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Wiesbaden. In der „Frankfurter Zeitung“
Nr. 211/12 finden wir folgendes Heirats-
gesuch: „Welcher geh. Junggeselle od. Wit-
wer, auch mit Kindern, im Alter von 40 bis
50 Jahren, ehrlicher, offener Charakter, in
sich. Position, am liebsten Akademiker,
würde gerne einem warmherzigen, lebens-
frohen, gebildeten, hausfraulich tüchtigen
Mädchen, hübsche jugendliche Erscheinung.
Akademikerin mit tadelloser Vergangenheit,
sowie Aussteuer, die Hand zum Lebensbund
reichen ?“

Junggesellen mit Kindern sind gar nicht so sel-
ten; allerdings sprechen diese Herrn Junggesellen
nicht gern von ihren Sprößlingen.

Landsberg. Der „Landsberger General-An-
zeiger“ Nr. 85 schreibt eine Kuhstall-Idylle:
„Kühe, wie aus dem Ei gepellt. Dann traten
wir über die Kuhstallschwelle, wo Auge und
Herz beinahe noch mehr als bei den Schwei-
nen fanden, woran sie sich weiden konnten.
Sieben behäbige Rücken, sieben pralle Euter,
sieben Paar lebhafte und kluge Augen
wandten sich uns zu. Und wie aus dem Ei
gepellt, so standen die sieben da.“

Unser Briefkastenlyriker besingt das wie folgt:
An des Kuhstalls stillen Freuden
könnt’ mein Herz und Aug' sich weiden:
schon die Rücken

auch die Augen
mir bald taugen,

Alles mir gar wohl gefällt,
wie aus dem Kuh-Ei gepellt!

Mainz. In der „Frankfurter Zeitung“ 220/21
findet sich folgende Heiratsanzeige: „Ge-
bild. Ingenieur (Direkt.-Assist.), dulds.,
evang., Anfang 50/1,72, gesund, jugendl.-
elast., vielgereist (Fremdspr.), sucht gleich-
gesinnte gebild. u. kultiv. Ehepartnerin
(etwa 40) erw. aus Ind.- od. ähnl. Kreisen.“
„Duldsam" ist wohl die beste Empfehlung in
einem Heiratsgesuch: es besagt, daß der Herr
Ingenieur über etwaige Fehler und Mängel seiner
Künftigen großzügig hinwegsehen will.

Berlin, v. B. Sie senden uns einen Artikel
aus einer Berliner Zeitung, der beginnt:
„Die amerikanische Zeitschrift ,Life‘ ver-
öffentlicht zum Neidwesen der Zionisten in
USA. ein Interview mit König Ibn Saud.“
Sie fragen, wer da wen beneidete und was ge-
neidet wurde. Diese Feststellung müssen -wir
Ihnen zu unserem Leidwesen selbst überlassen.
München. K. M. Das „Garmisch - Parten-
kirchener Tagblatt“ vom 19. März 1943 berät
die Hausfrau über „Wohlschmeckende Ge-
richte mit Sauerkraut“ und empfiehlt für
einen Auflauf aus Kartoffelbrei: „Die Zuta-
ten werden schichtweise in die Form gefüllt
und das Gericht im Ofen überbacken. Nach
Belieben fügt man als besondere Schicht
Fleischwürfel, gestreckte Fleischkackmasse
oder dergl. hinzu.“

Wenn auch im allgemeinen Ersatzmittel weniger
wert sind als das, was sie ersetzen — in diesem
Falle würden wir ein solches doch vorziehen.

Wind streicht übers Korn

rraumhaft gelinde,

spielerisch säuselnd,

Ähren umkräuselnd,

über der Äcker reifende Frucht.

ängstlichen, schwanken.

schon vor den Schnitternt
Winkt schon die Mühlef
Schwer lastet Schwüle.

Pan bläst die Flöte in schattender

Feldpost. Sie weisen uns auf folgende
Zeitungsnotiz hin: „Rekorde der Vulkan-
ausbrüche stellen erstaunliche Zahlen vor
uns hin. Am vernichtendsten dürfte sich
der Ausbruch des Mont Pelee ausgewirkt
haben, bei dem 20 000 Menschen ihr Leben
verloren. Zu den gewaltigsten Ausbrüchen
überhaupt rechnet man den des Krakatau
auf den Sundainseln, dessen Aschensäule
30 000 Meter hoch in die Luft stieg. Rund
18 000 Kubikkilometer Asche wirbelte dieser
Vulkan dabei empor. Damit allerdings steht
er weit zurück hinter dem Ausbruch des
Vulkans Timboro, der 150 Kubikmeter loser
Massen ausspie.“

Amerikanische Renommageziffern machen Schu-
le! Auch die Bezeichnung „Kubikkilometer“ ver-
rät amerikanische Gedankenlosigkeit.

Köln. A. G. Im „Kölner Stadt-Anzeiger“
Nr. 281 vom 4. 6. 43 steht unter „Tausch-
markt. Gebotenes gegen Gesuchtes“: „Zwei
Aktentaschen gegen fesches Dirndl, 40—42.“
So kostbar zwar Aktentaschen zur Zeit sein
mögen — den Tausch gingen Sie auch ein,
meinen Sie. Sie wundern sich nur, daß der
Tauschlustige sich nichts Jüngeres wünscht! Be-
denken Sie aber, wie fesch heutzutage ein 40-
jähriges Dirndl noch aussieht!

Soest. In einer Betrachtung über die ge-
rechte Verteilung von Wein und Brannt-
wein spricht die „Rheinisch-westfälische
Zeitung“ Nr. 228 von der „Zusammenfassung
der Pein- und Trinkbranntweinwirtschaft in
einer Hauptvereinigung“.

Diese gliedert sich in zwei Fachschaften: für den
auszuschenkenden Alkohol ist die Trinkbrannt-
weinwirtschafts- für den schon getrunkenen die
Peinwirtschaftsvereinigung zuständig.

VERSCHIEDENE' WERTE

In einem Park am Wegesrand
eine hohe, stolze Pappe! stand.

Und hinter ihr, beachtet kaum,
ein kleiner, buschiger Lindenbaum.

Verächtlich sah ihn die Pappel an:

„Wie man nur so klein und dick sein kann!

Sieh mich an, ich gelte was in der Welt,
drum hat man mich auch an den Weg gestellt.“
Aber der wirkliche Sachverhalt
zeigte am selben Tag sich bald:

Da stand bei der Linde ein l iebespaar,
das in ihrem Schatten glückselig war.

Doch vorn bei der Pappel, da stand ein Hund, '
schnüffelte, hob dann den Hinterlauf und-

DAS LETZTE WORT

Kultur ist nicht nur ein Glück und ein Be-
sitz, sondern mehr noch Aufgabe und Ver-
pflichtung. Die Briten freilich haben offen-
bar ihre kulturelle Aufgabe in der Aufgabe
der Kultur gesehen und infolgedessen ein
Bündnis mit dem sowjetischen Unter-
menschentum abgeschlossen.

Mag sein, daß sie so instinktverlassen
waren, die Preisgabe der europäischen Kul-
tur mit einer zeitweiligen Außerkraft-
setzung der Zivilisation zu verwechseln,
mag auch sein, daß sie so blind vor den
Zeichen der Zeit standen, daß sie immer
noch glaubten, sich über'die geschriebenen
und ungeschriebenen Regeln des Anstandes
und der Sitte hinwegsetzen zu können, d. h.
sich zunächst einmal die Sowjets zu Gaste
zu laden, sie später aber als lästige Ein-
dringlinge abschieben zu können.'

Indessen: die Zeit der britischen „splendid
Isolation“ ist längst vorbei. Ein Empire, das
Partnerschaften, Pakte und Bundesgenos-
sen sucht und nimmt, wo immer es sie fin-
det, wird wohl oder übel von der Tatsache
Kenntnis nehmen müssen, daß Niveau nivel-
liert, daß man also die Umgangsformen der-
jenigen annehmen muß, die man durch Ver-
träge als seinesgleichen anerkannt hat.

Wir wollen das nur rein äußerlich betrach-
ten, und wir wollen nur die Regeln der „ge-
sellschaftlichen Konvention“, wie sie sich
im Umgang „besserer Leute“ miteinander
herausgebildet haben, als die auch England
nunmehr verpflichtende Norm annehmen.
Dann ist es klar, daß jeder Besuch einen
Gegenbesuch erfordert. Ob sich Britannien
darüber klar ist, was ein solcher bedeutet?
— Was dem Bolschewisten sein Politruk,
ist dem Briten sein Lord. Heute empfängt
England in den Kasematten von Gibraltar
freiwillig eine Abordnung von Sowjet-
führern. Morgen — das ist die gesellschaft-
liche Konsequenz, die hier zu einer poli-
tischen wird — morgen oder übermorgen
werden die Lords höchst unfreiwillig ihren
Gegenbesuch machen müssen. Nur, daß an
der Grenze des Sowjetstaates die europä-
ische Höflichkeit aufhört — (und wo mag
für die Briten morgen die sowjetische
Grenze liegen?), und daß in den Kase-
matten, wo die Lords sich wiederfinden
werden, der „feierliche Empfang“ durch
GPU.-Henker vorgenommen und die Höf-
lichkeitsfloskel durch den Genickschuß er-
setzt wird.

Vor diesem Gegenbesuch kann die Briten
nichts bewahren, es sei denn der Umstand,
daß jenes Europa, an dem England Verrat
übte, das Gebäude des GPU.-Staates zer-
trümmert.

(Um die Lords wäre es allerdings nicht
schade!)

Kladderadatsch
 
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