Kladderadatsch (93.1940)

NIERE und BLASE

Berlin-Halensee. E. §.: In der „Illu-
strierten Nachtausgabe" vom Kl. August
lesen wir über Kapellmeister Albert Moar
u. a.: „Ehe er den Taktstock in die Hand
nahm, war er Hütejunge, Senner, Jäger,
Brauercigchilse, Tellerwäscher. Listboy,
Zirkusreiter, Kunstschützc, Impresario und
Schauspieler."

Schwing den Taktstock ruhig weiter,
wie du's bisher schon getan,
bald ersehen deine Neider,
daß du bist ein ganzer Mann:
wer da soll den Taktstock meistern-,
wer zu dirigieren hat,
kann die Hörer nur begeistern,
zeigt er Schneid zu mut'ger Tat!

Bethel. Dr. E. H.: In der „Deutschen
Allgemeinen Zeitung" vom 28. August
heißt cs in einer Nomanbcsprechung a. n.:
„Damit aber wird die phantastische Ge-
schichte der Eroberung Indiens wieder
lebendig mit ihren abenteuerliche» Kämp-
fen, dem Labyrinth von Verrat und Be-
stechung und der Arsplünderung ohne-
gleichen in der Geschichte."

Leset alle die Geschichten
von der Inder Lcidcnszcit,
weil von England sic berichte»,
was doch von Interesse heut':
nirgends zeigte cs Erbarmen
auch aus diesem Siegcsmarsch,
ja, cs plünderte die Armen
aus bis aus den nackten —.

Hamburg. Im „Neuen Wiener Tagblatt"
Nr. ISO ist zu lesen: „3!>jähr. Jndustrie-
beamtin, ledig, wirtschftl., mit schöner
Wohnung und Garten, sucht Ehrbckannt-
schast mit Naturfreund, solid, in geordn.
Vcrh. Zuschriften erb. unter .Abseits vom

Wollt ihr fern vom Strome leben

und als Freunde der Natur,

müßt ihr ernsthaft euch bestreben,

daß ihr bleibet „ehrbar" nur!

Berlin. W.: Die „Frankfurter Zeitung"
Nr. 421 meldet in ihrem Handclstcil, daß
die österreichische Vcrgbahnc» A.-E. grö-
ßeren Gewinn gemacht habe. Sie unter-
halte seit 1026 eine Seilbahn von Hirsch-
wang aus die Raxalpc „mit einer Fahr-
länge von 1895 km“. Eine Seilbahn von
derartiger Länge ist natürlich eine Sehens-
würdigkeit ersten Ranges: da ist die ge-
winnbringende Frequenz kein Wunder.

München, v. B.: In den „Münchner
Neuesten Nachrichten" Nr. 2-1-1 wird über
einen Luftangriff aus England u. a. ge-
sagt: „Gleichzeitig konnten die Londoner
mit eigenen Augen das unheimliche Ge-
töse der deutschen Bombenangrisfc auf die
unmittelbar im Bereich der Hauptstadt ge-
legenen Flugplätze hören." Wenn den Ein-
wohnern von London bei den deutschen
Bombcnangrifsen Hören und Sehen über-
haupt vergeht, dann ist es kein Wunder,
wenn sic die Sinneswahrnehmungen durch-
einander bringen.

Feldpost. H.: Die „Renchtäler Zeitung"
Nr. IHN schreibt in einem Aussatz über
„Heilige Erde" u. a.: „Jeder Fußbreit
solcher Äcker ist mit Blut gedüngt, das
irgendwie und irgendwann einmal ver-
gessen wurde um die Unversehrtheit und
die Freiheit des Ackers."

Nimmermehr soll der vergessen werden,
der sein Leben für uns gab
und in einer blutgetränkten Erden
fand ein stilles Hcldengrab:

Kinder sollen Enkeln sie vermelden^
die wir laut betrauern heut',
daß das Volk denk' ewig seiner Helden
aus des Vaterlandes großer Zeit!

Wenn Du den

„MaöSeraöalsch

gelesen hast, schicke ihn an Soldaten,
die Du kennst oder gib ihn beim zu-
ständigenBlocklciterderNSDAP.
zur Weitersendung an die Front
ab. Die Front dankt es Dir.

Plauen. Im „Berliner Lokal-Anzeiger"
vom 25. August lesen wir: „Ersurterin :>2,
1,60, wünscht Heirat mit Herrn in gesicher-
ter Position oder Gcschästsmann kcnnenzu-
lerncn. Ang ..." Das ist die sogenannte
„Heirat aus Probe", für die da und dort,
nicht bloß in Erfurt, Stimmung sein soll.

Arnstadt. A.T.Z.:

Ein Kriegsberich-
ter schreibt in der
„Deutschen Allge-
meinen Zeitung"

Nr. -135: „Wehrlos,
hilflos auf dem
Wasser treibend,
den Wellen der See
preisgegeben, haben
englische Jagdflie-
ger unsere Kamera-
den erschossen." Es
ist immerhin er-
staunlich, daß die
englischen Jagdflie-
ger, obwohl sie
wehrlos, hilflos auf
dem Wasser trieben
und den Wellen der
See preisgegeben
waren, es doch noch
fertigbrachten, zu
schießen. — In der
„Koralle" (Heft 37)
lautet in einem
Aufsatz über „Des
Chirurgen Rechte
Hand: Die Opera-
tionsschwester"

Bildunterschrift: „Blitzsauber und keimfrei
entnimmt die Schwester das Handwerks-
zeug des Chirurgen dem Sterilisator".
Hoffentlich ist aber nicht bloß die Schwe-
ster, sondern auch das Handwerkszeug des
Chirurgen blitzsauber und keimfrei.

Wien. Im „Neuen Wiener Tagblatt"
Nr. 23-1 lesen wir: „Suche einen lieb. Ehe-
kamcrad., alten Wiener von 60—80, voll
Herzcnsgiite und Intelligenz, höheren Pen-
sionisten usw. Bin Prosessorswitwc, mittel-
große, sehr hübsche Naturblondine, habe
schönes Heim im 24. Wiener Bezirk. Unter
.Verwunschenes Schloß'."

So ein Wiener, der schon achtzig
auch als Ehemann noch macht sich
immer repräsentativ,
nur das Kleinc-Kindcr-Wicgen
macht ihm meistens kein Vergnügen,
weil er selber gerne — schlief!
Königsberg. vr. N.: Im „Neuen
Wiener Tagblatt" vom I. September fin-
de» wir folgende Anzeige: „Beteiligung!
bis ca. RM 0.000 an gesundem Industrie-,
Geschäfts- oder Kino-Unternehmen, mög-
lichst mittätig, gesucht." Ein Beweis für
das ausblühende Geschäftsleben in Wien:
Mitarbeit ersetzt die Kapitaleinlage.

Leipzig. P. K.: In den „Leipziger

Neuesten Nachrichten" Nr. 245 steht fol-
gende Anzeige: „Fräulein, jünger ausseh.,
sehr solid u. wirtschaftl., sucht Hcrrenbe-
kanntschaft zw. Ehe. Nur ernslgem. Zu-
schr. u. G. S." Dem Manne, der erraten
kann, ob das jünger aussehcndc Fräulein
in Wirklichkeit 40, 50 oder 60 Jahre alt
ist, gibt sic ihr Jawort.

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