreitet die Technik unaufhalt-
sam vorwärts. Sicherem Vernehmen
nach gibt es bald farblosen Kakao,
Hunde mit abschraubbarer Belle und
geruchlosen Guano.
Aber bis zu einem einigermaßen
brauchbaren Ölsardinenbüchsenöffner
werden wir es niemals bringen.
Auch eine Leistung
Ein Amerikaner will den Ozean
zwischen New Pork und Southampton
schwimmend überqueren. Als vor-
sichtiger Mann wird er sich dabei nicht
den unsicheren Wellen des Ozeans,
sondern dem Schwimmbassin eines
Dampfers anvertrauen. Er will
während der ltberfahrt, also vierein-
halb Tage lang, darin herum-
schwimmen.
So viele Umstände braucht sich unser
Mann doch gar nicht zu machen! Auch
als gewöhnlicher Fahrgast des
Dampfers kann er von sich behaupten,
den Ozean schwimmend überquert zu
haben.
Das Konzert aus dem Geisterreich
Ein merkwürdiges Konzert wurde
dieser Tage vom englischen Rund-
funk gesendet. Es wurde ein Trauer-
marsch gespielt, der zuletzt vor 3000
Jahren in einem Pharaonenpalast er-
klungen und durch Vermittlung eines
„Geistes" unserer Gegenwart überlie-
fert worden sein soll. So behauptet es
wenigstens der Musiker aus dem Ee-
spensterreich, llr. Woods. Er will die
Melodie von seinem Medium übernom-
men haben, das sie summte, als man
Vorgänge aus dem alten Ägypten her-
beizauberte.
Mit Medium und Geistererscheinung
braucht diese Pharaonenmusik nicht un-
bedingt zusammenzuhängen. Es gab
z. B. schon immer neue Operetten, deren
Melodien den Musikverständigen uralt
oorkamen.
Harter Brocken
Eine elegante Juwelendiebin hat in
Amerika ihren Scotchterrier ab-
gerichtet, aus Frauchens Hand Ringe
und Edelsteine zu naschen. Niemals
ist ein Unglück dabei passiert, bis
Scotchi einmal unter Ächzen und
Stöhnen einen Ring heraushustete,
woraufhin Frauchen an die Kette ge-
nommen wurde.
Auch ein Hund geht nur so lange
zum Juwelier, bis er bricht.