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1.859—1862

18 59.

us dicser Zeit haben wir außer einer Notiz
im Blatte selbst einen dadurch veranlas;-
ten, an den Redakteur desselben gerichteten
werthvollen Brief mitzutheilen, welcher auf ein
Abschieds-Tiner BiSmarck's in Arankfurt a. M. Bezug
nimmt.

Nr. 14 u. 15 vom 27. März 1859 enthielt dies
durch Zeitnngsnachrichten veranlaßte Gespräch
zwischen Müller und Schulhe:

Müller. Tb deim das wahr sein mag, daß der
abjejangene Preußischc Bundestagsjesandte bei das
Abschiedsfest, das ihin Herr von Bcthmann in Frank-
fnrt jejeben hat, cinen Toast auf der „Alliance
Preustens init Frankreich" ausjebracht haben soll'?

Schnltze. Ja, jehört habe ich cs ooch.

Müller. Jch kann cs mir jar nich denkcn. Jch
fände es nnter die jejcnwnrtigen Berhältnisse doch jar

zu-

Schultze. Na wie denn?

Müller. Ra, zu — diplomatisch.

Schultze. Nüchtern betrachtet, freilich; aber ich
will dir sagen: bei solchcn Jelejenheiten komint eö
immer draus an, beim wie vielten Jlase so was
jesprochen wird.

Müller. Ra, jedenfalls war es bei dem Jlase,
das — der Stiefbruder von dcn Wirth hinjesetzt und
nich mitjetrunken hat.

Schultze. Brnvo!

Darauf erhielt der Nedaktenr Ernst Dohm
das im Anhangelll im Faesimile beigefügte Schreiben
Bismarck's aus Peterüburg.

18

(HlLm Mai 1862 wnrde Bismarck zum Gesandten
in Paris crnannt, aber schon damals gingen
Gerüchte übcr seine Lerufung ins prens-.ische
Ministerium.

Ani 18. Niai bereits enthielt der Kladderadatsch
daS solgende Gespräch zwischen Müller und
Schultze:

Müller: Also Bismarck-Schünhausen soll
auswärtigcr Minister werdcn?

Schultzc: So sagt man. vr soll aber als Be-
dingung sciner Annahme Anerkennung Jtaliens, Ein-
schreiten in Kurhessen nnd Herstellung der deutschen
Einheit stellen.

Müllcr: Blost? Nanu, was bleibt dcnn uns da
übrig?

Schultze: Des is ja eben die Schlauheit der
Ncaktion: Wir sollen jar nischt mehr vcrlnngen
t vnncn.

Ende Mai 1862 ging Bismarck als Gesandter
nach Paris. Während der kurzen Zeit seines dor-
tigen Aufenthaltes brachte das Blatt erst wieder —
in der Doppelnnmmer vom 29. Znni das neben-
stehende größere Lild: Faust (Bismarck) durch
Mephistopheles (Louis Napoleon) in schöne Wahn-
bilder versenkt, mit darunter stehenden Bersen aus

6 2.

Goethe's Faust. Das ckourual ckss Osbaks, welchcs
seine ihm schmeichelnde Biographie brachte, schwingt
vor dem Entschlummernden den seine Sinne berau-
schenden Weihrauchkessel. Zu den kühnsten Traum-
bitdern sollte ein Bündniß zivischen Preußen, Frank-
reich und Rußland gehören, und auch das im
Hintergrund angedeutete Standbild wurde noch zn
den „Traumbildern" gezählt. Bismarck ist hier
noch als in der dämonischen Gewalt des Kaisers
Louis Napoleon gefangen gehalten dargestellt.
Bian ahnte noch nicht, daß er dnmals schon den
Kaiser überschaute.

Jn diesem Bilde erscheint B. znm ersten Male
mit dem bloßen starken Schnnrrbart. Im Uebrigen
wird die Aehnlichkeit einigermaßen dadnrch beein-
trächtigt, daß seine großen Angen mit dcm durch-
dringenden Blick geschlossen sind.

Der Widerspruch, welchen die vom König
Wilhelm mit seinem KriegSminister v. Roon ans-
gearbeitete Heeres-Neorganisation im preußischen
Abgeordnetenhaus fand, hatte bereits zu einem
erusten Verfassiingskonslikt geführt, als Herr von
Dismarck im Septembervvn seinem Gesandtschafts-
posten aus Paris abberufen wurde, uni in Berlin
als Staatsminister zugleich den interimistischen
Porsitz des Miuisterinms zu übernehmeu.
 
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