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Kladderadatsch — 97.1944

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https://doi.org/10.11588/diglit.2324#0131
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Lübeck. K. M. Im Hamburger Fremdcnblatt
vom 26. Januar d. J. fanden Sie nachstehendes
Inserat: „Warzenentfernung durch Diathermie
Fußpflcger".

Sie haben recht: — Das muß /a der reine ür.
Eisenbart lein, der Warzencntfernung durch
Fußpflege fertigbringt.'

Berlin-Zehlendorf. M. J. Die „Abendausgabe"
(„Berliner Volks-Zeitung") Nr.-12 vom 18. Fe-
bruar 1944 plaudert ebenso belehrend wie unter-
haltsam über „Seltsame Bilderschicksale“. Dabei
befaßt sie sich auch mit dem weltberühmten
Bilde der Mona Lisa des Leonardo da Vinci im
Pariser Louvre. „Ihr bestrickendes Lächeln“, so
erzählt sie von der schönen Frau des Francesco
del Giocondo, „hatte cs ihm als Künstler an-
getan. Um es mit dem Pinsel für alle Zeiten
fcsthaltcn zu können, umgab der Maler nach
der Legende sein Molle mit Gauklern und
Sängern, die nur Späße und heitere Weisen dar-
bieten durften.“

Wie Sie uns mitteilen, wußten Sie noch nicht,
daß der große Meister das Modell zu seinem
Porträt sein „Molle" nannte, woraus sich doch
wohl auf ein vertrautes Verhältnis der beiden
schließen läßt. Auch wir erfahren es erst durch
obenerwähnte Veröffentlichung und halten es
für bemerkenswert genug, um es im „Kladde-
radatsch“ einem größeren Kreise bekannt zu
machen.

Trippkau bei Streetz. A. Ph. Diesmal hat’s nicht
geklappt („Düsseldorfer Nachrichten“ und
„Hamburger Tageblatt“). Auch glossieren wir
Traueranzeigen grundsätzlich nicht.

Köln. P. G. „Gedankensplitter“ werden unter
dem Stichwort „Mut zum Leben“ in Nr. 50 der
„Deutschen Allgemeinen Zeitung“ vom 20. Fe-
bruar 1944 dem Leser unterbreitet. Der erste
V0" jhnen sieht so aus: „Der Mut hat dich nicht
mit Sicherheit retten, aber sicherlich aus den
Klauen der Angst. Mit anderen Worten Mut

Der Gedanke ist offenbar ein wenig zu stür-
misch zersplittert worden.

Feldpost. Paris. Uffz. W. Die „Pariser Zeitung“
Nr. 27 vom 28. Januar 1944 bringt einen
fesselnden Aufsatz über Gabrielle d’Estrfes, die
Geliebte Heinrichs IV., die beinahe Königin von
Frankreich geworden wäre. „Durch die Schön-
heit und die Kraft ihres liebenden Herzens“,
lesen wir da, „war sie schon seit langer Zeit un-
gekrönte Königin Krankreichs."

Für die Gegenwart, wo Gaullisten und Girau-
disten mit Briten und Amerikanern gegen den
ehrlich um sein Vaterland bemühten Petain und
seine Mitarbeiter ihr verderbliches Spiel treiben,
ist die Bezeichnung Krankreich wohl am Platze.
Vielleicht aber doch auch schon für die Zeit
eines Königs, der seinen Glauben verriet, weil
ihm „Paris eine Messe wert" erschien.

Summt, Post Mühlenbeck. H. G. Der „Briesetal-
Bote" vom 22. Februar 1944 (Nr. 44) bringt
eine Bestimmung über „Aufnahme im Schlaf-
magen nur gegen Dienstreisebescheinigung“.
Schlafmagen? Ob es sich da um eine Vereini-
gung von Schlaf- und Speisewagen handelt?

FLEISCHLICHES

Die Ideale soll man wahren.

Die man als schätzenswert erkannt:,

Wo Geist sich wohl und Seele paaren,

Da ist die Fleischeslust verbannt.

O Glück in jenen Höhenlagen,

Wo Kopf und Herz allein gebeut —

Da weiß man nichts von Darm und Magen
Samt Zubehör, das nicht erfreut.

■ Doch ach, mitunter sind hienieden
(Jawohl, und ich bekenn’ es dreist.')

So hundert Gfämmchen Fleisch entschieden
Bekömmlich recht für Seel’ und Geist ....'

Köln-Lindenthal. S. A. J. In der „Deutschen
Allgemeinen Zeitung" vom 20. Februar 1944
(Nr. 50) beginnt eine aufschlußreiche Dar-
legung über „Schweizer Stimmungen im fünften
Kriegsjahr" mit dem Satze: „Wie der Besteller
im Buchladen, so sorgt der Reißer im Kino und
Theater für die Masse, und eben darum werden
die künstlerischen und moralischen Maßstäbe
nicht immer sehr genau genommen.“

Diesmal verdient der Setzmaschinenkobold ein
Lob, indem er der verwünschten Fremdwörterei
eins auswischt. Ausgerechnet ein englisches
Wort für das halb deutsche, halb wenigstens
eingedeutschte „Modebuch" oder für Schlager,
Treffer, Erfolgsbuch, Buchtrumpf. Fein, daß
aus dem „Bestseller" ein „Besteller" geworden
und dadurch der Sinn des Satzes in Unsinn
verkehrt ist.

Puschkau (Pcrsen-Land). W. G. Mit vollem
Recht beanstanden Sie die in einem Leitartikel
vom 6. November 1943 gefundene Bemerkung:
„Die weitaus größte Hälfte des deutschen Vol-

Sie lassen, sagen Sie, die „bessere Hälfte" gelten,
aber für eine größere oder kleinere, und nun
gar für die weitaus größte Hälfte haben Sie
kein Verständnis. Wollen wir den Ausdruck
doch mal ins Kaufmännische übersetzen: „Die
weitaus größten 50 Prozent" — sofort wird die
Unsinnigkeit klar.

Feldpost. X. Y. Die „Donauzeitung" in Belgrad
bringt unter der Überschrift „Kurze, aber um-
fassende Ausbildung" in ihrer Nr. 19 vom
23. Januar 1944 einen Bericht über Vorschrif-
ten für die Turn- und Sportlehrerinnen-Ausbil-
dung. Darin wird nach Angabe des Blattes, die
uns freilich unglaubwürdig erscheint, angeord-
net, „daß die besonderen Verhältnisse des Krie-
ges zu einer Vertiefung der Ausbildung vor
allem in den Kernfächern der Liebcserzählung
zu führen haben“.

Wenn das wahr wäre — wir glauben es, wie
gesagt, nicht recht —, so hätten die Worte
„umfassende" in der Überschrift und „Verhält-
nisse“ im Texl ihren besonderen Sinn, an den man
sonst nicht denkt, wenn von Leibeserziehung
die Rede ist.

ZWEI NAMEN

Es ist so mancher Mann im deutschen Land,
be< dem der Name oft und viel genannt.

Wohl ändern sich die Zeiten und die Sitten —
zwei Männer aber sind es unbestritten,
die man genannt am meisten hören kann:
die Herren „Hätte man —" und „Wäre man —"

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Neustadt in Holstein. K. dir. Sch. In der
„Wagrisch-Fcmarnschcn Zeitung“ vom 22. Ja-
nuar 1944 haben Sie folgende Meldung gefun-
den: „Expreßzug rast gegen Autobus. Wie
Exchange meldet, fuhr in der Nähe von Sydney
in Australien ein Expreßzug auf einer Straßen-
kreuzung in einen vollbesetzten Autobus hinein.
Min-führen. Ein tiefer Bückling vor Stalin!"

Es ist richtig: solch ein menschenmordendes Un-
glück ist ein Sinnbild des bolschewistischen
Blutrausches. Was „Min-führen" bedeutet, wis-
sen wir nicht. Es ist wohl eine Vokabel des
Neurussischen und soll auf den Vergleich hin-

Nürnberg. A. St. Sie hatten Ihren Brief „An
die Redaktion des Kladderadatsch“ gerichtet,
ohne den Bestimmungsort anzugeben. Er ist
trotzdem ohne jede- Verzögerung in Berlin,
Beuthstraße 6/8, angekommen, ein Beweis, daß
die altberühmte Findigkeit der Reichspost trotz
der Erschwerung durch die Kriegsverhältnisse
noch ihre Triumphe feiert. Ihre Sendung enthält
einen Ausschnitt aus dem Anzeigenteil des
„Acht-Uhr-Abendblattes" (Nürnberg?) vom
1. Februar 1944 dieses Inhalts: „Wo finde ich
die Frau, die mit mir den Lebensab. beschl. will?
Bin Beamtenwitwe, Anf. 60, o. Anh., noch s.
rüst-, in s. g. Vcrh. leb. Schöne ncuz. Wohn.-
Einr. u. Wäsche vorh. Haus leid. d. Terror verl.
Suche 1b., nette, geb. Frau, a. m. Gesch.
(finanz. Tcilh. gcw.) in Klcinst. od. Bahnver-
bind. Briefe usw.“

Da wird wieder einmal, wie in der letzten Zeit
mehrfach, eine Ehe angestrebt, von der man
nicht sagen kann, daß sie im Flimmel geschlos-
sen wird. Weil wir aber sicher sind, daß sie in
der Hölle des Druckfehlerteufels angestiftet
worden ist, wollen wir diesem Halunken nicht
den Gefallen tun, uns sittlich zu entrüsten.

Kettwig. A.T. Z. Die „Kettwiger Zeitung“ vom
16. Januar 1944 (Nr. 14) bringt folgende Mel-
dung aus Berlin: „Obwohl die zweite Anord-
nung des Staatssekretärs für Fremdenverkehr
zur Lenkung des Fremdenverkehrs ausdrücklich
festgelegt, daß bei der Unterbringung in Frem-
denverkehrsgemeinden Bombenverletztc, die mit
amtlicher Förderung der NSV. verschickt wer-
den, den Fronturlaubern gleichzustellen sind, an-
dere Bomben verletzte, ferner Personen, deren
Wohnung durch Luftangriff zerstört oder ge-
mäß behördlicher Anordnung geräumt worden
ist, den Personen der zweiten Dringlichkeits-
stufe gleichzustellen sind, ist in vielen Fällen bei
Bombengeschädigte dürfen sich höchstens drei
Wochen den, daß diese sich länger als drei
Wochen in Beherbergungsbetrieben (Hotels oder
Fremdenheimen) aufhalten dürfen.“

Anscheinend ist auch in diese Meldung eine
Bombe gefahren und hat den Wortlaut in Un-
ordnung gebracht.

Köln. H. G. Am 8. 2. 44 zeigt jemand im
„Westdeutschen Beobachter“, Köln, an: „Altere
weißkarierte Katze, auf Namen Peter hörend,
am 29. Juni 1943 Ecke Fcrkulum entlaufen. Be-
lohnung.“

Weißkariert? Eine Sehenswürdigkeit! Um so
verwunderlicher ist es, daß sich der Besitzer erst
sieben Monate nach dem Verlust meldet.

Kladderadatsch
 
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