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Kladderadatsch — 97.1944

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https://doi.org/10.11588/diglit.2324#0083
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Kiel. Dr. P. In einer Reklameschrift über
neu erfundene Bausteine wird gesagt: „Der
in Begriff genommene Baustein überholt
die Baumechanik. Die spekulative Baukunst,
beginnend mit der Hütte, wo, im Gegenstand
die Burg, ein Fundament des Hausbauens
versinnlicht, wobei anderwärts in Amerika,
Wolkenkratzer gebaut sind.“

Es gibt nicht nur Wolkenkratzer, londern auch
Sprachenkratzer.

Kühlungsbom. M. K. In einer Plauderei
„Pariser Ufergedanken“ der „Berliner Mon-
tagspost“ vom 3. Januar 1944 wird erzählt:
„Ein Schlepper kommt unter ihr (der Seine-
brücke) hervor. An der Maschinenkajüte
steht ein ölverschmierter Mann. Er blickt auf
die Insel herüber, an der Kathedrale hoch,
dann steigt er in das Innere des Schleppers
hinab. Auf einem der' Kähne, die er hinter
sich herzieht, wäscht, über eine Wanne ge-
beugt, eine junge Frau.“

Der Mann in ein Gulliver, der ja auch eine
Anzahl Schiffe hinter lieh herzog. Aber die
Pariser lind doch keine Liliputaner. Wir trauen
deshalb der Schilderung nicht recht.

Feldpost. H. R. Die „Deutsche Allgemeine
Zeitung“ erwähnt in ihrer Nr. 622 vom
29. Dezember 1943 (Berliner Ausgabe) bei
einem Bericht aus Rom eine „Basilika San
Paolo Fuorzi Le Mura.“

Sollte die Kirche wirklich einen io anrüchigen

Köln. H. Sie haben in der „Kölnischen Zei-
tung“ vom 8. April folgende Heiratsanzeige
gefunden: „Suche einen Lebenskameraden.
Bin 50 Jahre alt, schlanke Erscheinung. Ei-
genheim und Einkommen vorhanden.“

Sie wundern lieh nun, daß diese Dame ihr Alter
so offen zugibt. Aber woher wissen Sie denn,
daß dieses Gesuch von einer Dame herriihrt?
Es gibt doch auch Herren von schlanker fr-

Bregenz. Im „Neuen Wiener Tagblatt“ Nr. 36
findet sich folgende auffallende Anzeige:
„Für meine lebenslustige, 65 J. alte, aber
sehr jugendl. Tante, gute, sparsame Haus-
frau, suche ich einen gemütl., lieb., inte».
Ehepartner entsprech. Alters.“

Das ist wahrscheinlich eine Erbtante, die dieser
besorgte Neffe unter die Haube bringen will:
sie soll noch einen begüterten Ehepartner hei-
raten, diesen dann beerben und ihr ganzes Ver-
mögen, da sie kinderlos bleiben wird, dem treu
sorgenden Neffen seinerzeit hinterlassen.

Karlshorst. E. W. In den „Karlshorst-Lich-
tenberger Nachrichten“ Nr. 278 wird eine
Anekdote von dem Professor Christoph Wil-
helm Hufeland erzählt, der Professor der
Medizin an der Berliner Universität gewesen
sei. Dabei werden die Jahreszahlen 7162 bis
1836 in Klammern angegeben.

Daß die Berliner Universität nicht so alt ist, das
wissen wir bestimmt. Aber sollte es vielleicht
eine medizinische Fakultät schon im grauen
Altertum in Berlin gegeben haben? (Uralte natur-
nahe medizinische Ausdrücke lassen darauf
schließen, z. B. „weiche Birne').

Jedweder lieb' und sei geliebt! —

Ein Glück nur für das Minnen,
daß es viel weniger Jungfern gibt
als Ledigensteuer-Zahlerinnen!

Berlin, v. B. In einer Zeitung, die Sie uns
senden, wird über Reisevermittlung durch
Hotelportiers gesagt, daß, bei nicht gewerbs-
mäßigem Besorgen von Beförderungsauswei-
sen für die Gäste, von den Portiers „höch-
stens“ die Auslagen berechnet werden dürfen.
Höchstens! Ja, da teilen wir durchaus Ihre Be-
sorgnis, daß es doch immer noch Hotelponiers
gibt, die dadurch zu Schaden kommen, daß sie
sich ihre Auslagen nicht in voller Höhe zurück-

Wicn. In einer Heiratsanzeige des „Neuen
Wiener Tagblatts“ Nr. 63 schreibt ein „in-
telligentes 23jähriges Mädchen“, unter dem
Kennwort „Sprung ins Glück“, daß sie „1—2
Kindern Mutter werden möchte.“

Na, besondere Intelligenz ist zu diesem Sprung
nicht erforderlich ... Immerhin: das Vorhaben

Düsseldorf. H. S. Die „Düsseldorfer Nach-
richten“ Nr. 101 schreiben über das Fern-
bleiben Tschiangkaischeks von Casablanca:
„Selbst wenn Casablanca nicht eine halbe
Welt von Tschungking entfernt wäre, mußte
Tschiangkaischek unter diesen Umständen
eine Beteiligung an dem Treffen Roosevelt-
Churchill als wecklos ansehen. Er ließ sich
auch weder von seinem Londoner noch von
seinem Washingtoner Botschafter bei der
Zusammenkunft von Casab'anca vertreten.“
Man hatte ganz gewiß in Tschungking das Ge-
fühl, daß man in USA. und England keine Tat-
kraft für die Sache Tschungking-Chinas mehr

VON DER EHE

Hoch mi(ß man drum die Ehe preisen,
als Mann, den treu die Gattin hegt,
den sie zu Hause und auf Reisen
bekocht, bestrickt, behütet, pflegt.

Er wird ihr Treue auch bewahren,
voll Dank für die Bemutterung.

Und fällt er mal in jungem Jahren
herein bei einem Seitensprung,
sieht klug die Frau und mit Behagen
bestätigt der Statistik Grund,
und lachend wird sie zu ihm sagen:
„Mein Junge-das war dir gesund!"

Feldpost, über das Leben des Komponisten
Franz Lehar lesen wir in den „Budweiser
Theaternachrichten“ (Dezember-Heft): „Am
30. April 1870 wird der erfolgreichste Ope-
rettenkomponist der Gegenwart, Franz Le-
har, als Sohn des k. k. Militärkapellmeisters
Franz Lehar in der ungarischen Garnison
Komorn geboren. Mit 15 Jahren ist er Hor-
nist am Theater an der Wien, wo er später
als Komponist die größten Erfolge zu ver-
zeichnen hat. Zwei Jahre später sehen wir
ihn als Mitglied der Kapelle des 5. Infanterie-
regimentes. Nebenbei arbeitet er eifrig an
seiner musikalischen Vervollkommnung und
besucht das Wiener Konservatorium. 1859
macht er den italienischen Feldzug mit, er-
hält seine Feuertaufe in den Schlachten von
Magenta und Solferino, wird zum Feldwebel
befördert, und bleibt sieben Jahre im Dienst
auf italienischem Boden. Den Krieg von 1866
macht Lehar wieder mit.“

Da sieht man wieder, daß unsere Künstler, vor-
ab die Komponisten, ein Doppelleben führen.
Stettin. G. A. Der „General-Anzeiger“ vom
3. 7. bringt folgende Verlustanzeige: „Platin-
nadel m. Brille a. Mittwoch, d. 1. Juli, abends
i. d. Lin. 7 v. Frauendorf bis Stadttheater od.
im Theater verloren.“

Es handelt sich wohl um ein Damenlnrgnett, bei
dem die Brille ganz Nebensache ist. Die Haupt-
sache ist der mit Platin geschmückte Griffhalter,
der auch allein abzuliefern ist.

München. G. Über das größte Wasserflug-
zeug der Welt, das in Frankreich gebaut wer-
den soll, sagt die „Ostfriesische Tageszei-
tung“ Nr. 101: „Das Flugzeug soll mit Mo-
toren von je 1500 PS ausgestattet werden.
Es wird ein Gewicht von 66 Tonnen haben,
die Tragfläche ist im ganzen 340 Quadrat-
kilometer groß.“

Hier hat die Renommiersucht der Amerikaner
auch auf Frankreich übergegriffen.

Stettin. Dr. G. In der „Pommorschen Zei-
tung“ Nr. 296 lesen wir: „Der Stadtrat .von
Barcelona hatte in Algier acht Löwen für
den Zoologischen Garten erworben. Jetzt traf
eine Mitteilung ein, daß sich zwei der Löwen-
paare gegenseitig aus Hunger aufgefressen
haben und die anderen getötet werden muß-
ten, weil sie sich ebenfalls überfielen und
schwer zurichteten."

Also ist es doch wahr, was man immer wieder
hört, daß sich nämlich zwei Löwen gegenseitig
so auf fressen- können, daß nur noch die beiden
Sclrwänze übrig bleiben.

Grossen. F. Sp. Die „Neue Zwickauer Zei-
tung“ Nr. 86 beschreibt unter „ein Mädchen
im Zuge“, wie ein allein reisendes Mädchen
einem in Urlaub fahrenden Infanteristen ge-
stattete, im Schlaf den Kopf an seine Schul-
ter zu legen. Es heißt dann: „Mich erfüllte
Bewunderung für das junge Mädchen. Es
saß wie eine Königin, das Diadem einer
edlen Gesinnung auf hohler, klarer Stirn.“
Hohl-Köpfchen? — Aber nein! Im Gegenteil:
das Mädel wußte, daß man sich auf einen echten
Landser verlassen kann.

Kladderadatsch
 
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