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A?ull gleich Null

Der Plutokrat lebt nur vom Prahle»,
auch wen» er sich damit blamiert.

Herr Rooseoclt lebt von den Zahlen,
die seine Großmannssucht diktiert!

Die Andern können »och so tUchtig
in Schisss- und Zlugzeugbauten sein -
was die tun, ist ja null und nichtig,
das „meiste" baut nur ER allein!

ER hat die riesigsten Tonnage»,
die sich das Hirn erdenken kann.

Nur seine - riesigen Blamage»
gibt er in kleinen Dosen a»!

ER hat die meisten Tanks aus Lager,
wobei cs ja säst gar nichts tut,
daß schon so mancher Rüstungöschlagcr
längst auf dem Meeresboden ruht!

ER liebt die Zahlen ganz unendlich,
der Nullenkönig Rooseoclt.

Und das ist schließlich auch verständlich,
weil eine Null zur andern hält!

JiigeiulIioiiKr«!! i» London

Jeder ist so alt, wie er sich fühlt. Diese
Weisheit ist die goldene Brücke, die sich
von einem Jahrzehnt unseres Lebens zum
nächsten schwingt— und manchmal ist
sie auch der Rettungsring, der dem Men-
schen, wenn er im Meer schöner Erinne-
rungen treibt, die Hoffnung auf eine
neue Küste schenkt.

Es ist sträflich, sich an einem Rettungs-
ring zu vergreifen, und es zeugt von
einem schlechten Charakter, wenn je-
mand eine goldene Brücke sprengt. Es
ist ein ungeschriebenes Gesetz unter den
Menschen, daß man so etwas nicht tut.
Selbst nicht in einer Zeit, wo so viele
Brücken hochgehen und wo so viele Ret-
tungsringe fehlen. Das Mitgefühl aller
Weisen wird dem sicher sein, dessen Illu-
sionen eine rohe Hand zerstörte.

Es ist deshalb gar nicht leicht, offen-
herzig über die Tatsache zu sprechen,
daß Mrs. Ellinor Roosevelt auf dem in-
ternationalen Jugendkongreß in London
sprach. Ist es doch auch eines der bil-
ligsten Gesprächsthemen, sich über die
Frau zu unterhalten, die bei der Aus-
wahl ihres Kleides versehentlich in den
Spind ihrer Jugend griff, und die nun
die ganze Fülle des inzwischen verbrach-
ten Lebens in der schmalen Hülle vor-
vergangener Jahre nicht mehr recht un-
terzubringen vermag.

Aber ich meine, dem Schutze des Publi-
kums ist und bleibt nur der empfohlen,
der auf behutsamen Füßen über die gol-
dene Brücke geht, oder der sich beschei-
den seinem Rettungsring anvertraut. Gol-
dene Brücken sind nur für den guten
Willen gebaut und tragen nur die luf-
tige Phantasie. Wer sie mit Kanonen be-
fährt, der darf sich nicht wundern, wenn
er einbricht. Und wer auf einem Ret-
tungsring einen Jazz tanzt, darf nicht
klagen, wenn er den Halt verliert.

So sehe ich nicht ein, warum Mrs. Elli-
nor unter dem Naturschutzgesetz wohl-
meinender menschlicher Höflichkeit Un-
terschlupf finden soll, wenn sie sich in
einem Gewände zeigt, das ihr nicht an-

Wir haben ja gar nichts dagegen, daß
die Engländer einen Jugendkongreß ver-
anstalten. Was Wien recht ist, ist Lon-
don billig. Man hat uns gepredigt, daß
nicht wir die Idealisten sind, die wir als
arme Leute unser Recht in dieser Welt
vertraten, sondern daß die Ideale von
den reichen Leuten gepachtet wurden.
Wir mußten uns damit abfinden und
tragen unseren Ruf als Materialisten in
der Überzeugung, daß wir bei dieser An-
schauung der Dinge uns als Nation eben
das Geld holen müssen, um die Ideale zu
pachten, auf die wir nach Ansicht un-
serer Gegner kein Recht haben. Man hat
uns weiter glaubwürdig versichert, daß
nicht wir die 'jungen Ideen verträten,
sondern daß wir Anhänger einer mit-
telalterlichen Machtphilosophie wären.
Auch dies nahmen wir hin in der Über-
zeugung, daß die Zukunft schon erwei-
sen wird, wem sie gehört. Schließlich
haben wir sogar darauf verzichtet, den
großen Wettlauf um sozialistische Ideale
mitzumachen, in den die Plutokraten
eintraten, die uns um des Sozialismus
willen den Krieg erklärten. Es gibt halt
Dinge, die werden unwichtig, wenn an-
dere in den Vordergrund treten. Und
uns ist es gleichgültig, in welchem jGe-
wande England stirbt, genau so wie es

schließlich gleichgültig war, ob Lud-
wig XVI., oder Louis Capet, der Bürger,
enthauptet wurde.

Aber was hätte die Geschichte gesagt,
wenn dieser Ludwig nicht einmal den
Takt der königlichen Haltung besessen
hätte? Sie hätte das gesagt, was wir
jetzt sagen müßten, angesichts der Tat-
sache, daß das stolze England das Schick-
sal seiner Jugend Herrn Roosevelt und
die Bildung der Ideale seiner Jugend der
Frau Roosevelt anvertraut, weil es hofft,
auf diese Weise sich vom Schafott der
Weltrevolution freikaufen zu können.
Ein jeder ist so alt wie er sich fühlt.
Jaja, auch die britische Plutokratie könn-
te — was für ein Bild! — mit der nach
Jahrhunderten des Mißbrauchs übrigge-
bliebenen Kraft auf das Schlachtfeld
treten und kämpfen. Es könnte ein sa-
turierter Lord als neuer Cromwell vor
die Jugend Englands treten und sie auf-
rufen zum Streit. Das hätte Stil!

Aber — verzeihen Sie vielmals — sich
aus der neuen Welt ein altes Weib zu
borgen, das nur in seinen Raffzähnen
an das britische Schönheitsideal erin-

nert, sich auf jung zu schminken, und
die Vertreterin des Dollarimperialismus
als Hüterin des heiligen Feuers gro-
ßer Ideale hinzustellen — das ist abge-
schmackt. Es erinnert an den letzten
Versuch, den Menschen beiderlei Ge-
schlechts machen, wenn sie mit Gewalt
Vergangenes wieder holen wollen und
sich dadurch dem offenen Hohn aus-
setzen.

Es ist fast so schlimm, wie die andere
Rede, die vor dem Londoner Jugendkon-
greß gehalten wurde, die des Sowjetbot-
schafters. Die Jeunesse dorfie Englands,
behütet und beschirmt von einer Tra-
dition, die so alt war, daß ihre Form
den Inhalt ersetzen mußte, wird einer
Frau Roosevelt und einem Maisky an-
vertraut !

Andere Völker sterben im Kampf für
ihre Jugend, sie opfern alles, um mit
der Jugend ihre Zukunft zu erhalten.
England opfert seine Jugend, um seine
Lebenstage, die gezählt sind, zu verlän-

Wenn das Wort von der Prostitution je-
mals zutraf — hier ist es der Fall.


Kladderadatsch
 
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